Sich als Frau die Fußball mag zuerst beweisen müssen

vom 31.10.2014, 21:54 Uhr

Ich bin ja bekanntermaßen ein riesiger Fußballfan und verfolge nicht nur Welt- und Europameisterschaften, sondern auch die erste und zweite Bundesliga, ebenso wie die Amateurvereine vor Ort. Als Frau habe ich aber manchmal das Gefühl, mich zuerst beweisen zu müssen und zwar auf zwei ganz unterschiedliche Weisen: Den Männern muss ich erst einmal zeigen, dass ich wirklich Ahnung von Fußball habe und nicht nur behaupte, fußballbegeistert zu sein und manchen Frauen muss ich erst einmal beweisen, dass ich trotz meiner Liebe zum Fußball trotzdem noch eine normale Frau bin.

Letzteres habe ich bisher glücklicherweise nur einmal erlebt, aber das hat mich doch ganz schön schockiert. Als die Mutter meines Freundes mich vor einigen Jahren kennengelernt hat, meinte sie nämlich zu meinem Freund in einem Gespräch unter vier Augen, dass Frauen, die Fußball mögen, doch sicherlich den Haushalt nicht richtig schmeißen können und nicht kochen könnten und ähnliches. Das hat sie, so wie ich das aufgefasst habe, auch wirklich ernst gemeint. Sie war generell abgeneigt gegenüber mir, aber die Aussage hat mich schon ein wenig umgehauen. Ohne mich selbst loben zu wollen, glaube ich schon, dass ich trotzdem den Haushalt schmeißen kann und auch das ein oder andere leckere Gericht hinbekomme. Wobei ich sowieso nicht denke, dass die Frau allein das können muss.

Gegenüber manchen Männern muss man dann erst einmal beweisen, dass man wirklich Fußball mag und das nicht nur so daher sagt. Ich glaube die Männer in meinem jetzigen Kurs haben mich da anfangs auch nicht gleich ernst genommen, aber nachdem wir dann ein paar Spiele zusammen angeschaut habe, haben sie wahrscheinlich bemerkt, dass ich doch überdurchschnittlich interessiert an Fußball bin und man sich mit mir über das Thema normal unterhalten kann.

Habt ihr auch schon mal solche Erfahrungen als Frau gemacht? Was denkt ihr in solchen Situationen dann, nervt es euch, weil Fußball nicht nur ein Sport für Männer ist oder habt ihr euch vielleicht schon daran gewohnt? Für Frauen, die selbst Fußball spielen und nicht nur zuschauen so wie ich, stelle ich es mir noch schwieriger vor.

» *sophie » Beiträge: 3506 » Talkpoints: 1,38 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Wenn du dich erst beweisen musst, dann bedeutet das aber auch, dass du mit anderen über dein Hobby sprichst. Man kann ja seine Vorliebe für das Anschauen von Fußball auch alleine ausleben und dafür sorgen, dass das etwa eine potentielle Schwiegermutter gar nicht mitbekommt und daher auch keine Vorurteile entwickeln kann. Ich schaue zumindest gerne die EM- und WM-Spiele, aber das mache ich alleine und darum muss ich mich da auch nicht rechtfertigen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich kann dich da sehr gut nachvollziehen, *sophie. Auch ich gehöre zu den weiblichen fußballbegeisterten, wobei ich aktuell "nur" EM, WM und 1. Bundesliga verfolge, sofern sie meinen Lieblingsverein betrifft. Da ich mein Interesse zu diesem Sport erst seit einigen Jahren entwickelt habe und ihn vorher - auch meinem Exfreund gegenüber - immer als langweilig und sinnlos abgewertet hatte, bin ich heutzutage erst Recht im Zugzwang mich zu rechtfertigen, wie ich so "urplötzlich" zu meinem Sinneswandel mutiert bin.

Meine Mutter fragt oft Scherzes halber, was sie denn nur bloß "falsch" bei mir getan hätte, da ich die einzige Fußballbegeisterte in meiner Familie bin und nicht einer meiner Brüder dieses Interesse teilt. Mich stört es nicht, dass daheim nicht alle mein Hobby teilen - akzeptieren tun sie es und daher reicht es mir.

Dennoch muss ich des Öfteren meine Beweggründe erläutern, weil es tatsächlich so scheint, dass man als Frau nicht dazu "bestimmt" sei, sich spezieller für Fußball zu interessieren. Allem Anschein nach scheinen die Männer ein gewisses Anrecht darauf zu haben (wollen), "das" Geschlecht zu sein, welches für Fußball brennt. Vor allem weil das Klischee von einer Männerrunde mit jeweils einem kühlen Bier in der Hand vor dem Fernsehbildschirm für einen typischen Fußballabend spricht.

Ferner vermuten sie bei manchen weiblichen Zeitgenossen andere versteckte Gründe für die vorgespielte Vorliebe, da ja eben viele männliche Wesen im Zuschauerbereich, als auch auf dem Rasen vertreten ist. Daher sticheln sie gerne mit ihren hartnäckigen Fragen des Fachwissens um einen "falschen Fan" eventuell aus der Reserve zu locken.

Manche Männer empfinden Frauen die sich für Fußball interessieren in der falschen Materie, da sie eher kumpelhaft als weiblich rüber kommen und somit eventuell als potenzielle Partnerin ausscheiden. Andere wiederum finden es praktisch, dass sie ihr Hobby mit ihrer Partnerin teilen können ohne sich mit den sonst typischen abwertenden Kommentaren herum schlagen zu müssen.

Ich hatte damals Glück, dass mein Freund wusste, dass ich gerade erst mit meinem Fanatismus begonnen hatte und er mir deswegen geduldig unter anderem das berühmte "Abseits" erklärt hatte, ohne mir falsche Beweggründe abzuschwatzen. Es war echt gut, vor allem in der Anfangsphase, jemand zu haben, der dich als Neuling in die Sphäre einweist und nicht verurteilt.

Da ich zu meinem Hobby stehe, komme ich nicht dauerhaft drum herum, Leute aus meinem nächsten Umfeld wissen zu lassen, dass Fußball auch zu meinem Leben dazu gehört. Verständlicher Weise wäre ich versucht es zu verhindern, dass diejenigen, die es nur verurteilen würden, es möglichst nicht erfahren, um es gegen mich verwenden zu können. Jedoch kann man dafür keine Garantie bekommen und gerade bei der Schwiegermutter passiert es sicherlich schnell, dass sie es früher oder später erfährt, wenn man zum Beispiel im Stadion zu Besuch war und stattdessen ein Kaffeekränzchen verpasst hat.

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» LongHairGirl » Beiträge: 845 » Talkpoints: 47,97 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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