Wozu in einer Burschenschaft sein?
Ich habe fast keine Ahnung von Burschenschaften. Soweit ich mitbekommen habe, handelt es sich um Studentenverbindungen mit zumindest teilweise sehr nationalem und rechtskonservativen Gedankengut. Daher frage ich mich, wozu solche Studentenverbindungen heute eigentlich noch gut sein können und welche Bedeutung diese in früheren Zeiten denn genau hatten? Findet ihr so etwas noch zeitgemäß?
Warum es Studentenverbindungen gibt und wie die sich entwickelt haben, das kann man leicht nachlesen. Ich fasse dir hier einfach mal das wichtigste zusammen, was heute immer noch gilt oder sogar mehr als früher Vorteile bringt.
Eine Studentenverbindung ist ein Lebensbund. Die Sache endet nicht mit dem Studium. Während des Studiums zahlst man für die Verbindung pro Semester fast nichts. Nach dem Studium wird man ein "Alter Herr" und zahlt einen Jahresbeitrag. Da man sein Leben lang zu Verbindung gehört, muss der Beitrag des einzelnen nicht hoch sein, damit die Verbindung über ausreichende finanzielle Mittel verfügt. Allerdings gibt es keine vertragliche Verpflichtung, man verlässt sich auf das Pflichtbewusstsein der Mitglieder.
Wegen dieses Aufbaus der Verbindungen erkennt man gleich, welche Vorteile so eine Einrichtung hat. Man knüpft bereits während des Studiums Kontakte und findet einen besseren Einstieg in den Beruf. Studentenverbindungen bedeuten Netzwerken ganz ohne Facebook und LinkedIn. Passende Praktika und ein Job nach dem Studium finden sich leichter. Aber natürlich muss man die entsprechende Leistung bringen. Nur weil man auch in der Verbindung ist, wird einen niemand empfehlen. Es ist eine Chance, Garantien gibt es keine.
Über die Zusammenkünfte und Aktivitäten in der Verbindung entwickelt man Soft Skills, die später wichtig sind. Außerdem werden die rhetorischen Fähigkeiten geschult und das sichere Auftreten in der Gesellschaft geübt. Zusätzlich hat man immer einen Ansprechpartner, der einem bei Fragen oder Problemen im Studium weiterhilft. Hilfe von höheren Semestern im gleichen Studiengang ist einfach zu bekommen.
Günstiges Wohnen ist möglich, auch Semester an anderen Unis oder im Ausland lassen sich leichter realisieren. Das Verbindungshaus meines Mannes ist eine schöne alte Villa mitten am Stadtpark. Die Anbindung an die Innenstadt und die Uni ist super. Die sieben Zimmer sind günstiger als im Studentenwohnheim, aber es ist ein ganz anderes Leben. Die Verbindung unterhält viele Kontakte ins Ausland. Selbst in China gibt es Anlaufstellen. Das hat durchaus Vorteile.
Dazu kommen die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Studentenverbindung heißt nicht nur saufen. Sicherlich gibt es Kneipen und da gibt es Bier. Aber gemeinsame Ausflüge zum Segeln, zum Golf, zum Klettern oder zum Tontaubenschießen gibt es ebenso wie Konzertbesuche und ähnliches. Dazu kommen Städtereisen. Welcher Student kann sich das schon leisten?
Und ja, solche Verbindungen sind rechts-konservativ und christlich geprägt. Sie sind nicht nationalsozialistisch eingestellt. Rechts-konservativ bedeutet nur, dass sie nationale Belange vertreten. Rassenlehre, das Ablehnen der Verfassung und ähnliches gehört nicht dazu. Traditionen und Werte spielen eine große Rolle.Aber solche Verbindungen stehen auch für politische Unabhängigkeit und demokratische Grundwerte. Das wird gerne mal vergessen.
