Welche Erfahrungen habt ihr mit Blinden gemacht?

In unserem täglichen Leben begegnen uns von Zeit zu Zeit blinde Menschen. Ich sehe sie meistens auf der Straße. Sie sind gut zu erkennen, weil sie einen Blindenstock tragen. Meist haben sie auch ein Band am Arm. Persönlichere Kontakte hatte ich mit blinden Menschen allerdings noch nicht. Ich kenne also niemanden in meinem persönlichen Umfeld, der blind ist oder war.

Hier im Forum gibt es aber sicher Menschen, die vielleicht blinde Menschen in ihrer Familie oder in ihrem Freundeskreis haben. Wie sind eure Erfahrungen mit diesen Menschen? Worauf müsst ihr im Alltag besonders achten, wenn ihr mit diesen Menschen zusammen seid? Wie sind diese Menschen? Was zeichnet sie aus?

Als ich noch ein Kind war, hat meine Mutter öfter mit einem älteren Herrn gesprochen, der bei uns in der Gegend noch immer allein unterwegs war und mit einem Blindenstock auch gut klar kam. Später war er dann in der Nähe in einem Seniorenheim, da habe ich ihn mal mit einer Freundin aus dem Gebüsch holen müssen, weil er vom Weg abgekommen war.

Pauschal würde ich behaupten, dass diese Menschen sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht oder nur sehr schlecht sehen können. Davon abgesehen handelt es sich höchst wahrscheinlich um Menschen wie du und ich. Meine ehemalige Chefin war blind, davon abgesehen kenne ich keine blinden oder sehbehinderten Menschen. Falls ich mal jemanden kennen lerne, der nichts oder fast nichts sieht, würde ich mich einfach darauf verlassen, dass mir die Person schon sagt, wie der Hase läuft und worauf ich achten soll.

Meine Chefin hatte einen Blindenhund, eine dunkle Brille und eine Vorleserin, die ihr bei den beruflichen Aufgaben geholfen hat, für die man normale Druckbuchstaben lesen können musste. Man musste bei Feierlichkeiten immer aufpassen, dass der Blindenhund sich nicht diskret am Buffet bedient hat. Das war aber schon der ganze Unterschied. Ich konnte die Dame nicht besonders gut leiden, aber das hatte nichts mit ihrer eingeschränkten Sehfähigkeit zu tun, sondern eher damit, dass sie immer kurz angebunden und im Befehlston gesprochen hat.

Ich staune immer wieder wie selbstständig Blinde doch sind. Ich meine gut, sie brauchen ab und zu Hilfe im Alltag, aber das ist ja normal und die braucht jeder irgendwann mal. Ich habe mal im Zug in einem Vierer gesessen und direkt mir gegenüber saß eine blinde junge Frau, die irgendwann ein sehr interessantes Gerät rausgekramt hat und ständig ihre Finger über eine bestimmte Zeile bewegt hat.

Irgendwann habe ich dann gemerkt, dass sie ein Buch damit liest und nicht nur so zum Spaß ihre Finger hin und herbewegt. Sie hat auch leicht die Lippen bewegt und Worte geformt, die sie liest. Ich finde das echt extrem interessant, weil ich so ein Gerät noch nie vorher gesehen hatte. Ich hätte am liebsten gefragt, wie das Gerät heißt und so, weil mich das einfach interessiert hat, aber ich wollte sie nicht beim Lesen unterbrechen.

Eine Freundin von mir hat mal während dem Studium für wenige Monate für eine Blinde Master-Studentin gearbeitet. Besagte Master-Studentin wollte nämlich ihre Abschlussarbeit schreiben und brauchte Unterstützung bei der Literatursuche. Sie konnte nämlich die Literatur in der Bibliothek nur dann nutzen, wenn jemand - in diesem Fall meine Freundin - die Literatur für sie ausgeliehen und zu Hause auf Band gesprochen hat, damit die Blinde die Literatur anhören und für die Abschlussarbeit verwenden konnte.

Das war auch ein ziemlicher Aufwand, wobei ich meiner Freundin bei der Literatursuche geholfen habe. Manche Bücher gab es nämlich nur in der Bibliothek meiner Uni, sodass meine Freundin unter meinem Namen besagte Bücher ausleihen durfte. Ich habe wahnsinnigen Respekt vor Blinden und wie sie ihr Leben meistern.

Wir haben bei uns im Betrieb einen Stammkunden, der blind ist. Bei ihm bewundere ich es auch immer, wie gut er doch zurecht kommt. Er hat einen Blindenstock und damit bewegt er sich sehr schnell und geschickt. Wenn er zu uns in den Laden kommt, dann sprechen wir ihn immer direkt an, wenn er dran ist und er folgt dann der Stimme und schafft es problemlos, alleine zurecht zu kommen.

Sicher muss man ihm manchmal Dinge etwas ausführlicher erklären, weil man ihm nicht einfach so etwas aufschreiben kann, was er zu Hause dann lesen könnte. Aber trotzdem finde ich den Umgang mit diesem Kunden sehr interessant und er zeigt mir auch, dass es möglich ist, viele Probleme zu meistern.

Blinde Menschen sind auch nicht anders als andere. Sie sehen eben nichts. Manche sind total sympathisch, bei anderen ist die Chemie nicht so optimal. Das macht keinen Unterschied zu Sehenden. Wie gut der einzelne mit seiner Einschränkung zurechtkommt, das ist sehr individuell. Aber auch das ist wie überall im Leben. Was den einen kaum an etwas hindert, empfindet der andere als riesige Last.

Ich reite seit über 20 Jahren regelmäßig mit einer heute blinden Freundin aus. Früher hat sie noch ganz wenig gesehen. So kamen wir auch zusammen. Ich besaß ein leuchtend weißes Pferd. Sie fragte damals, ob wir gemeinsam ausreiten könnten, weil sie das Weiß noch sehen konnte.

Wir gingen oft zusammen ins Gelände, als Team nahmen wir an Jagden Teil. Heute ist sie blind und wir gehen immer noch ins Gelände. Heute trage ich eben eine Glocke und sage das wichtigste. Reitjagden gehen nicht mehr. Jagdliche Ausritte funktionieren bis heute.

Blinde können viel mehr, als wir Sehende ihnen oft zutrauen. Hier mal ein Video von einem blinden Hundeführer im Agility. Und natürlich klappt das blinde Vertrauen mit beeindruckenden Leistungen auch zu Pferd.