Hat Deutschland kein Interesse an nachhaltiger Wirtschaft?

vom 14.05.2015, 18:39 Uhr

Neulich habe ich in einem Prospekt gelesen, dass Peru momentan das einzige Land auf der Welt ist, dass die Mindestanforderungen an nachhaltige Entwicklung erfüllt. Diese Anforderungen bestehen in einem Pro-Kopf-Fußabdruck von unter 1,8 gha (golaber Hektar pro Person und Jahr) und einem HDI (Human Development Index) von 0,8. Peru hat einen Pro-Kopf Wert von 1,5 gha und einen HDI von 0,806. Das bedeutet letztendlich das die Leute dort zufrieden und problemfrei leben können, ohne gleichzeitig die Nachwelt für die kommenden Generationen zu stören.

In Deutschland haben wir einen Pro-Kopf-Wert von über 6 gha und liegen somit sehr weit von dem Optimum entfernt. Um einen niedrigeren gha zu erreichen sollte auf jeden Fall der Konsum eingeschränkt werden und auch die Bevölkerung schrumpfen, denn wenn wir weiterhin so verschwenderisch leben wollen, können wir uns nicht so viele Deutsche mit hohen gha Werten erlauben, ganz einfach.

Warum hat Deutschland kein Interesse daran nachhaltig zu wirtschaften und den nachfolgenden Generationen eine gute Zukunft zu garantieren? Ist es so wichtig das wir um jeden Preis eine Konsumgesellschaft bleiben, auch wenn mit einem bescheideneren Leben zumindest garantiert wäre, dass wir nicht über die Ressourcen der Erde hinaus wirtschaften?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Du weißt aber schon, dass der HDI in diesem Kontext keine zuverlässige Zahl ist oder? Ich finde es ganz schön vermessen, den Wohlstand einer Nation nur vom HDI abhängig zu machen. Nur weil der HDI im mittleren bis höheren Bereich ist, heißt das noch lange nicht, dass die Menschen tatsächlich zufrieden und problemfrei leben können.

Alltäglich wichtige Güter werden bei dieser Berechnung absolut unterbewertet und die Bildung überbewertet. Das heißt du kannst gar nicht wissen ob die Menschen wirklich alles haben, was sie zum Leben brauchen und der ökologische Fußabdruck trotzdem so niedrig ist. Hinzu kommt, dass ein Land trotz hohem HDI sehr hohe Armutsraten aufweisen kann. Das hat also nichts mit Wohlstand zu tun.

Kommen wir zum ökologischen Fußabdruck. Dieses Instrument ist auch nicht gerade zuverlässig, wenn es um die Bestimmung von Nachhaltigkeit geht. So bezieht der Hektar-Ansatz, den du erwähnst, gar nicht den Wasserverbrauch und die Biodiversität mit ein. Faktoren wie Abfälle, nichterneuerbare Ressourcen oder toxische und andere gefährliche Substanzen finden gar keinen Platz in der Methodik.

Der Produktivitätsfaktor ist ebenfalls nicht unproblematisch - intensive und monokulturelle Landwirtschaft hat danach einen kleineren Flächenverbrauch als ökologischer Landbau und schneidet bei der Methodik des ökologischen Fußabdrucks somit besser ab.

Also um es mal überspitzt darzustellen sagen diese beiden Zahlen überhaupt nichts über die Nachhaltigkeit in Deutschland aus. Ohne die entsprechenden Zahlen und Statistiken könnte ein Laie aus dem Ausland auch einfach behaupten, dass in Deutschland deswegen so ein hoher ökologischer Fußabdruck vorhanden ist, weil wir so viel ökologischen Landbau betreiben.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich kann auch nicht nachvollziehen, inwiefern zwei Zahlen als Bewertung einer nachhaltigen Wirtschaft ausreichen sollten. Immerhin sind das auch mehr oder weniger willkürlich von Menschen festgelegte Zahlen. Ob da alle notwendigen Faktoren berücksichtigt bin, würde ich bezweifeln. Schließlich darf man durchaus einen höheren Ressourcen- und Energiebedarf haben, wenn man intensiv auf erneuerbare Energien und Recycling zurück greift. Und hier sind wir in Deutschland ja absolute Vorreiter.

Davon abgesehen halte ich es für vermessen, Deutschland als einheitliches Gebilde zu sehen. Das Land besteht aus so vielen unterschiedlichen Menschen und Organisationen, dass man dem wohl kein gemeinsames Gewissen zuordnen kann.

Und solange wir unseren Wohlstand mit all seinen Vorteilen behalten wollen, können wir uns nicht einfach aus dem Wirtschaftskreislauf ausklinken. Zu diesen Vorteilen gehört die soziale Absicherung und kostenlose Bildung. Würden wir das aufgeben, würden wir uns schlagartig zum Entwicklungsland machen. Das würde zukünftige Generationen genauso hart treffen wie nicht nachhaltiges Wirtschaften. Von daher müssen wir ein Konzept finden, wie wir Nachhaltigkeit erreichen, ohne unseren Wohlstand zu gefährden. Und eigentlich sind wir da auf einen ganz guten Weg.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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