Hoher Preis für handgemachte Keramikfigur überteuert?

Eine Kollegin hat im nächsten Monat ihren 50. Geburtstag und wir haben uns überlegt, dass wir ihr etwas Besonderes schenken wollen. Meine Chefin bat mich, mir Gedanken über eine Geschenk zu machen und da ist mir meine Nachbarin eingefallen. Die fertigt nämlich Tonfiguren und da dachte ich mir, das eine kleine Figur von meiner Kollegin im Trachtenkleid eine tolle Idee wäre - denn sie zieht gerne sowas an.

Meine Chefin fand die Idee auch toll und bat mich mal nach dem Preis zu fragen. Wir hatten uns da etwas zwischen 50 und 100 EUR vorgestellt. Meine Nachbarin schrieb mir nun aber, dass sie für eine 20 cm große Figur 200 EUR haben möchte. Das ist ganz schön viel und da ist noch nicht einmal der Lack zum Lackieren enthalten.

Ich meine, ok es ist Handarbeit und es würde auch die Firma zahlen, aber 200 EUR für eine 20 cm große Figur? Ich glaube, dass meine Chefin dann wieder abwinkt und sagt, dass wir das nicht machen können, denn sie sollte ja eine Kleinigkeit bekommen und kein so teures Geschenk. Ist das ein fairer Preis? Findet ihr das überteuert?

Man muss ja immer sehen, dass die Arbeit auch entlohnt wird und wenn sie damit viel Aufwand hat, dann ist das sicherlich auch 200 € wert, wobei ich es auch sehr teuer finde, wenn ich ehrlich bin, aber ich kenne die Preise da auch nicht so. An deiner Stelle würde ich nach einer Alternative suchen. Vielleicht gibt es ja ein Hobby, was sie hat und wofür man ihr etwas schenken kann.

Das ist das leidige Problem mit Kunst und Kunsthandwerk, wenn man seine Werke zwar einerseits verkaufen, andererseits sich nicht über den Tisch ziehen lassen möchte. Die Argumentation, dass der Preis der Figur direkt oder indirekt mit ihrer (geringen) Größe zu tun hat, halte ich jedoch für völlig verfehlt. Der Preis eines Buches richtet sich ja auch nur sehr bedingt nach der Seitenzahl, und bei Gemälden werden schließlich auch keine Quadratmeterpreise wie beim Fliesenlegen verlangt.

Aber ebenso wie man bei einem Gemälde ja nicht nur den Preis für Leinwand und Farbe bezahlt, kommt es eben auch auf den, wenn man so will, "künstlerischen Mehrwert" an, und der ist hoch subjektiv und schwer zu beziffern. Außenstehende können zudem oft nicht beurteilen oder verstehen, wie viele Arbeitsstunden in einem Endprodukt stecken, während der Hersteller genau weiß, dass er sich selber übers Ohr haut, wenn er für 40 Arbeitsstunden 50 Euro verlangt.

Deswegen kommt es in meinen Augen letzten Endes darauf an, ob der Kunde vom Endprodukt wirklich überzeugt ist und der Künstler halbwegs realistisch kalkulieren kann. Natürlich sind 200 Euro für soundsoviel Gramm Rohstoffe und Energieverbrauch nicht gerade wenig, aber man bezahlt ja nicht nur das Material, sondern auch das Talent und die Arbeit.

Die Frage ist halt auch, wer deine Nachbarin ist. Wenn es eine seltsame Person ist, die Töpfern an der Volkshochschule gelernt hat und relativ geschmacklose und stümperhafte Werke mehr schlecht als recht zusammenschustert, ist 200 Euro wohl überteuert.

Aber vielleicht hat sie ja in der Szene einen guten Namen, ist vielleicht sogar diplomierte Keramikdesignerin? Auch das gibt es. Dann kann sie alleine für den Titel und ihre Qualifikation schon höhere Preise pro Arbeitsstunde ansetzen, die ihr dann von Kennern auch gezahlt werden. Vielleicht ist sie auch die Schülerin eines bekannten Künstlers, auch so etwas treibt schnell Preise.

Bei Kunst ist es halt immer ein gewissen Pokerspiel. Gefallen mir erstens die Werke? Und halten ich den Schöpfer für so vielversprechend mit seinen Werken, dass das Werk den Wert zumindest halten wird? Das ist halt eine sehr persönliche Entscheidung.

Abgesehen davon ob die Figur den Preis wert ist oder nicht, muss sie eben auch in das übliche Budget passen, das die Firma für solche Dinge veranschlagt.

Der Thread ist ja schon eine Weile her. Wir haben die Figur dann doch gekauft, weil wir ja ansonsten keine Ideen für ein Geschenk hatten. Eine Ausbildung hat meine Nachbarin nicht, auch kein Diplom, sie lernt auch nicht bei einem berühmten Künstler, sondern hat mal Workshops besucht und sich das ansonsten selbst beigebracht. Dass man das weiterverkaufen könnte, dürfte illusorisch sein. Aber da die 200 Euro ja die Firma bezahlt hat, ist es dann auch wiederum egal. Es sieht schon schön aus, da kann man nicht viel meckern.