Wer war der beste Bundespräsident bisher?

vom 16.06.2015, 14:47 Uhr

Seit 1949 hatten wir bisher 11 Bundespräsidenten: Theodor Heuss, Heinrich Lübke, Gustav Heinemann, Walter Scheel, Carl Carstens, Richard von Weizsäcker, Roman Herzog, Johannes Rau, Horst Köhler, Christian Wulff und nun Joachim Gauck. Müsste man den schlechtesten wählen, wäre diese Frage sicher sehr schnell geklärt.

Da hätte Christian Wulff wohl sehr gute Karten. Sein Ausscheiden aus dem Präsidentenamt war wohl mit Sicherheit der blamabelste Vorgang für dieses Amt bisher. Die ersten drei Bundespräsidenten habe ich nicht mehr erlebt.Bisher gefällt mir Gauck noch am Besten von allen, da unsere politische Ansichten zum größten Teil übereinstimmen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 16.06.2015, 15:05, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Es ist eigentlich schon erstaunlich, wie schnell hier eine Liste mit Bundespräsidenten genannt wird und dann zur "Abstimmung" aufgerufen wird, wer denn "der Beste" gewesen sei. Dabei wird - wie selbstverständlich - in der Tradition von 1945 alles ausgeblendet, was "lange vorbei" ist.

Nehmen wir den heute wohl beliebtesten Ex-Präsidenten Richard Von Weizsäcker. Der gilt als moralische Instanz der BRD und erbitterter Gegner dessen, was die Nazis angerichtet hatten. Als ständiger Mahner! Aber er selbst hat den Nazis als Offizier gedient! Und auch nach dem Krieg verteidigte er als Jura-Student seinen Vater Ernst von Weizsäcker bei den Nürnberger Prozessen.

Denn sein Vater - und so was wird wohl nicht spurlos am "konservativen Weizsäcker" vorbeigegangen sein - war Staatssekretär im Auswärtigen Amt und durfte direkt an Hitler berichten. Wegen mindestens seiner bewiesenen Mitwirkung an der Deportation und damit Ermordung französischer Juden nach Auschwitz ist er als Kriegsverbrecher verurteilt worden. Und das ist noch ein einfacher Fall.

Nehmen wir das NSDAP Mitglied Karl Carstens. Der hat - selbst gerade "entnazifiziert" - seine Kameraden mit falschen Gutachten wieder ins "bürgerliche Leben" verholfen. Er hat in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der CDU eben auch diese Partei maßgeblich geprägt, die eben auch anderen Nazi Größen eine Heimat geboten hatte (damit meine ich nicht allein Kiesinger oder Filbinger (der auch als Präsident gehandelt wurde).

Erst in den 90er Jahren wurden Dokumente frei gegeben, die eben die Verstrickungen der "alten neuen Eliten" aufzeigte. Aber die BRD interessiert sich eher für die Fluchtgründe eines E. Mielke, der in der Nazi-Zeit nach Moskau fliehen musste. Ich finde, aktuell gab es schlicht keinen "guten" Präsidenten und das hat sich auch mit Gauck nicht geändert.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Da hat sich aber jetzt Jemand seinen Groll von der Seele geredet, und ich muss da ein wenig schmunzeln, denn einen Erich Mielke in einem Atemzug mit den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland zu nennen, dazu bedarf es schon eines gewissen Mutes.

Ja, es stimmt, dass der Vater unseres ehemaligen Präsidenten Richard von Weizäcker ein Kriegsverbrecher war. Aber es spricht nun einmal eindeutig für unsere Demokratie, dass wir kein Denken im Sinne der Sippenhaft haben, und Jemanden für die Verfehlungen seines Vaters verurteilen, auch nicht moralisch.

Richard von Weizäcker hat nicht für die Nazis gedient, sondern für die Wehrmacht, und zwar als Offizier. Jeder, der ein Amt zur damaligen Zeit hatte, diente auch für die Nazis, so wie jeder heutige Postbeamte für die Bundesrepublik Deutschland dient, und nicht willentlich für Angela Merkel, der CDU oder der SPD.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Freidenker28 hat geschrieben:einen Erich Mielke in einem Atemzug mit den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland zu nennen, dazu bedarf es schon eines gewissen Mutes.

