Mästen von jungen Mädchen in Mauretanien
Gestern Abend habe ich eine Reportage über das Land Mauretanien gesehen. In diesem Land gibt es eine Tradition, die besagt, dass, anders als in der westlichen Welt, nur eine fettleibige Frau dem Schönheitsideal entspricht. Aus diesem Grund werden junge Mädchen rund um die Uhr mit Gewalt zum Essen gezwungen. Die Energiezufuhr der Mädchen liegt bei ca 10.000 kcal pro Tag.
Mit großem Stolz präsentieren die Einmischen die verschiedensten Methoden der Zwangsernährung. Und das alles hat nur ein Ziel: Die Mädchen müssen mit 12 Jahren mindestens 80 kg wiegen, sonst gelten sie als unattraktiv und hässlich und werden aus der Gesellschaft verstoßen. Spätestens im Alter von 12 Jahren werden die Mädchen dann mit wesentlich älteren Männern verheiratet. Die meisten Männer könnten die Großväter der Mädchen sein. Manche Mädchen werden sogar schon mit 9 Jahren vermählt.
Ich frage mich ernsthaft, wie ein Volk zu einer solch absurden Meinung über ein Schönheitsideal gelangen kann. Dass sie den jungen Mädchen und ihren Körpern zum Teil sehr große Schäden zufügen, scheint ihnen bei der ganzen Sache total egal zu sein. Den alten Männern kann es ja auch egal sein, wenn die Mädchen aufgrund ihrer Fettleibigkeit sehr früh sterben. Die sind ja schon so alt, dass sie selber nicht mehr so lange zu leben haben. Also sterben die Mädchen nicht unbedingt früher als ihre Männer.
Trotzdem finde ich, dass das Mästen der Mädchen auf jeden Fall schon unter schwere Körperverletzung und Missachtung der Lebensgrundrechte eines Menschen fällt. Nur gibt es solche Grundgesetze wie hier in Deutschland in solchen Ländern leider nicht.
Ich habe noch nie davon gehört, dass auf Mauretanien solche Praktiken vollzogen werden, und ich bin schockiert. Kinder im jungen Alter zur Zwangsheirat an sehr viel ältere Männer zu zwingen, ist ja schon schlimm genug, doch dass sie nun auch zur Fettleibigkeit gezwungen werden, ist die absolute Höhe. Dagegen muss etwas unternommen werden, schließlich wird das Leben der Mädchen vollkommen zerstört! Sie sind nur ein Teil der Tradition, und dürfen nicht das machen, was sie selber tun wollen.
Ich, oder wir "Westliche" empfinden das, zurecht, als unhuman und schrecklich, und genauso werden die Opfer, also die jungen Frauen auf Mauretanien, auch darüber denken. Doch die Menschen auf Mauretanien glauben an diese Tradition, deswegen wird sich nicht viel ändern solang diese Tradition immer weitergegeben wird. Denn, wie schon mein Vorredner gesagt hat, werden sie dann aus der Gesellschaft verstoßen und haben keine Familie mehr.
Und wie kann man diese traditionellen Mauretanier davon überzeugen, dass ihre Tradition in keinster Weise human oder zulässig ist, und somit diese schrecklichen Praktiken verhindern? Ich denke, wir sind gegen Zwangsverheiratung oder Ähnlichem hilflos, so hart es klingt, denn wir können höchstens einzelnen helfen, aber nicht allen. Solange diese Tradition weitergegeben wird, werden noch viele Frauen und Mädchen leiden müssen.
Zwangsverheiratungen sind in der Tat in vielen Gegenden der Welt noch Gang und gebe, dies zu ändern ist in der Tat nicht leicht, sondern - sagen wir: Knifflig. Es gibt für solche Traditionen nie nur einen Grund, sondern eines ganze Reihe von Gründen. Viele sind wirtschaftlich bedingt, viele religiös und sowohl das eine, als auch das andere zu ändern ist sehr schwer.
Die Ansicht das nur dicke Frauen schön sind findet man in einigen sehr armen Gegenden, wo rund = reich (bzw. immerhin nicht verhungert) angesehen wird. Das fett füttern in dem Umfang alles andere als Gesundheitsförderlich ist und ebenso wie andere üble alte Traditionen dringend überdacht werden sollte: keine Frage.
Was mich jedoch sehr nachdenklich stimmte war der Kommentar eines Bekannten, der die Formel "Dick = schön" aus seiner Heimat auch kennt (und auch nach dreißig Jahren Deutschland noch immer meint "Also, wenigstens mollig sollte sie schon sein, wirklich jetzt"): Der sagte, die Mädchen zu mästen sei schrecklich und ein so ausuferndes Ideal der weiblichen Schönheit auch ungesund, überlegte aber weiter, das ihm einige hiesige Schönheitsideale auch sehr befremdlich, erschreckend und ungesund vorkommen.
Wie magersüchtige Mädchen, die versuchen sich in ein Ideal zu hungern, welches krank wäre, wie Frauen die sich auf zunehmend groteske Weise "umbauen" lassen, wie die unzähligen Frauen im Bekanntenkreis die fast ständig Diät machen ... scheint so, als hätten wir auch einige recht bizarre Gewohnheiten und Traditionen entwickelt welche unser weibliches Schönheitsideal angehen.
Um das Mästen von jungen Mädchen zu verhindern, müsste eine massive Aufklärungsarbeit betrieben werden. Aber in einem der ärmsten Länder der Welt - das ist Mauretanien - wo die Genitalien der Mädchen im Kindesalter verstümmelt werden und etwa 71 Prozent Frauen und Mädchen betroffen sind (ein Gesetz stellt solche Eingriffe jetzt unter Strafe); wo über 20 Prozent der Kinder von 5 bis 15 Jahren arbeiten müssen; wo noch weit verbreitet die Kindersklaverei ist; das noch heute etwa 600.000 Sklaven hat; dessen Bevölkerung zu 60 Prozent Analphabeten sind; wo es außer den Stadtbewohnern noch viele Nomaden gibt, deren Zuhause das Zelt ist, wo der größte Teil des Landes aus Wüste besteht, da weiß man nicht, wo man mit einer Aufklärungsarbeit beginnen soll.
Obwohl die Sklaverei offiziell abgeschafft wurde, wird sie weiter praktiziert. Offiziell hat Mauretanien auch ein Abkommen zur Nicht-Diskriminierung der Frau unterzeichnet. Aber immer wieder kommt es zu Übergriffen. Mit Tritten, Stöcken, Schlägen und mit Gürteln werden die Frauen auch von der Polizei bedacht. Homosexualität wird bestraft mit dem Tode.
Es ist dringend notwendig, in diesem Land etwas zu ändern. Aber das können nur die dafür ausgebildeten Vereine schaffen, die wissen, wo sie mit Aufklärung anfangen müssen und auch wie. Die Mädchen tun mir sehr leid. Sie können nicht einmal fliehen - wohin? In die Sandwüste, wo Skorpione und Schlangen sie erwarten? Die Hauptstadt liegt am Meer. Aber wie sollen sie ohne Geld fliehen? Ob die Nachbarländer - Senegal, Mali, Marokko - sie ausliefern würden oder ihnen helfen, das ist die Frage.
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