Wird Israel Bürgerkriegspartei in Syrien?

vom 07.06.2015, 09:04 Uhr

In Syrien tobt ein erbitterter Bürgerkrieg zwischen Assad und dem IS, der überall seine Ableger gründet. Daneben ist neben Nigeria und Libyen eben auch Gaza. Dort ist die Hamas nun gegen den IS vorgegangen und hat einen prominenten IS-Unterstützer kaltblütig erschossen.

Nun haben andere IS-Anhänger damit begonnen, Raketen auf Israel zu schießen und die israelische Luftwaffe Vergeltungsangriffe geflogen. Wie hättet ihr an Israels Stelle reagiert? Wird Israel damit nicht in den Konflikt in Syrien hineingezogen?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 07.06.2015, 11:03, insgesamt 2-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Israel hat gar nicht anders reagieren können und ist so vorgegangen, wie bei einem Angriff auf eben den Staat Israel immer vorzugehen wäre. Sobald ein Angriff vom Boden eines Nachbarstaates ausgeht, und dieser Angriff nicht vom Nachbarstaat angeordnet wurde sondern es sich um einen terroristischen Angriff gehandelt hat, wird diese Regierung darüber informiert, dass Israel einen Gegenangriff führt. Das ist aus meiner Sicht in diesem Fall verständlich. Es handelt sich bei dem Angriff ja nicht um das Werk von ein paar Kriminellen sondern um einen Angriff auf den Staat selbst.

Ich würde gerne wissen, wie lange die BRD es mit ansehen würde, wenn z.B. ein Terrorkommando welches die Zerstörung der BRD zum Ziel hat über Jahre mit militärischem Gerät von Frankreich aus unbehelligt Bundesdeutsche Städte angreifen würde. Es gibt wohl keinen Staat der Welt, der so etwas hinnehmen könnte. Aber um beim Rechtlichen zu bleiben: selbstverständlich ist dabei entscheidend, ob der Nachbarstaat in der Lage ist, diese Angriffe zu unterbinden oder nicht. Es ist zweifelsfrei so, dass Syrien im Moment in weiten Teilen eben nicht mehr die Kontrolle über das Land hat.

Das Israel so aber in den Krieg in Syrien gezogen wird, halte ich für Unwahrscheinlich. Nicht nur, weil es in Syrien keine israelischen Interessen gibt. Für Israel ist nur seine staatliche Integrität von Belang - und man muss dazu sagen, dass hier Assad (ähnlich wie auch Husni Mubarak) für eine gewisse Stabilität hat sorgen können. Diese Stabilität fehlt jetzt!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Die Besetzung arabischen Territoriums wird hier gänzlich unterschlagen. Ich frage mich eher, wie viele Deutsche reagieren würden, wenn ihr Land systematisch mit jüdischen Siedlungen zerteilt werden würde? In Wahrheit ist dies doch die Ursache für den Konflikt in der Region.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Juri1877 hat geschrieben:Die Besetzung arabischen Territoriums wird hier gänzlich unterschlagen.

Nein, wird sie nicht - es ist sogar das zentrale Thema und Israel hat sich oft schon zu einem Rückzug entschlossen und sogar Siedlungen geräumt. Gegen den Widerstand der eigenen Bevölkerung. Inklusive der Zusage, diesen Prozess auch fortsetzen zu wollen. Die Reaktion der "Gegenseite" brachte aber noch nicht mal im Ansatz die Anerkennung des Existenzrechts des Staates Israel. Hoffe du unterschlägst nicht den Grund der "Besetzung". So jedenfalls der Angriff (ohne Kriegserklärung) 1947 auf Israel, welches sich nach dem UN-Teilungsplan für Unabhängig erklärt hatte. Hätten die Palästinenser das auch getan, wäre der Region einiges erspart geblieben. Und es hätte keine besetzten Gebiete gegeben.

Juri1877 hat geschrieben:Ich frage mich eher, wie viele Deutsche reagieren würden, wenn ihr Land systematisch mit jüdischen Siedlungen zerteilt werden würde?

Das ist ein unglückliches Beispiel, weil ja eine jüdische Siedlung nicht zwangsläufig "nicht Deutsch" heißen würde. Also vergleichbar mit "evangelischen Enklaven" in "katholischen" Gebieten. Aber wir können das aufgreifen und uns die Frage stellen, ob im arabischen Raum schon jemals der Vorschlag unterbreitet wurde, der jüdischen Bevölkerung auch die palästinensische Staatsbürgerschaft zuzuerkennen. Araber mit israelischer Staatsbürgerschaft sind ja nicht wirklich ungewöhnlich. Oder - was ja noch nicht mal die deutschen Vertriebenverbände geschafft haben - die Tatsache, dass palästinensische Flüchtlinge die einzige Flüchtlingsgruppe der Welt darstellen, welche den Flüchtlingsstatus vererben? Selbst im Libanon geborene Flüchtlingskinder der dritten und vierten Generation sind "Flüchtlinge", denen ein Rückkehrrecht gegeben werden soll. Was ist denn davon zu halten? Wer hat ein Interesse daran, den Konflikt am Laufen zu halten?

