Regionale Produkte oft gar nicht regional hergestellt?

vom 16.05.2015, 14:39 Uhr

Letztens kam im ARD ein Markencheck und dabei hat sich auch überraschendes ergeben. Man hat unterschiedliche regionale Produkte unter die Lupe genommen und dabei festgestellt, dass die meisten gar nicht aus der Region kommen. Ein gutes Beispiel war etwa die ''Sachsenmilch''. Natürlich denkt man bei diesem Namen, dass die Milch aus Sachsen kommt, aber so war es gar nicht. Die Milch kam aus ganz Deutschland und Österreich und wurde in Bayern abgefüllt. Von Regional ist da also keine Spur.

Es hat sich dann auch herausgestellt, dass der Begriff ''regional'' kein geschützter Begriff ist, jeder Hersteller kann ihn also so verwenden, wie er möchte. Wenn ein Hersteller der Meinung ist das Himbeeren aus Holland oder Äpfel aus Italien regional sind, dann schreibt er das eben auf die Verpackung. Regional kann eine Zutat sein, aber auch nur das Rezept oder die Verpackung.

Inzwischen geben ja sehr viele Menschen ein paar Euro mehr für die Garantie aus, dass das Produkt aus der Region kommt, obwohl das oft einfach nur ein Betrug ist. War euch bewusst das regionale Produkte auch gerne mal aus Spanien, Italien und Holland kommen können und einfach nur die Verpackung regional ist oder sogar gar nichts davon? Wie findet ihr das? Warum gibt es in Deutschland keine Regelung dafür, was regional sein darf und was nicht?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Mich überrascht das überhaupt nicht, wenn ich ehrlich bin. Es ist heutzutage doch alles Betrug. Bio ist auch nicht Bio, sondern eigentlich konventionell hergestellt. Regional ist quasi international und sogar Eier aus Freilandhaltung sind nicht das, was behauptet wird.

Ich finde solche Enthüllungs-Dokumentationen immer sehr interessant und ich sah auch eine Dokumentation über so genannte Freiland-Eier, die im Prinzip nur Eier aus Bodenhaltung waren. Das Freiland für die Hühner war zwar vorhanden, wurde aber im Endeffekt gar nicht genutzt. Ich nenne so etwas Verbrauchertäuschung und ich finde, dass man nur dann regionale Sachen kauft, wenn man direkt zum Bauern um die Ecke fährt und nicht in den Supermarkt.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Es gibt einige Bezeichnungen für ganz bestimmte Lebensmittel, die geschützt sind. Viele Länder haben da eigene Systeme, aber es gibt auch ein EU-System, das sich "geschützte Ursprungsbezeichnung" nennt. Wenn ein Lebensmittel diese Bezeichnung trägt, ist es dort erzeugt, verarbeitet und hergestellt worden. Darunter zählen beispielsweise der Parmaschinken, der nur so heißen darf, wenn er tatsächlich aus Parma stammt.

Aber ebenso gibt es das Siegel "geschützte geografische Angabe". Da steht dann ein Land oder eine Region auf der Verpackung, aber es muss eben nur ein Schritt in der Produktionskette in dieser Region stattgefunden haben. Und dann passiert das, was du zu Recht bemängelst. Da steht dann "Sachsen" auf dem Käse drauf, die Milch stammt aber von österreichischen Kühen, wurde in Tschechien zu Käse verarbeitet und nur in Sachsen hübsch verpackt.

Ob das Verbrauchertäuschung ist, ist fraglich. Denn wenn man sich bemüht, erfährt man, was man da kauft. Es ist alles geregelt und nachvollziehbar. Aber man muss sich schon gut informieren.

Das Siegel "geschützte Ursprungsbezeichnung" tragen übrigens nur ganz wenige Lebensmittel. Die könnte ich hier sogar einzeln aufzählen, ohne den Rahmen zu sprengen. Im Umkehrschluss sind die wenigsten Produkte, die wir täglich im Supermarkt als "regional" angepriesen bekommen, tatsächlich regional. Wobei die Hürden für das Siegel bestimmt auch sehr hoch sind. Somit gibt es echte regionale Produkte, die das Siegel dennoch nicht tragen. Sicher kann man in den seltensten Fällen sein.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Da du direkt eine Firma nennst, dann sollte man vielleicht auch mal genauer hinsehen. Denn so wie die Firma Sachsenmilch, die auch ihren Firmensitz in Sachsen hat, entsprechende weitere Molkereien in Deutschland betreibt, machen das andere Firmen eben auch. Wobei das aber auch auf den Verpackungen steht, wo es abgefüllt wurde. Und wenn da das Kürzel für Bayern zu finden ist, dürfte klar sein, dass die Milch dann von Sachsen nicht extra nach Bayern gefahren wurde.

