Betrifft Integration auch das einheimische Essen?
Ich selbst bin Migrantin der ersten Generation und kam nach Deutschland als ich im Kindergarten-Alter war. Ich höre immer wieder so Kommentare über Migranten und wie die "perfekte" Integration aussehen sollte. So wird von manchen Menschen erwartet, dass Migranten sich eben perfekt in das Arbeits- und Sozialleben integrieren und die Sprache perfekt beherrschen können. Auch wird erwartet, dass man sich anpasst was bestimmte Feiertage oder andere Traditionen wie beispielsweise St. Martin betrifft.
Aber wie sieht es mit dem einheimischen Essen aus? Findet ihr es befremdlich, wenn ein Migrant nach vielen Jahren und vielleicht sogar einigen Jahrzehnten immer noch kein einheimisches Essen mag? Sollte die Integration soweit gehen, dass auch deutsche Gerichte zu Hause bei den Migranten gang und gäbe sind? Was denkt ihr darüber? Hört Integration schon beim Essen auf oder schließt es die Essgewohnheiten mit ein?
Also ich bin erst seit wenigen Jahren in Deutschland und habe mich an sich ganz gut integriert. Ich werde nicht alle deutschen Feiertage achten und der Muttertag ist für mich auch an einem anderen Tag, aber trotzdem respektiere ich gerne die Bräuche der Deutschen, da sie meiner Herkunft schon sehr ähnlich sind.
Trotzdem denke ich schon, dass Integration beim Essen aufhören sollte. Jemandem, der komplett andere Speisen gewohnt ist, sollte man kein deutsches Essen aufdrängen. Es gibt schließlich genügend Alternativen im vielfältigen Deutschland. Ich habe das hier gängige Essen probiert, es schmeckt mir einfach nicht.
Also lasse ich es aus, sage zwar, dass ich es nicht sonderlich mag, aber ich dränge niemandem meine Essgewohnheiten auf. Und genau sollte man Migranten vielleicht auch nicht unbedingt die Essgewohnheiten aufdrängen. Jeder soll das Essen zu sich nehmen, was ihm schmeckt und wenn es etwas Anderes ist, ist doch auch nichts dabei.
Integration heißt für mich nicht, dass Menschen mit Migrationshintergrund ihre Wurzeln, ihre Gewohnheiten und ihre Vorlieben verdrängen oder verleugnen und sich in jedem Punkt anpassen. Die Sprache zu erlernen, den Alltag landestypisch meistern und sich beruflich und ein Stück auch in der Freizeit einzugliedern, reicht doch vollkommen aus.
Essen, Trinken oder Glauben bleiben doch die Privatsache und machen das Wohlfühlen in der neuen Heimat eher leichter als schwerer. Warum sollte jemand darauf verzichten? Wichtiger finde ich, dass die Gewohnheiten und Gebräuche im neuen Land akzeptiert und respektiert werden. Aber dazu muss man die doch nicht zu 100 % kopieren.
Dass man dann auch zum Teil Traditionen des neuen Landes übernimmt, das ist doch klar. Schließlich sollen die eigenen Kinder hier einmal leben und sich heimisch fühlen und Freunde finden. Also sollte man ihnen so etwas wie das Martinsfest oder das Sportfest in der Schule nicht verbieten. Aber diese Dinge müssen die eignen Traditionen ja nicht völlig ersetzen sondern nur ergänzen.
Ich denke, dass man als Migrant sicher auch das eine oder andere Gericht aus der neuen Heimat übernehmen wird, so es nicht gegen die eigene Weltanschauung verstößt. Aber warum sollte man jemand sein Lieblingsessen abtrainieren? Das halte ich für völligen Blödsinn.
Außerdem: Wie sollte man das dann überwachen, ob sich jemand nach der Theorie gut integriert hätte? Soll dann Abends um 18 Uhr ein Integrationsbeauftragter bei der Familie auftauchen und in die Kochtöpfe schauen? Und was wäre dann, wenn ausgerechnet an dem Tag der chinesische Einwanderer russische Soljanka gekocht hat? Wie wäre das denn einzuschätzen?
Leute die so etwas fordern haben vermutlich Probleme, wenn andere Leute Essen essen, das den Körpergeruch verändert, zum Beispiel durch viel Knoblauch. Allerdings ist die Vorliebe für den Genuss von reichlich Knoblauch auch nicht an Migration oder Nationalität gebunden.
Integration heißt für mich nicht, dass man sich total assimiliert. Das ist etwas anderes. Sondern es heißt für mich, dass man ein Teil der neuen Gesellschaft wird, der sich darin wohl fühlt und mit den Lebensweisen der neuen Gesellschaft gut klar kommt. Aber da jede Gesellschaft aus Individuen besteht, sollte auch für die neuen Mitglieder eine gehörige Menge an Platz für Individualität vorgesehen sein, so lange das eben nicht zu kriminellen Handlungen führt.
Ich finde es schön, wenn jemand seiner Esskultur auch in einem anderen Land treu bleibt. Sicherlich, man kann das regionale Essen mal versuchen, aber auch nicht jedem Deutschen schmeckt alles was als deutsche Hausmannskost auf den Tisch kommt. Ich finde durchaus das man seine Religion, sein Leben zu Hause und auch sein Essverhalten so gestalten kann wie man selber es mag.
Es geht ja eigentlich nur um die Verständigung. Es ist eben schön, wenn Ausländer Deutsch lernen um hier auch einer Arbeit nachgehen zu können und auch im integriert zu werden. Perfektes Deutsch erwarte ich da auch nicht, aber man sollte es zumindest mal versuchen, wenn man in dem Land leben will. Ich bin da wahrscheinlich nicht so streng wie viele andere Menschen, aber ich finde gerade das Essen aus anderen Ländern sehr interessant und kann auch durchaus nachvollziehen, warum man seinem Essen treu bleibt.
Ich finde es für eine gelungene Integration nicht nötig, dass man sich auch an das Essen des Landes, in dem man nun lebt, anpasst. Das Essen ist doch nun wirklich eine Sache des Geschmacks und den kann man auch nicht lernen. Für mich betrifft Integration nur, dass man die Sprache lernt und die Regeln und Gesetze des entsprechenden Landes achtet und befolgt. Man erwartet doch auch von einheimischen Menschen nicht, dass sie alle Gerichte essen, die typisch Deutsch sind.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Wie oft mistet ihr Beautyprodukte aus? 2421mal aufgerufen · 14 Antworten · Autor: beere · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Gesundheit & Beauty
- Wie oft mistet ihr Beautyprodukte aus?
- Hat man nach der Schule einen großen Verlust an Freunden? 5941mal aufgerufen · 22 Antworten · Autor: Owlytic · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Alltägliches
- Hat man nach der Schule einen großen Verlust an Freunden?