Auswahl der Bewerber nach Religion - gibt es das heute noch?

vom 05.11.2014, 19:10 Uhr

Bei uns in der Umgebung gibt es ein Unternehmen, von welchem gesagt wird, dass es nur Personen einstellt, die eine katholische Religionszugehörigkeit haben. Offiziell bekannt beziehungsweise ist das natürlich nicht, es ist eher so eine Annahme von vielen Personen. Auf der anderen Seite gibt es natürlich aber auch Leute, die sich dagegen wehren und sagen, dass dem nicht so ist. Fakt ist aber, dass ich einige Personen aus diesem Unternehmen kenne und es tatsächlich alle Katholiken sind. Aber ich kenne nur einen Bruchteil der Mitarbeiter, von daher kann ich da auch keine eindeutige Aussage dazu treffen.

Interessieren würde mich es aber schon. Mittlerweile schreiben viele ihre Religion oder auch ihr Alter gar nicht mehr in die Bewerbung, damit die Personalabteilungen wirklich nur wegen der Qualifikationen einen zum Bewerbungsgespräch einladen. Dennoch kann ich mir gut vorstellen, dass alt eingesessene Unternehmen vielleicht intern doch noch so Vorschriften haben und bevorzugt Personen einer bestimmten Religion einstellen.

Habt ihr davon auch schon mal etwas gehört und könnt ihr sicher bestätigen, dass es noch Unternehmen gibt, die die Auswahl ihrer Bewerber von der Religion abhängig machen? Oder denkt ihr, dass es so etwas heute nicht mehr gibt?

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Ich bin mir recht sicher, dass es das heute noch gibt, nur darf man es nicht so begründen. Wenn ein streng christlicher Firmenchef das Zepter in der Hand hat, hat man als andersgläubiger Mensch eben keine Chance. Meine Religion würde ich auch nie in den Lebenslauf schreiben, kritisch wird es nur dann, wenn man eine Selbstauskunft ausfüllen muss.

In meinem Betrieb bin ich sogar die einzige, die nicht christlich ist und bin im Nachhinein sehr erstaunt, dass ich genommen wurde, denn man ist doch sehr konservativ.

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» ninjafan » Beiträge: 1455 » Talkpoints: -0,16 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Im medizinischen und sozialen Bereich ist das total üblich, weil die Kirchen in vielen Einrichtungen immer noch ein Wort mitzureden haben und ihren Einfluss geltend machen. Und das wird da auch ganz offen ausgesprochen, weil der Staat den Kirchen das Recht dieser Diskriminierung erlaubt.

Ich kenne tatsächlich mehrere Atheisten, die nicht aus der Kirche austreten können und die nicht mal öffentlich zu ihren Überzeugungen stehen können, weil sie sich damit praktisch ihre Karrierechancen verbauen würden. Traurig im 21th Jahrhundert, aber leider wahr.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Leider ist das heute noch so, dass in kirchlichen Kindergärten und Krankenhäusern Andersgäubige nicht erwünscht sind. Selbst geschiedene Mitarbeiter dürfen nicht mehr heiraten, weil sie sonst ihren Job verlieren. Die Menschen werden praktisch zur Heuchelei gezwungen. Meiner Schwester ging es ebenso.

Es ist wirklich nicht zu fassen, dass die Vertreter der Kirche so engstirnig sind in der heutigen Zeit. Vielleicht zwingen sie ihre Mitarbeiter aus dem Grunde ihre Konfession nicht aufzugeben, damit sie nicht noch mehr Kirchenaustritte haben. Könnte das der Grund sein?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Also ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Religionszugehörigkeit durchaus eine Rolle spielen kann. Für mich auch ein Grund, nicht aus der Kirche auszutreten. Mir entstehen keine Nachteile, wenn ich weiter Mitglied einer Kirchengemeinde bin, aber mir könnten irgendwann mal Vorteile entstehen.

Ich selbst habe mich auch schon bei kirchlichen Einrichtungen beworben. Die hätten mich wahrscheinlich auch eingestellt. Also zumindest die eine, bei denen ich auch zum Vorstellungsgespräch war. Dort habe ich auch erwähnt, dass ich katholisch getauft bin und Mitglied der Kirchengemeinde vor Ort bin. Mir wurde darauf geantwortet, dass das gut sei. Sie würden nun zwar nicht unbedingt wissen wollen, welcher Religion man angehört, aber man sollte eben irgendeiner Glaubensrichtung angehören. Sprich, wäre ich evangelisch gewesen, hätte es die katholische Einrichtung nicht so eng gesehen.