Das ist also aus meiner Sicht nicht unbedingt eine so spektakuläre Enthüllung, wie man sie direkt in der Sendung vielleicht angepriesen hat. Und wenn man Regional ernst nimmt, so sind bei uns durch die entsprechende geographische Nähe auch Produkte aus Bayern und sogar Tschechien noch als regional anzusehen. Aber durch die Kennzeichnungspflicht kann man ja selbst nachschauen, ob es wirklich in der Nähe produziert wurde oder nicht.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Punktedieb hat geschrieben:Wobei das aber auch auf den Verpackungen steht, wo es abgefüllt wurde. Und wenn da das Kürzel für Bayern zu finden ist, dürfte klar sein, dass die Milch dann von Sachsen nicht extra nach Bayern gefahren wurde.

Darauf achten wohl auch die wenigsten. Es gab vor kurzem eine Umfrage wegen Honig. Bei Honig ist es so, dass man gewisse Mengen von anderen Imkern und Betrieben zukaufen darf. Da steht dann als Abfüller ein regionaler Imker drauf, aber auf dem Rückenetikett steht "aus EG- und Nicht-EG-Ländern". Klar, kleingedruckt, aber für jeden lesbar. Dennoch haben ganz viele gedacht, sie würden "guten, deutschen Honig" kaufen. Also irgendwie täuscht man sich ja dann selbst oder lässt sich ganz bereitwillig täuschen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich schaue mir das auch nicht unbedingt so oft an, was dann auf dem Etikett steht. Bei Kartoffeln ist es bei uns zum Beispiel so, dass die Netze schon erkennen lassen, ob ich welche aus Bayern kaufe oder ob sie direkt aus Sachsen sind. Beim Honig habe ich da noch nie genauer gelesen. Da kaufe ich einfach nach Lust und Laune. Und wenn der hiesige Imker dann Honig dazu gekauft hat, dann soll er es gerne machen, wenn er am Ende noch einen Gewinn hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


@Punktedieb: Es ist ja auch völlig legitim, dass ein Imker Honig dazu kauft. Aber die Leute denken halt, dass sie einheimischen Honig kaufen. Dabei steht es auf dem Etikett. Sie bleiben also unwissend, obwohl sie behaupten, es wäre ihnen wichtig. Sie werden nicht getäuscht und wissen es trotzdem nicht.

Das meinte ich eben. Es liegt am Verbraucher selbst, was er kauft. Man muss sich nur informieren und manchmal gehört dazu nicht mehr, als zu lesen, was auf dem Produkt steht. Bei anderen Dingen wie dem Siegel für "geschützte Ursprungsbezeichnung" ist es etwas schwerer, aber auch möglich, wenn man will.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Der Haken ist doch, dass man sich als Verbraucher zwar theoretisch informieren kann, die Nummer praktisch aber schwierig wird. Denn die verschiedenen Bezeichnungen und Siegel sind mit Mühe zwar durchschaubar, aber wer möchte vor dem Regal erst einmal googeln müssen?

Zumal da ja auch noch die Sache mit dem Vertrauen ist. Ich habe keine Ahnung von Honig, also weiß ich nicht, welchen Honig mein Imker überhaupt produzieren kann. Auch nehme ich das Glas nicht in die Hand, schließlich habe ich den Mann vor mir und vertraue auf die Beratung. Das ist bei meinem Stamm-Imkern immer sehr gut gelaufen. Ich würde mich ärgern, wenn ich daheim etwas anderes lese, als mit beim Einkauf vermittelt wurde,

» cooper75 » Beiträge: 13428 » Talkpoints: 519,39 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Wozu braucht man denn Google beim Einkauf, wenn hinten drauf steht, dass der Honig nicht um die Ecke gewonnen wurde, sondern aus mehreren Ländern zusammen gekauft worden ist? EG und Nicht-EG sind ja nun keine unbekannten Abkürzungen, sondern sollten doch jedem Menschen mit ein wenig Allgemeinbildung bekannt sein.

Wenn dir aber dein Imker vor Ort den Honig als seine eigene Herstellung verkauft und du dann später dahinter kommst, dass er da auch Honig aus anderen Ländern gekauft hat, dann ist es doch schlicht und einfach nur Betrug.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Beim Honig muss ich sicherlich nicht googeln. Aber bei Rügenwalder Teewurst weiß nicht jeder automatisch, welche Regeln gelten. Das ist ähnlich wie bei den ganzen regionalen Bezeichnungen. Das hat nicht jeder immer auf dem Schirm, zumal es ja noch zig andere nicht unwichtige Details zu beachten gibt.

Und auch beim Imker ist es so eine Sache. Wenn der Kunde nicht explizit nachfragt, aber davon ausgeht, das es sich um ein Eigenprodukt handelt, und der Imker nichts sagt, dann ist es kein Betrug. Fair ist es aber auch nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13428 » Talkpoints: 519,39 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


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