Verschärfen Asylbewerber die Wohnungsnot?
Inzwischen kommen immer mehr Asylbewerber nach Deutschland und der Wohnraum wird knapp. Dabei sind anscheinend genügend Wohnungen für Familien vorhanden. Doch die meisten Asylbewerber kommen eben alleine oder haben noch keine Familie. Deshalb werden vor allem Wohnungen für Alleinstehende gesucht, was den Wohnungsmarkt für diesen Personenkreis noch drastisch verknappt.
Um Missverständnisse zu vermeiden, betone ich ausdrücklich noch, dass ich selbstverständlich für unser Asylrecht bin und denke, dass gerade Italien und Griechenland noch wesentlich größere Probleme damit haben.
Wohnungen gibt es in Deutschland genug. Das Problem ist wahrscheinlich eher die Verteilung der Asylbewerber. Wegen der Quoten müssen auch beliebte Studentenstädte Asylbewerber aufnehmen, obwohl dort wegen der Studenten schon eine große Wohnungsknappheit herrscht. Auf dem Land, besonders in strukturschwachen Regionen, stehen dagegen massenhaft Häuser leer.
Man müsste also nur einen finanziellen Ausgleich schaffen, damit ländliche Regionen verhältnismäßig mehr Asylbewerber aufnehmen können, ohne finanziell stärker belastet zu werden. Außerdem müsste man für eine vernünftige Betreuung der Asylbewerber sorgen. Beides ist zur Vorbeugung sozialer Spannungen sehr wichtig.
Ländliche Regionen sind nun auch keine wirkliche Alternative, auch wenn es dort einen Leerstand gibt. Wenn man Flüchtlinge in WGs unterbringt, dann braucht man nichts aufs Land ausweichen, in vielen Städten stehen große Wohnungen leer.
Auf dem Land finden Asylbewerber noch schlechter Arbeit und sie können sich nur schwer mit alltäglichen Bedarf versorgen. Außerdem gestaltet sich die Integration da nun auch nicht leichter. Wenn ich mir ansehe, wo ländliche Kreise in meiner Region Flüchtlinge unterbringen, dann kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Selbst Einrichtungen in der Großstadt sind von der Lage her oft ein schlechter Witz.
In den Städten, von denen ich gesprochen habe, findet man auch kaum große Wohnungen, da sie von Studenten-WGs bezogen werden. Es gibt zwar Wohnungen, die generell nicht an Studenten vermietet werden, aber ob die Vermieter dann lieber Asylanten aufnehmen, würde ich für sehr fraglich halten.
Man muss ja bei ländlichen Regionen nicht unbedingt die absolut strukturschwachen Gebiete auswählen. Da gebe ich dir schon recht. Wenn die Arbeitslosenquote sowieso so schon ist, wäre es schlecht, wenn man zusätzliche Arbeitskräfte importiert. Das führt auch zu sozialen Spannungen.
Aber es gibt viele ländliche Gebiete, die eine sehr geringe Arbeitslosenquote haben. Teilweise gibt es Quoten unter 3%. Da kann man zusätzliche Arbeitskräfte ganz gut aufnehmen. In den Studentenstädten sind ja sowieso sehr viele günstige Arbeitskräfte vorhanden.
Ob die Integration in einer Großstadt, die sowieso unter Wohnungsnot zu plagen hat, leichter ist, würde ich bezweifeln. Ich habe hier im ländlichen Raum erlebt, dass sich die "Gasteltern", die Asylanten zugewiesen bekommen haben, sehr um die Integration bemüht haben und sie so unterstützt haben, wie es der Staat niemals könnte. In einer anonymen Großstadt, bei denen die Wohnungen durch Gesellschaften und nicht durch Privatleute vermietet werden, würde das so niemals funktionieren.
Ich lebe in NRW, hier gibt es kaum Regionen, denen es gut geht. Und wenn ich mir dann anschaue, wie ländliche Gemeinden mit Flüchtlingen umgehen, dann wird mir ganz anders. Ich kenne beispielsweise ein Heim, das liegt direkt an der holländischen Grenze.
Diese Unterbringung finde ich perfide. Knapp 4 km Fußweg auf niederländischer Seite befindet sich ein Einkaufszentrum. Dort dürfen die Leute nicht hin. Die nächste Einkaufsgelegenheit ist einfache Strecke fast 6 km entfernt. Der größte Teil des Wegs ist eine Landstraße mit Tempo 100 ohne Fußweg. Eine Busverbindung gibt es dort nicht.