Ich weiß, dass die Diakonie nur katholische Mitarbeiter anstellt. Auch Kirchengemeinden stellen in der Regel nur Personen ein, die der selben Glaubensrichtung angehören. Krankenhäuser, wenn sie christlich orientiert sind, legen da aber immer weniger Wert drauf, so lange man eben irgendeinem Glauben angehört.

Eine Bekannte war auch in einer kirchlichen Einrichtung angestellt. Ist allerdings schon fast zwanzig Jahre her. Einer katholischen Einrichtung. Sie lebte mit ihrem Freund zusammen und die beiden haben dann ein Kind erwartet. Meiner Bekannten wurde, bevor sie in den Mutterschutz ging, nahegelegt, dass sie heiraten soll, sonst müsse sie sich nach dem Mutterschutz einen neuen Job suchen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


LittleSister hat geschrieben:Ich weiß, dass die Diakonie nur katholische Mitarbeiter anstellt.

Wie, die diskriminieren ihre eigenen Glaubensanhänger? Kleiner Scherz am Rande, ich weiß, du hast dich nur vertippt. :wink:

Hier ist es in vielen Einrichtungen so, dass das "normale Fußvolk" sich nur mit den Werten des Glaubens identifizieren können muss. Welchen Glauben die einzelnen Mitarbeiter haben, das ist egal. Daher finden sich auch in evangelischen oder katholischen Häusern Mitarbeiter ohne Kirchenzugehörigkeit oder Anhänger anderer Glaubensrichtungen wie Muslime.

Die Sache sieht aber ganz anders aus, wenn es um leitende Funktionen geht. Ein Assistenz- oder Stationsarzt kann sein, was er möchte. Möchte er allerdings befördert werden, dann sollte die Glaubensrichtung passen. Für Geschiedene ist ziemlich garantiert beim Posten als Oberarzt Ende der Fahnenstange. Für den Leiter einer Klinik muss dann auch der ganze Background stimmen. Ohne Trauschein, "glückliche" Ehe und möglichst Kinder geht in diesem Bereich gar nichts mehr.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Das ist leider heutzutage normal. Meine Schwester war vor kurzem auf Jobsuche, weil sie neben dem Studium ja auch irgendwie die Miete finanzieren muss und keine Unterstützung durch die Eltern bekommt genauso wie ich. Sie bekam dann den Tipp von einem Kommilitonen, sich bei einem Altenpflegeheim zu bewerben. Dieser Kommilitone hätte dort einen Aushilfsjob und hätte sehr gute Erfahrungen gemacht und auch der Verdienst sei in Ordnung.

Gesagt, getan. Meine Schwester bewarb sich dort und leistete sogar eine Art Probearbeiten ab. Die Chefin war absolut begeistert von ihr und teilte ihr dann anschließend in einem Gespräch mit, dass sie sie sehr gerne einstellen würde und hat dann direkt nachgefragt, wann meine Schwester sich gefälligst taufen lassen wird, als wäre das eher eine Voraussetzung ohne Wahlmöglichkeit.

Ich finde es schon krass, dass "christliches" Image sogar bei Aushilfen vorausgesetzt wird. Ich finde, dass sich das definitiv ändern sollte. Aber die Kirche wehrt sich dagegen, wenn weniger Mitglieder bedeutet weniger Kirchensteuer und somit weniger Einnahmen. Irgendwie muss ja die "Macht" gesichert werden, zur Not dann eben auch mit internem Druck auf die Mitarbeiter.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das hängt ganz davon ab, wo man sich bewirbt. Wenn man in einem katholischen Kindergarten als Erzieherin anfängt, darf da schon verlangt werden, dass man auch selber katholisch ist. In einigen Krankenhäusern und ähnlichem ist das auch so.

Allerdings ist das nicht immer erlaubt, wenn die eigene Religion nichts zur Sache tut. Und wenn man sich diskriminiert fühlt und glaubt, wegen seiner Religion den Job nicht bekommen zu haben, kann an das Unternehmen sogar auf Schadenersatz verklagen.

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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