Also ich bin auch in einer Verbindung und zwar einer künstlerischen. Die gehört zu einem Dachverband, der sich mit Kunst und Theater beschäftigt, also unpolitisch ist. Ich hatte ursprünglich die Idee, dass mir das etwas nützen könnte und da ich ohnehin gerne gemalt und Theater gespielt habe, passte das. Ich habe im Erstsemesterheft von den Verbindungen gelesen und beschlossen, mir das mal anzuschauen. Ich hab auch bei denen vorbeigeschaut, die keine Frauen aufnehmen, aber die hatten mich halt eingeladen. Und da machte mir bei einer Burschenschaft ein ziemlich fies aussehender Typ die Tür auf, der doch sehr nach Nazi (schwarz gekleidet, kurz Haare mit Seitenscheitel) aussah, aber eigentlich war der ganz nett.
Der hat mir dann erklärt, dass es an meinem Studienort auch Verbindungen gibt, die Frauen aufnehmen und mir die Kontaktdaten von denen gegeben. Er hat aber dazugesagt, dass das eher kleine Verbindungen sind, die auch nicht so anerkannt sind. Also war ich dann bei der gemischten Verbindung, die auch Frauen aufnimmt und fand es eigentlich ganz nett. Die haben vieles nicht so ernst genommen und es war alles sehr locker. Wir haben abends oft was zusammen gespielt, Brettspiele und so, gekocht usw. Konzertbesuche gab es auch, aber selten, meistens waren wir nur im Kino. Tontauben hat keiner geschossen und gegolft auch nicht. Gewohnt habe ich da nicht, ich bin da hingefahren von meiner Wohnung.
Ich mochte das, dass es alles so locker war und es kaum traditionelle Elemente gab. Denn die traditionellen Elemente haben mir nicht so zugesagt. Eines davon waren Konvente. Das ist eine vornehme Feier, bei der sich alle schick anziehen, aktuelle Studenten und Alte Herren zu Gast sind und man macht da Vorträge, singt alte Lieder usw. Das war nicht so meins, aber ich habe ab und an mitgemacht, weil das eben so gewünscht war.
Mit meiner Verbindung war ich auch manchmal bei Veranstaltungen der anderen Verbindungen und der Burschenschaften, die viel traditioneller waren. Und das hat mir meistens nicht gefallen, die haben politische Vorträge gemacht. Bei den Herrenverbindungen wurde auch immer viel getrunken, die machen da Trinkspiele (Bierjunge nenne sich das – Wetttrinken) und sind dann in ihrer Montur (Anzug + Verbindungsband + Mütze) herumgelaufen. Deswegen bin ich dann auch zu den anderen Verbindungen nicht so gerne gegangen, denn die waren mit zu konservativ und zu langweilig, weil ich mich nicht so für politische Vorträge interessiert habe.
Wegen dieses Aufbaus der Verbindungen erkennt man gleich, welche Vorteile so eine Einrichtung hat. Man knüpft bereits während des Studiums Kontakte und findet einen besseren Einstieg in den Beruf. Studentenverbindungen bedeuten Netzwerken ganz ohne Facebook und LinkedIn. Passende Praktika und ein Job nach dem Studium finden sich leichter. Aber natürlich muss man die entsprechende Leistung bringen. Nur weil man auch in der Verbindung ist, wird einen niemand empfehlen. Es ist eine Chance, Garantien gibt es keine.
Vorteile hatte ich keine davon. Ich habe mal, als ich auf Jobsuche war, über das Verbindungsverzeichnis Leute gesucht, die in ähnlichen Bereichen wie ich arbeiten und die angeschrieben, ob die eine Stelle hätten oder mich wo empfehlen würden, aber mehr als ein Praktikum und auch noch in einer ganz anderen Stadt kam nicht heraus. Es gab jemanden in meiner Nähe, der mir erst ein Jobangebot gemacht hat, aber dann meinte er, dass seine Geschäfte so schlecht laufen, dass das nicht mehr als ein Minijob wird – wenn überhaupt.
