Menschen mit Sozialphobie von mündlichen Prüfungen befreien

Eine Bekannte vorn mir hat trotz ansonsten immer sehr guter Noten bei der Ausbildung einen recht schlechten Abschluss erhalten, weil sie eine mündliche Prüfung absolvieren musste und sie etwas sozialphobisch ist, also sehr starke Angst davor hatte vor den Prüfern zu reden. Bei schriftlichen Testaufgaben war das so nicht.

Nun will man ja mit der mündlichen Prüfung eigentlich die Kenntnisse einer Person erfassen, aber wenn jemand sozialphobisch ist, dann ist der in der mündlichen Prüfung ja schlecht, aber nicht weil er nichts weiß, sondern weil er solche Angst hat. Die können noch so gut gelernt haben, aber die Angst lähmt die Menschen dann.

Eigentlich ist das ja eine richtige Krankheit und da finde ich sollte man die Möglichkeit haben, statt einer mündlichen nur eine schriftliche Prüfung zu machen oder? Findet ihr es richtig, dass auch Sozialphobiker mündliche Prüfungen absolvieren müssen? Oder sollte man sie davon befreien?

Meiner Meinung nach sollte die betroffene Person eine ärztliche Bescheinigung vorlegen. Denn nur diese weißt für Außenstehende glaubhaft nach, dass man wirklich von so einer schlimmen einschränkenden Krankheit betroffen ist.

Ohne etwaige Nachweise würde ich eine Freistellung der mündlichen Prüfung ablehnen. Denn da könnte ja jeder kommen und erzählen er kann aus diesem oder jenem Grund nicht an einer mündlichen Prüfung teilnehmen. So etwas würde mit hoher Wahrscheinlichkeit dann schamlos ausgenutzt werden.

Ich selbst möchte mich dazu mal äußernd, da ich selbst seit jüngster Kindheit an einer Sozialphobie leide. Ich bin bei dieser Frage ehrlich gesagt doch ziemlich zweigeteilt.

Meine phobische Seite befürwortet das natürlich total. Mit dieser Phobie ist schließlich nicht zu spaßen und es kann wirklich zu heftigen körperlichen Reaktionen kommen, wenn man etwas tut oder noch etwas tun muss, was einem selbst total zuwider ist. Im schlimmsten Fall kann einem da wirklich der Kreislauf zusammen brechen und man kippt um. Das ist natürlich alles andere als schön und auch nicht gut für die Note.

Auf der anderen Seite muss ich aber sagen, dass es als Sozialphobiker wichtig ist, trotz dieser Angst sich dieser zu stellen. Nur so kann es besser werden. Und natürlich mit entsprechender professioneller Hilfe. Auch wenn die Reaktion darauf sehr heftig ausfallen kann, ist es doch wichtig, solche mündlichen Prüfung so gut wie möglich durchzustehen und sie nicht zu vermeiden (was ja eigentlich sowieso nicht geht).

@Bassaufdreher: Dein Ansatz hier mit einer ärztlichen Bescheinigung ist ja eigentlich eine gute Idee, doch was die Umsetzung angeht, da würde es doch schon hapern.

Ich selbst habe nicht einmal diagnostiziert bekommen geschweige denn bescheinigt, dass ich an einer Sozialphobie leide. Als psychisch kranker Mensch ist es selbst bei Ärzten sehr schwierig, überhaupt irgendwie voran zukommen, geschweige denn so einen Wisch zu kriegen. Auch dort wird man viel hin und her geschoben, bis man irgendwann auf den richtigen Arzt trifft, der einem wirklich weiter helfen kann. Ich habe in den letzten drei Jahren drei Neurologen durch, bis mir jemand etwas hilfreiches anbieten konnte.

So eine Bescheinigung wäre auch sehr schwer zu bekommen, weil es auch einfach nicht gut für die Sozialphobie selbst wäre, sich mal eben befreien und somit einen einfachen Ausweg aus dieser Situation zu nehmen. Genau so etwas habe ich nämlich oft zu hören bekommen, wenn ich Ärzten meine Situation erklärt habe und wie verzweifelt ich sei. Der Grund war eben einfach der, dass es für meine Genesung kontra produktiv ist.

Ich rate jetzt deiner Freundin, sich damit auseinander zu setzen und sich Hilfe zu suchen. Sie wird damit ihr Leben lang beschäftigt sein, wenn sie sich nicht darum kümmert. Es wird dadurch zu schweren Defiziten kommen und es wird ihr einiges an Lebensqualität nehmen.

Vor solchen Prüfungen sollte sie vielleicht doch etwas nehmen, dass die Nerven beruhigt. Ich kann da wärmstens Baldrian empfehlen. Denn drum herum kommen wird sie dabei eh nicht und da wäre eine kleine Hilfe nicht schlecht.