Vater Schuld am Tod der Mutter geben?

vom 03.06.2015, 21:28 Uhr

Mein Freund hat auf Arbeit einen Kollegen, der irgendwie seltsam ist und recht befremdliche Ansichten hat. So soll er wohl ziemlich an seiner Mutter geklebt haben, auch jenseits der 30 noch und hat sich immer geweigert auszuziehen. Irgendwann ist sein Vater krank geworden und musste gepflegt werden. Es war keine vorübergehende Geschichte, sondern eine langfristige, aber ein Pflegedienst oder ein Pflegeheim kam für die Mutter nicht in Frage. Sie hat sich aufopferungsvoll um ihren Ehemann gekümmert und hat ihm jeden Wunsch von den Augen abgelesen, bis sie dann vor einem Jahr oder so gestorben ist.

Jetzt ist der Arbeitskollege aber total nachtragend und gibt seinem Vater die Schuld an ihrem Tod. Er ist der felsenfesten Überzeugung, dass seine Mutter sich in der Pflege zu Tode geschuftet hätte und nur sein Vater alleine Schuld ist und sonst niemand. Ich finde so eine Denkweise ziemlich komisch und könnte so eine Schuldzuweisung eher verstehen, wenn der Vater am Steuer eines Autos sitzt und durch einen Fehler seine Frau auf dem Beifahrersitz stirbt. Aber Tod durch Pflege? Also ich weiß nicht. Auf mich wirkt es eher so, als wäre der Mann neidisch, weil seine Mutter sich letztendlich mehr um den Vater als um ihn gekümmert hat, weil der Vater es eben nötiger hatte.

Was meint ihr dazu? Kann man in so einer Situation dem Vater Schuld an dem Tod der eigenen Mutter geben?

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, um das zu beurteilen wissen wir zu wenig. Vielleicht ist der Vater ein ziemlicher Tyrann. Das würde erklären, warum der Sohn im Haus und an der Seite seiner Mutter geblieben ist. Eben um sie zu beschützen. Es wäre auch eine Erklärung dafür, dass der Vater sich geweigert hat, in ein Pflegeheim zu gehen und warum die Mutter sich dem gefügt hat.

Ich weiß natürlich nicht, ob das bei dieser Familie zutrifft. Aber ich denke schon, dass es solche Familien gibt. Wo die Frau den Mann über ihre Kräfte hinaus pflegt, weil er das so verlangt. Ehen, die immer über die Unterdrückung der Frau funktioniert haben. Das ist eine andere Generation. Als Argument dafür kommt dann auch nur: "Er ist eben mein Mann."

Der Vater ist dann natürlich nicht direkt Schuld am Tod der Mutter. Nicht so direkt, wie wenn er betrunken Auto fährt und einen Unfall verursacht. Aber den trauernden Sohn kann ich dann schon verstehen, wenn er dem Vater indirekt die Schuld gibt.

Es kann aber natürlich auch sein, dass es einfach nur ein Muttersöhnchen ist. Dass es für die Mutter nie in Frage kam, den Mann in ein Pflegeheim zu geben, weil sie ihn geliebt hat. Und dass sie so oder so gestorben wäre, auch wenn sie den Mann nicht hätte pflegen müssen. Das gibt es sicherlich auch. Mir reichen nur die Fakten nicht, um es zu beurteilen.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^