Ich kenne auch niemanden, der durch die Verbindung einen Job bekommen hat. Mir hat mal jemand von der Burschenschaft erzählt, dass er auch versucht hat, über die Altherrenschaft einen Job zu finden und das auch nichts gebracht hat. Da waren zwar Alte Herren dabei, die echt hohe Positionen hatten, etwa Mitarbeiter im Wirtschaftsministerium des Landes, aber die hatten eben keine Jobs zu vergeben.
Also es mag Fälle geben, wo man über verbindungsinterne „Seilschaften“ an Jobs kommt. Aber die Leute aus Verbindungen sind generell nicht erfolgreicher im Leben als andere Akademiker und wer von euch studiert hat, wird wissen, dass es nur sehr schwer ist, an Stellen zu kommen, wo man tatsächlich über Jobs und Neueinstellungen entscheiden kann. D.h. die meisten Alten Herren haben auch nur ganz normale Jobs und keine Super-High-End-Positionen. Das sind nur wenige und daher haben auch nur ganz wenige die Chance, überhaupt jemandem aus der Verbindung einen Job zu besorgen. Ich kann also nicht sagen, dass einem das berufliche Vorteile bringt in einer Verbindung zu sein.
Über die Zusammenkünfte und Aktivitäten in der Verbindung entwickelt man Soft Skills, die später wichtig sind. Außerdem werden die rhetorischen Fähigkeiten geschult und das sichere Auftreten in der Gesellschaft geübt. Zusätzlich hat man immer einen Ansprechpartner, der einem bei Fragen oder Problemen im Studium weiterhilft. Hilfe von höheren Semestern im gleichen Studiengang ist einfach zu bekommen.
Na ja, ich finde der Begriff Soft Skills wird gerne mal überstrapaziert. Sicher wird da mal was präsentiert oder es gibt Vorträge, aber das hat man bei anderen studentischen Initiativen auch. Das ist nichts, was man nur bei Verbindungen bekommt. Ich war etwa auch mal bei einer studentischen Unternehmensberatung und da gab es ähnliche Dinge und man konnte sogar Kurse zu Präsentationstechniken machen.
Günstiges Wohnen ist möglich, auch Semester an anderen Unis oder im Ausland lassen sich leichter realisieren. Das Verbindungshaus meines Mannes ist eine schöne alte Villa mitten am Stadtpark. Die Anbindung an die Innenstadt und die Uni ist super. Die sieben Zimmer sind günstiger als im Studentenwohnheim, aber es ist ein ganz anderes Leben. Die Verbindung unterhält viele Kontakte ins Ausland. Selbst in China gibt es Anlaufstellen. Das hat durchaus Vorteile.
Na da hat dein Mann Glück gehabt. Die Verbindungshäuser, die ich gesehen habe, waren vielleicht von außen schick, aber innen war der Stand von vor 30 Jahren anzutreffen – oder noch älter. Da gab es uralte Möbel und auch gerne mal ein schimmeliges Bad, Probleme mit dem Internet. Und wer tatsächlich dort wohnte, zahlte vielleicht wenig Miete - ich habe von Zimmer gehört, die nur 100 oder 50 Euro kosteten - aber der musste auch immer viel mitmachen und wurde für alle möglichen Tätigkeiten im Haus herangezogen.
Dazu kommen die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung. Studentenverbindung heißt nicht nur saufen. Sicherlich gibt es Kneipen und da gibt es Bier. Aber gemeinsame Ausflüge zum Segeln, zum Golf, zum Klettern oder zum Tontaubenschießen gibt es ebenso wie Konzertbesuche und ähnliches. Dazu kommen Städtereisen. Welcher Student kann sich das schon leisten?
