Was tun, wenn man nicht gut in Netzwerk-Arbeit ist?

vom 13.06.2015, 15:27 Uhr

Ich bin generell eher ein Einzelgänger und ich war zwar im Studium in Hochschulgruppen etc., aber ansonsten bin ich eher ein Mensch, der besser mit sich alleine klar kommt und kein typischer Netzwerker. Es wird ja aber in unserer heutigen Zeit gerne betont, wie wichtig es sei, sich Netzwerke zu schaffen, berufliche Netzwerke im Sinne von Kontakten, die man vielleicht beruflich nutzen kann und auch private Netzwerke im Sinne eines Freundeskreises.

Das war noch nie so mein Fall. Durch meine Hochschulgruppen, in denen ich während des Studiums war, habe ich zwar manchmal Leute kennengelernt, die sich als nützlich erwiesen haben, aber ich habe das kaum genutzt oder ich brauchte das, was die anzubieten haben, nicht. Beispielsweise war da mal jemand drunter, der bei einer Bank in höherer Position gearbeitet hat und mir da ein Praktikum angeboten hat, aber ich hatte zu dem Zeitpunkt meine Pflichtpraktika schon weg und ich wollte nicht bei Banken arbeiten also wozu?

Oder meine Verbindung hat mir mehrfach angeboten, dass ich zu denen aufs Haus ziehen soll, weil es da günstiger ist, aber ich hatte keine Lust umzuziehen und ich wollte auch nicht in einer WG wohnen, sondern lieber meine Ruhe für mich haben.

Inzwischen pflege ich eigentlich zu niemandem mehr Kontakt, den ich aus dem Studium kenne. Mit einigen bin ich über Facebook vernetzt, aber mehr als Glückwünsche zum Geburtstag zu schreiben passiert da nicht. Ich habe auch irgendwie keine Lust, mich damit jemandem zu treffen oder großartig viel zu schreiben. Deswegen ist das auch generell bei mir so, dass Kontakte zu anderen, die ich nicht z.B. durch den Job automatisch sehe, irgendwann im Sande verlaufen. Stört mich aber ehrlich gesagt auch nicht so.

Früher hatte ich noch irgendwie den Wunsch, Kontakte ein wenig zu pflegen oder auch mal mich mit anderen zu treffen, wobei ich klassisches Weggehen ohnehin nicht mochte, das endete meistens mit gemeinsamem Fernsehen oder einem Spieleabend. Ich wollte früher immer meinen Freundeskreis ausbauen. Aber inzwischen habe ich dazu auch keine Lust mehr. Ich habe meinen Freund, das reicht mir, er ist auch so wie ich, ich hab an anderen Menschen kein Interesse mehr.

Ist das nun schlimm? Sollte man an anderen Menschen mehr Interesse haben? Sollte man sich Netzwerke aufbauen? Muss man etwas dafür tun, dass man Netzwerke hat oder kommt man gut ohne aus? Mir fehlt ja eigentlich nichts.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Es kommt in meinen Augen eben darauf an, was man von seinem Leben erwartet und ob man selber zufrieden ist. Natürlich ist es nicht "schlimm", nicht der summende Mittelpunkt eines florierenden Netzes von Sozialkontakten beruflicher und privater Natur zu sein und vor lauter Networking kaum noch nach Hause zu kommen. Dann wäre mein Leben auch "schlimm". Aber meiner Meinung nach ist es vor allem eine Typfrage.

Viele Menschen fühlen sich erst dann richtig wohl in ihrer Haut, wenn sie viele Kontakte zu pflegen haben und nehmen die Vorteile auch gerne wahr, die ein großes und gut gepflegtes Netzwerk mit sich bringt. Das kann Hilfe beim Umzug sein oder bei der Jobsuche oder ein geschickter Schubs auf der Karriereleiter nach oben zusätzlich zu zahllosen anderen kleineren und großen Vorteilen, die man erreichen kann, wenn man mit anderen zusammen arbeitet.

Aber meiner Erfahrung nach gibt es eben auch eine Minderheit an Menschen, die jede Art von Sozialkontakten fürchterlich anstrengend findet und sich nur dann erholen und auftanken kann, wenn sie alleine ist. Und diese Leute sind eben von ihrer Natur her nicht gut in Netzwerk-Arbeit.

Das muss aber nicht unbedingt nur ein Nachteil sein, da dieselben Leute auch nicht unbedingt auf die gleichen Ziele und Ideale aus sind und beispielsweise gar keinen aufregenden Job mit tollen Aussichten wollen, weil sie da die Hälfte des Jahres auf Dienstreise sind. Und für Umzüge und derlei gesellige Aktionen bezahlt man eben zähneknirschend die Profis.

Kritisch wird es natürlich, wenn man seine Sozialkontakte auf ein Minimum beschränkt, und dann die Beziehung zerbricht. Eine gewisse Gefahr, ganz allein dazustehen, gibt es bei diesem Lebensstil eben auch. Aber die meisten Leute sind ja durchaus in der Lage, zumindest einen kleinen Freundeskreis zu pflegen. Und manche Leute sind auch ganz alleine glücklich, was dann ja auch nicht "schlimm" ist.

» Gerbera » Beiträge: 11319 » Talkpoints: 49,61 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Die Frage, ob man ein berufliches Netzwerk braucht oder nicht, hängt davon ab, was man beruflich erreichen möchte. Strebt man eine bestimmte Karriere an, dann wird es ohne Netzwerk schwer. Möchte man seinen Job und sein Auskommen haben, dann geht es auch ohne.

Wobei ich beispielsweise ein berufliches Netzwerk als Teil des Jobs sehe. Privat lebe ich durchaus sehr viel zurückgezogener. Netzwerken macht mir keinen Spaß, aber das machen mir andere Teile meines Jobs auch nicht. Sie gehören nur ebenso dazu, weil ich weiß, was mir das bringt.

Was für einen Unterschied ein gutes Netzwerk machen kann, sehe ich bei einem Verwandten von mir. Er hat sich selbstständig gemacht und die Firma ist super schnell gewachsen und war sehr erfolgreich. Schon nach wenigen Jahren konnte er auf ein größeres Betriebsgelände umziehen und zwei Mitarbeiter in Vollzeit einstellen und dazu Aushilfen beschäftigen.

Obwohl der junge Mann einen tollen Job macht und seit mehr als 10 Jahren im Geschäft ist, hat er seit 2 Jahren deutlich zu knabbern. Ihm fehlen die Aufträge, weil der Papa verstorben ist. Und der Mann war Netzwerk-Profi. Der hat für sich selbst, seinen Sohn und zig Vereine Netzwerke gebaut und gepflegt. Seit er fehlt, geht alles den Bach runter, weil nie jemand eingestiegen ist und sich für diese Kontakte wirklich interessiert hat. Der Sohn hat immer vehement bestritten, etwas von Papas Kontakten zu haben. Heute ist er kleinlaut geworden.

» cooper75 » Beiträge: 13381 » Talkpoints: 510,47 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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