Das sehe ich mittlerweile genauso und muss mich für diese Sache fast entschuldigen. Sie bedurfte keines Mutes, sondern eine Portion Naivität. Mielke würde sich im Grabe umdrehen, wenn er wüsste, hier in einem Atemzug mit den Tätern genannt zu werden, vor denen er geflohen ist.

Freidenker28 hat geschrieben:Jeder, der ein Amt zur damaligen Zeit hatte,

Evtl. ist dir der Fakt entfallen, dass damals ein jeder auf den Führer eingeschworen wurde und eben dem Führer seine Treue zu schwören hatte. Nicht dem Deutschen Reich! Wenn heute jemand in Amt und Würden kommt, so darf bezweifelt werden, dass der Amtseid eine Merkel oder einen Gauck beinhaltet. Das jetzt nur mal zu den "formalen Unterschieden", welche dir aber nicht wichtig erscheinen.

Und das Problem "Richard Von Weizsäcker": der hat es ja nicht geschafft, obwohl sein Vater ein Nazi war, sondern weil dem so war! Es gibt nicht eine einzige Person, welche es nach 1945 nicht vom Nazi-Kader zur BRD Elite geschafft hätte. In der Justiz war die Verflechtung besonders extrem, was die rechtliche Aufarbeitung angeht. Wie sollten denn die Kollegen untereinander darüber urteilen?

Wenn man an die Geschichte vor 1945 denkt, sollte angenommen werden, dass in der genannten Präsidenten-Reihe wenigstens EIN Präsident genannt werden kann, welcher die Nazis bekämpft hatte. Aber solche Personen hatten in der BRD schlicht keine Chance auf gesellschaftlichen Aufstieg.

Und um zu Mielke zurückzukommen: es ist unzweifelhaft, dass er z.B. unter Einsatz seines Lebens gegen die Nazis gekämpft hat. In Spanien oder auch im Deutschen Reich.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Aber natürlich, die Fähigkeiten Erich Mielkes als Kämpfer wird niemand in der Bundesrepublik Deutschland bestreiten. Ich glaube mit deiner Abkürzung BRD meist du doch diesen Staat oder? Seine kämpferischen Fähigkeiten waren ja ganz besonders ausgeprägt, wenn es um den Kampf gegen Meinungsfreiheit und Freiheit an sich war. Da war Erick Mielke wirklich sehr erfolgreich. Da kann ihm kein Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland (Ich meine hiermit die BRD) das Wasser reichen.

Also Christian Wulff hatte keine Chance die Nazis zu bekämpfen, er war zu jung. Das wird bei Steinmeier auch nicht anders sein. Die Aufgabe eines Bundespräsidenten ist es als Repräsentant für Deutschland zu fungieren. In diesem Thread geht es um die Frage, wer der beste deutsche Bundespräsident war, und nicht darum wer im Dritten Reich gegen die Nazis gekämpft hatte. Ich halte Richard von Weizäcker nach wie vor für einen integren Mann. Auch Helmut Schmidt hatte seinen Eid auf Hitler geleistet, als Leutnant der Wehrmacht. Und Kiesinger war Mitglied der NSDAP. Na und? Aber im Gegensatz zu Mielke wurden diese Personen im Rahmen einer Demokratie gewählt.

Du kannst ja hier durchaus einen eigenen Thread aufmachen, welcher die Verstrickung deutscher Politiker der Nachkriegszeit mit den Nazis darstellt. Da bin ich durchaus auf deiner Seite. Aber das wäre dann ein eigener Thread. Da kann man dann diskutieren. Hier geht es um die Frage, welcher der beste deutsche Bundespräsident war. Und es geht sicher nicht um eine Person Mielke, die in unserem Land ebenso als Täter betrachtet wird wie die Nazi-Schergen.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge


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