In meiner Verbindung wurde wenig getrunken und ich selbst mag auch kein Bier, ich habe so gut wie nie Bier getrunken. Aber wenn ich mal bei der Burschenschaft zu Gast war - die waren irgendwie immer betrunken. Die finden schon früh an, Bier zu trinken und das auch in Mengen, wo man durchaus von Alkoholmissbrauch sprechen kann. Das haben natürlich nicht alle gemacht, aber bei einigen fiel es schon auf.
Und ich kann auch sagen, dass zumindest bei der Burschenschaft schon Rechte dabei waren. Auch hier wieder natürlich nur ein kleiner Teil, aber eben diejenigen, die besonders aufgefallen sind. Ich war zum Beispiel mal bei denen bei einer Hochzeit eingeladen, die haben auf dem Haus gefeiert und ich bin hin, weil kostenloses Essen habe ich als Student gerne mitgenommen.
Und die Freunde des Bräutigams hatten schon einen rechten Touch, da waren einige mit Glatze dabei oder mit solchen Sonnenrad-Zeichen auf den natürlich schwarzen Polohemden usw. Die haben sich alle benommen, da kann man nichts sagen, aber mir kann niemand erzählen, dass das einfach nur politisch Interessierte waren. Der Glaube, dass die sich nur für Politik interessieren, endete an der Stelle, an der ich da einen Kuchen mit Hakenkreuz-Dekor gesehen hab.
Die anderen Verbindungen hatten immer eine gewisse Abneigung gegen diese Burschenschaft, eben weil es da Rechte gab. Mir ist das ja eigentlich egal, welche politische Einstellung jemand hat, daher habe ich das jetzt nicht als Anlass gesehen, da nicht hinzugehen wenn man kostenlos was zu essen bekam und ich hatte ja auch eher mit denen Kontakt, die nicht recht waren.
Meine Verbindung gibt es übrigens inzwischen nicht mehr. Schon zu meiner Aktivenzeit war es schwer, neue Mitglieder zu finden, trotz günstiger Wohnungen. Und kurz nach Ende meines Studiums kamen dann gar keine neuen Mitglieder mehr hinzu und alle die anderen auch mit dem Studium fertig waren und es keine neuen mehr gab, wurde die Verbindung inaktiviert. D.h. es gibt die Altherrenschaft, zu der ich auch gehöre, aber es gibt keine aktiven, d.h. noch studierenden Mitglieder mehr. Das war abzusehen. Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt noch Mitgliedsbeiträge bezahlen muss, da es ja keine Aktivitas mehr gibt, denn den Finanzverantwortlichen konnte ich schon länger nicht mehr erreichen um mal nachzufragen.
Ich weiß jetzt nicht, ob ich eine solche Burschenschaft mit einer traditionellen Studentenverbindung vergleichen würde, ehrlich gesagt. Da liegen doch Welten zwischen, wenn man ehrlich ist. Wobei ich damit nicht sagen möchte, dass eine typische Verbindung etwas Besseres ist, das ist sicher nicht der Fall. Aber es ist eben anders, eine schlagende Verbindung ist eben anders.
Und ja, sicher sind manche Verbindungen mittlerweile rechts angehaut. Der Dachverband hat auch einen an der Waffel. Wobei dieses Problem in Österreich noch größer ist als in Deutschland. Aber was an rechts-konservativ und alten Traditionen so schlimm sein, dass erschließt sich mir nicht. Man(n) muss da schließlich nicht mitmachen.
Wobei ich sagen muss, dass wir bis heute davon profitieren. Natürlich stand nicht immer jemand mit einem Bombenjob vor der Tür. Aber einige Angebote und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung hätte es ohne so nicht gegeben. Auch mein Kundenkreis ist so gut gewachsen und tut es heute noch. Wobei man die Möglichkeiten eben auch gezielt aufbauen und nutzen muss. Nur weil man dazugehört, passiert nicht einfach was. Auch dieses Netzwerk muss aktiv ausgebaut und gepflegt werden.
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