Ein paar Gemeinden weiter leben die Flüchtlinge mitten im Wald in einer Station, wo bis in die 90-er Jahre die Amerikaner Atomsprengköpfe gelagert hatten. Das Gelände ist richtig idyllisch. Leider ist die nächste Einkaufsgelegenheit auch hier über 3 km entfernt und nur durch einen Marsch durch das Gestrüpp neben der Leitplanke der Landstraße zu erreichen. Außerdem ist es ein teurer Dorf-Rewe. Beide Einrichtungen setzen aber auf Selbstverpflegung. Die nächste Einrichtung ist ein ehemaliges Schul-Erholungsheim. Da kann man sich Lage vorstellen.
Schaue ich in die Nachbarstadt, wird es nicht besser. Da sollen die Flüchtlinge jetzt in ein Containerdorf auf einen ehemaligen Milchbetrieb. Die Gegend ist toll zum Wandern. Immerhin fährt ab und zu mal ein Bus, weil ohne Auto ist man da trotz Großstadt aufgeschmissen. Das ist nämlich ein absolut ländlicher Zipfel am Rand.
Und hier bei uns ist es auch nicht viel besser. Statt nach langfristigen Lösungen zu suchen, werden Sporthallen mit Vorhängen geteilt. Und dort, wo Platz wäre, geht es elendig langsam voran. Gut, hier treffen es Flüchtlinge besser als in Italien. Aber menschenwürdig ist es auch nicht gerade, was hier abgeht.
Die von dir beschriebenen Einrichtungen sind wohl wirklich nicht so gut geeignet. Ich habe da aber ein anderes Bild vor Augen. Bei uns gibt es einige kleinere Städte (2-5 Tausend Einwohner), bei denen es relativ viele leer stehende Ein- und Mehrfamilienhäuser gibt. Trotzdem gibt es Einkaufsmöglichkeiten üblicherweise vor Ort, also mit weniger als zwei Kilometer Fußmarsch erreichbar. Das halte ich für durchaus zumutbar.
Ich habe aber eben auch erlebt, dass man Asylanten innerhalb einer Dorfgemeinschaft durchaus auch hilft. Und dazu gehört dann auch, dass man sie zum Einkaufen mit dem Auto mit nimmt. Außerdem hilft man den Leuten, sich in einem Land mit fremder Sprache zurecht zu finden. Eine solche Unterstützung kannst du in der Großstadt lange suchen.
In NRW, wo man ja wohl immer noch unter dem Zerfall der Kohle- und Stahlindustrie leidet und im Osten, wo man mit hohen Arbeitslosenquoten und teilweise weit verbreiteter rechten Gesinnung kämpft, funktioniert das sicherlich nicht so gut. Aber München und Stuttgart ist auch nicht ideal für Asylanten, weil es eben viel zu teuer und überlaufen ist.
In Süddeutschland gibt es aber viele ländliche Regionen, die so aussehen, wie ich es oben beschrieben habe. Das liegt daran, dass sich hier in den ländlichen Gebieten oft große und rentable Industriebetriebe angesiedelt haben oder besser gesagt hier entstanden sind. Da gibt es viele gute Arbeitsplätze, eine geringe Arbeitslosigkeit und meistens relativ wenige soziale Spannungen. Die Gebiete können also besser Asylanten aufnehmen als die meisten Großstädte.
Natürlich ist es ziemlich dumm Menschen in der Pampa ohne Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln unterzubringen und dann zu sagen "jetzt sorgt mal selber für eure Verpflegung". Aber Asylbewerber in Städten unterzubringen, in denen es für die Bewohner schwer bis unmöglich ist bezahlbaren und akzeptablen Wohnraum zu finden ist auch nicht besonders schlau.
Man sorgt nicht wirklich dafür, dass Asylbewerber integriert und akzeptiert werden, wenn man sie in Städten in Wohnungen setzt, wo Menschen mit durchschnittlichem Einkommen teilweise jahrelang nach einer neuen Wohnung suchen müssen. Natürlich ist das nicht die Schuld der Asylbewerber, sondern des Staates, aber die müssen im Endeffekt halt mit den Anfeindungen und den Vorurteilen leben.
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