"Ausgeliefert" - längst nicht nur bei amazon?

Der Thread Nach Leiharbeiter-Skandal weiterhin bei Amazon einkaufen? ließ mich wieder einmal an viele andere Arbeitnehmer denken, denen es teilweise eher schlechter geht, als Aushilfen bei amazon. So sind Unterkünfte für auswärtige Mitarbeiter im Niedriglohnsektor selten direkt neben der Arbeitsstelle und kaum auf Hotelstandard. Stattdessen gibt es anderswo sogar für Deutsche zum Beispiel Ostdeutschland Gruppenunterkünfte, in denen man nicht nur zu zwei auf einem Zimmer ist, sondern mit bis zu vier Personen.

Ich habe solche Unterkünfte gesehen, teilweise sogar von Köchen. Im Gegensatz zu amazon-Mitarbeitern bzw. deren Subunternehmern mussten die Leihköche sich selbst darum kümmern, wie sie in einer fremden Stadt zu ihrem Einsatzort kommen. Und dieser war alle paar Tage anderswo. Fahrtkosten mussten selbst getragen werden und kalt ist es im Winter nun einmal überall in Deutschland. Wer täglich auf den ÖPNV angewiesen ist oder auch auf Kollegen mit denen er gemeinsam zum Einsatz fährt, ist ebenso von Wartezeiten draußen betroffen.

Auch von Baustellenpersonal kenne ich ähnliches. Man arbeitet quasi auf Abruf in befristeten Arbeitsverhältnissen. Wie mittlerweile üblich gibt es eine Probezeit und man kann jederzeit ohne Angabe von Gründen entlassen werden. Wer zum Beispiel plant einen Betriebsrat zu gründen, wird oft entlassen, bevor er das Wort überhaupt aussprechen kann. Und so finden sich viele Arbeiter, wie auch jene Leiharbeiter bei amazon mit dieser Situation ab.

Auch in der Altenpflege findet man immer häufiger befristete Verträge, es wird Arbeit auf Abruf verlangt, weil die Arbeitszeiten abhängig vom Arbeitsaufkommen sind. So hatte ich selbst schon mal einen Arbeitsvertrag einer anderen Branche vorliegen, in der die wöchentliche Arbeitszeit zwischen 25 und 50 betrug, abhängig von den Aufträgen. Ich hab dankend abgelehnt, was sich aber nicht jeder erlauben kann. Und ich kenne jemanden der bei diesem Unternehmen nun seit mehr als einem Jahr arbeitet.

Auch dort gehören Wartezeiten hinzu, da mit Kleinbussen zu weit entfernten Arbeitsorten gefahren wird. Wenn der Wagen zu spät kommt, bekommen alle im Bus weniger Geld. Ebenso muss nach Feierabend bis zur Abfahrt gewartet werden, bis alle fertig sind. Das kann durchaus in Einzelfällen länger als eine Stunde dauern. Um die Kunden und Mitarbeiter des Unternehmens in der Zwischenzeit nicht zu stören, soll man dann bitte auf dem Parkplatz oder im Wagen warten. Eine Kantine wie bei amazon gibt es in der Regel nicht. Wenn man Glück hat einen Imbiss oder ein Café in der Nähe, allerdings hat nicht jeder immer genügend Geld dabei, bzw. kann oder möchte sich so etwas einfach nicht leisten.

Da es sich dabei nie um tausende Leiharbeiter handelt, sondern nur um einige Dutzende oder Hunderte, scheint es niemanden zu stören. Vermutlich würde sich auch die Presse nicht dafür interessieren, denn Bauunternehmer XY, Callcenter AB, private Krankenpflege ZZ, Inventurkolonne 123, Reinigungsfirma BC, Leihkochfirma KK und viele andere sind dann doch nicht interessant genug.

Letztendlich bestimmt auch das Angebot die Nachfrage. Es gibt genügend Menschen, die auf solche Jobs angewiesen sind oder sogar von den Arbeitsämtern dorthin gedrängt werden. Dafür muss man gar nicht einfach auf ausländische Arbeitsämter schimpfen. Auch in Deutschland bekommen genügend Arbeitssuchende Anweisungen sich bei solch zwielichtigen Zeitarbeitsfirmen oder Personalvermittlern zu bewerben. Oder erscheinen einigen von euch die Methoden von amazon nun wirklich neu? Habt ihr noch davon gehört, dass es ähnliche Geschäftspolitiken auch in anderen Firmen gibt oder hattet vielleicht Kontakt zu auswärtigen Leiharbeiten?

Leider ist so etwas nicht neu und Amazon hat es nur bekannter gemacht. Wir hatten hier im Saarland ein Projekt, wo viele Leiharbeiter aus Rumänien kamen. Diese wurden über einen Zwischenunternehmer mit Sitz in Rumänien als Selbständige angeheuert. Der Zwischenunternehmer hat das ganze Geld erhalten und hat sich damit verdrückt.. Da gab es mächtigen Druck auch von der CDU-geführten Landesregierung, damit die Arbeiter/Scheinselbständige ihr Geld bekamen.