Juri1877 hat geschrieben:In Wahrheit ist dies doch die Ursache für den Konflikt in der Region.

Also hat das Gründungsdokument der Hamas (wenn es ein Verein wäre, also deren Satzung - mit einer ernst gemeinten Berufung auf die "Protokolle der Weisen von Zion"), in welchem das Hauptziel die völlige Vernichtung des jüdischen Staates (und der Juden) nicht wirklich was mit dem Konflikt zu tun und dient der lokalen Folklore? Welche Rolle (außer als Opfer) spielt dann - in deiner Weltsicht - das palästinensische Ziel (was auch immer des deiner Meinung nach sein mag)?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Israel hält seit dem Sechs-Tage-Krieg palästinensisches Land besetzt und errichtet illegale Siedlungen darauf und beschwert sich dann, wenn sich die Palästinenser wehren. Es ist daher blanker Zynismus, wenn hier so getan wird, als ob die Räumung einiger dieser illegalen Siedlungen auch noch eine Großtat wäre. ALLE diese Siedlungen sind illegal und müssen wieder weg.

Da hier immer von Terrorismus gesprochen wird, erinnere ich daran, dass die jüdischen Untergrundkämpfer sich vor 1947 auch mit solchen Anschlägen gegen die britische Besatzungsmacht gewehrt haben. Hierbei ging es auch nicht gerade unblutig zu und tote arabische Zivilisten gab es auch zu Genüge, aber wen interessiert so etwas heute schon?

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Du lässt leider die Gründe für den Sechstagekrieg weg. Ebenso die Entwicklungen nach 1947, denn der von dir genannte Sechstagekrieg ist der dritte Krieg, durch den die Nachbarn Israel mit dem Ziel der Vernichtung angegriffen hatten. Mir ist kein Positionspapier bekannt, nach welchem Israel die Vernichtung eines Nachbarn zum Ziel gehabt hätte. Die Besetzung war letztlich eine militärische Notwendigkeit und seither gab es auch keinen militärischen Angriff auf Israel, welcher so massiv war, wie diese vorangegangenen Kriege!

Natürlich stimme ich dir bzgl. einer Räumung zu! Natürlich wird Israel hier weitere Schritte gehen müssen - noch weitere, als bisher gemacht wurden. Gegen den massiven Widerstand der eigenen Bevölkerung. Aber was macht dich denn so sicher, dass der Rückzug von den Palästinensern nur dazu genutzt wird, eben wieder zum vernichtenden Schlag auszuholen? Besser ausgerüstet und mit dem strategischen Vorteil, der durch den Rückzug entsteht.

Dir ist klar, auch wenn du nie darauf Bezug nimmst, dass eine Regierungspartei ihre Identität daraus nimmt, die Vernichtung Israels zu organisieren und zu betreiben? Und du meinst wirklich, der einzige Weg zum Frieden wäre Israels Rückzug? Israel hat wenigstens einen Schritt getan, selbst wenn der darin bestanden hätte, nur ein Haus zu räumen. Was ist der friedensstiftende Schritt der Hamas? Eine Anerkennung des Existenzrechts Israels wäre doch schon mal was, was wenig kosten würde.

Was du dann auch mit dem Verweis auf die Britische Besatzung schreibst: ist das jetzt die Rechtfertigung von Gewalt? Wir können gerne weiter zurückgehen. Juden haben sich sogar schon gegen Ägypter gewaltsam gewehrt. Aber was bringt der Blick zurück? Was genau ist das Ziel einer solchen Betrachtung, insbesondere im Hinblick auf Selbstmordattentäter in besetzten Bussen zur Hauptverkehrszeit heute?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Vielleicht werden Hamas und PLO bald durch den IS ersetzt und dann hört das Gejammere über die Hamas endlich auf.

Ich kenne noch die Geschichten aus dem Vietnamkrieg, wo einfache Bauern einfach von amerikanischen Hubschraubern niedergemäht wurden, weil sie aufgrund schlechter Erfahrungen weglaufen wollten und die Schützen, die in vielen Bundesstaaten noch nicht einmal Alkohol trinken durften, weil sie noch unter 21 Jahren waren, diese einfach als Vietcong abstempelten und somit ganze Dörfer zusammengeschossen haben. Wenn ich dann höre, dass es im Gazakrieg 70 tote Juden (zumeist Soldaten) und alleine 580 tote palästinensische Kinder gab, dann hört sich dies für mich eher nach einem Massaker an. Da stimmen die Relationen einfach nicht.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



@Juri1877: Vielleicht sollte man mal sagen, dass die Zahlen mit denen du hier immer spielst, tatsächlich propagiert werden. Und natürlich erfreuen solche Opferzahlen niemanden! Letztlich bin ich aber kein Freund eines solchen "Bodycounts", weil der leider keine Aussagekraft hat. Jedenfalls nicht die, die du unterstellst und hier ein "Massaker" siehst. Das passiert nämlich, wenn man nur die halbe Wahrheit (also den Teil, der einem gefällt) kennen will.

Fakt ist tatsächlich, dass es eine relativ hohe Zahl an zivilen Opfern gegeben hat. Fakt ist aber auch, dass die israelische Armee in Städten operieren musste. Aus der Perspektive ist die Opferzahl wieder eher gering. Fakt ist auch, dass die israelische Armee vor jedem Angriff rechtzeitig den Angriff angekündigt und die Bevölkerung zum Verlassen der Häuser aufgefordert hatte! Aber (u.a.) die Kassam-Brigaden haben dies regelmäßig verhindert und um Menschen als Schutzschilde geworben. Eltern wurde auch ein Leben im Paradies versprochen (für die Eltern und natürlich für die Kinder), wenn diese ihre Kinder für so eine "Mission" bereitstellten.

Raketenstellungen wurden um Krankenhäuser herum oder zum Teil auf Krankenhausdächern platziert. Auch Schulgelände wurden dazu auserkoren. Hier wurde und wird gezielt auch damit gearbeitet, dass die israelische Armee möglichst schlecht vor der Welt dasteht und dem alten Klischee folgend als "Kindsmörder" gesehen wird. Das auf der anderen Seite Palästinenser auch Kinder und Jugendliche zu Selbstmordanschlägen schicken, wird in dem Kontext (gerne) ausgeblendet.

Und nochmals stellst du mit "Gejammere über die Hamas" deine Sicht klar, dass die Hamas bzgl. der Friedensfrage nichts zu tun hätte und es in dem Krieg nur einen Aggressor gibt. Ist das wirklich deine beschränkte Sicht auf die Lage oder zwingt die eigene politische Gesinnung in Israel den Juden unter den Staaten zu sehen?

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ob es Fakt ist, dass die Hamas die Leute gezwungen hat, dort zu bleiben, wage ich zu bezweifeln. Der Vietnamkrieg lässt grüßen. Da konnte man sich genug über die angeblich so bösen Kommunisten anhören und wie toll die Zivilbevölkerung geschützt wurde, während es tote Zivilisten en masse gab.

Der Versuch hier jegliche Kritik in die antisemitsche oder antijüdische Ecke zu schieben, kann auch nicht verhindern, dass nun auf einmal die IS statt der Hamas vor Israels Tür steht, was meiner Ansicht nach zeigt, dass sich Israel mit seiner Siedlungspolitik total ins Abseits gestellt hat. Die Hamas mag schwierig gewesen sein, aber was dann kommt, wird vielleicht noch weniger kompromissbereit sein.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Juri1877 hat geschrieben:Die Hamas mag schwierig gewesen sein

Die Hamas hat sich als Existenzzweck nicht der Gründung eines palästinensischen Staates verschrieben, sondern der Vernichtung Israels. Die Hamas erkennt das Existenzrecht Israels nicht an und kann demzufolge auch keine Friedensverträge mit Israel schließen. Diese Position leitet die Hamas nicht ab durch die Siedlungspolitik Israels sondern durch die Tatsache, dass hier ein jüdischer Staat existiert.

Ob jetzt die Siedlungen sofort geräumt werden würden oder nicht, spielt bzgl. der Zielrichtung keine Rolle! Kompromissbereit heißt bei der Hamas höchstens, dass sie sich nicht festlegen, wie die Juden zu töten sind. "Treibt sie ins Meer" mag ein Schlachtruf sein, aber sie würden andere Methoden auch akzeptieren. Der IS verfolgt die gleichen Ziele und es ist für Israel daher egal, welcher Feind zu bekämpfen ist. Hier spielt Israel nur in die Karten, dass Machtpolitisch die Hamas und der IS sich in einer Konkurrenzsituation befinden.

Was die Opferzahlen angeht (aber ich mag tatsächlich nicht darüber streiten) ist es auch so, dass nur die Angaben der Palästinenser genommen werden. Und die zählen alle Toten ohne Uniform zu den Zivilisten, was so - unabhängig betrachtet -sicher schwer zu halten wäre. Bzgl. der menschlichen Schutzschilde ist es nun mal so, dass ausschließlich die Hamas von toten Palästinensern (Zivilisten) profitieren würde. Die israelische Armee ist fraglos angehalten, zivile Opfer möglichst zu verhindern. So eine Anweisung wird man von der Hamas nie hören und die gibt es auch nicht! Hier vielleicht noch ein Link zu den Schutzschilden.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


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