Finanzielle Anreize für Familiengründung wirkungslos?

vom 05.05.2015, 21:57 Uhr

Im Fernsehen habe ich neulich noch einen Teil einer Diskussionsrunde mitgehört an der auch Familienpolitiker und Angehörige anderer Organisationen anwesend waren. Es ging um die sinkende Geburtenrate in Deutschland und es wurde auch kritisiert, dass Deutschland nicht genug Anreize liefern würde. Dabei gibt es für Familien inzwischen doch schon relativ viele Vergünstigungen, Steuererlasse und Kindergeld, das in den letzten Jahrzehnten auch stetig gestiegen ist.

Dennoch aber hat sich die Geburtenrate dadurch keinen Deut gebessert. Es wundert mich daher ein wenig, dass in solchen Shows weiterhin betont wird, dass finanzielle Aspekte der Grund für niedrige Geburtenraten sind. Sollte man aufgrund der Entwicklung nicht eher darauf schließen, dass Finanzen offenbar doch kein so großer Anreiz sind und wahrscheinlich auch nicht ausschlaggebend für die Entscheidung kinderlos zu bleiben?

Was denkt ihr? Könnten weitere finanzielle Anreize mehr Paare dazu bewegen sich für ein Kind zu entscheiden? Wie weit müsste man das Spiel noch treiben, um wirklich eine Erhöhung der Geburtenrate bewirken zu können?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Wenn ich mir allein die Gebühren für einen Kindergartenplatz anschaue, kann man es schon verstehen, wenn auf ein Kind verzichtet. Denn es geht vielen Familien so, dass das Einkommen eines Partners schon fast für diese Kosten aufgebraucht ist. Und wenn jetzt jemand damit argumentieren will, dass es ja für Geringverdiener die Möglichkeit gibt, dass man beim Jugendamt Zuschüsse bekommen kann, so stimmt das zwar, aber ist am Ende doch nicht so einfach.

Denn wie bei ergänzenden Leistungen beim Arbeitslosengeld II gibt es Verdienstgrenzen und wenn man nur knapp drüber liegt, dann bekommt man eben auch keine Unterstützung. Dazu die Öffnungszeiten der Einrichtungen, wo wir in den neuen Bundesländern noch relativ gut versorgt sind. In an alten Bundesländern sieht das schon wesentlich schlechter aus.

Dazu kommt die Knappheit der Betreuungsplätze, auch wenn es einen gesetzlichen Anspruch gibt. Das Geld allein wird es nicht nur sein, warum die Geburtenraten zurück gehen. Wobei man da auch den medizinischen Aspekt nicht unerwähnt lassen sollte. Es ist ja nun auch kein Geheimnis mehr, dass Umwelteinflüsse auch dafür verantwortlich sind, wenn ein Paar keine Kinder bekommen kann.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Ich finde schon, dass man da gerade noch etwas bei den Betreuungsgebühren für den Kindergarten machen muss, weil die je nach Stadt wirklich sehr hoch sein können. Ansonsten ist es eben auch nicht leicht, wenn man beruflich aktiv sein will mit einem Kind und deswegen würde auch hier eine Verbesserung mehr Sinn machen. Natürlich wird man sich trotzdem für ein Kind entscheiden, wenn man eines will, aber die Finanzen spielen sicherlich eine große Rolle. Immerhin ist man sich der Verantwortung, die man hat ja durchaus bewusst.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Welchen Anreiz für die Familiengründung braucht es mehr als das Kind an sich? Ich denke nicht, dass Deutschland da was drehen kann. Es liegt an der Einstellung der Paare. Die kriegt man auch mit Geld nicht mobilisiert.

Ich glaube, der einzige Weg wäre, Paaren von vornherein zu versichern, dass sie mit den Kindern, die sie in die Welt setzen, nichts zu tun haben müssen, wenn sie das nach der Geburt und einer gewissen Frist immer noch so wollen. Es gibt genug Paare, die gerne adoptieren würden, und wenn die Zahl der Geburten dadurch stiege, dann könnte man auch ältere Paare bedienen, weil manche erst mit 40 die Versuche der eigenen Zeugung aufgeben.

Ein entsprechender Vertrag könnte mit Diagnose der Schwangerschaft aufgesetzt werden. Oder man erleichtert die Adoption aus dem Ausland... Zugesicherte Adoption, die Paare müssen nicht mehrere Wochen ins Herkunftsland, sondern können umgehend zurück nach Deutschland.

» Tritonus » Beiträge: 134 » Talkpoints: 36,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Für ein Kind braucht es deutlich mehr Anreiz als das Kind an sich. Denn das Kind allein zu sehen, das ist zu kurz gedacht. Schließlich muss das Kind über sehr lange Zeit ernährt werden. Und da gibt es hier in Deutschland mehr als nur Risiko, dass Menschen davon abhält, sich auf ein völlig neues Leben einzulassen.

An erster Stelle steht da tatsächlich die Arbeit. Man soll Doppelverdiener sein, für viele geht es auch ohne zwei Einkommen nicht. Da helfen weder Kindergeld, noch Steuervorteile. Aber in der Regel muss einer trotzdem massive Einschnitte hinnehmen. Das fängt bei dem tollen Recht auf Kinderbetreuung an.

Hätte mein Arbeitgeber nicht für die Kinderbetreuung gesorgt, hätte ich mir den Schritt zum Kind aber deutlich stärker überlegt. Denn der Rechtsanspruch auf 25 Stunden Betreuung hätte mir gar nicht geholfen. In meinem Ort gab es nur einen Kindergarten, der eine Betreuung am Nachmittag leistet. Der hat aber keine Plätze gehabt, weil die (verständlicherweise) an Alleinerziehende gingen. Aber eine Betreuung von acht bis zwölf hätte mir bei bei einem Vollzeitjob plus zwei Stunden Fahrzeit nichts gebracht.

Dazu kommt das Problem, dass bei einer Trennung der Teil, der die Kinder hat, das Nachsehen hat. Er muss schnell wieder arbeiten, hat kein Recht auf finanzielle Unterstützung und kann aber kaum leisten, was nötig ist. Denn allein einen Vollzeitjob plus Kinder und Haushalt zu stemmen, das geht. Aber es bleibt keine Zeit mehr für einen selbst. Bei aller Kinderliebe: Dazu ist nicht jeder bereit.

Da empfand die Zeit mit den Kindern im Ausland als deutlich angenehmer. Ab den vierten Lebensjahr waren die Kinder zuverlässig bis 16 Uhr betreut. Es war vollkommen normal, dass beide Elternteile weniger arbeiten. Wir haben jeder 32 Stunden gemacht und keiner bekam deshalb einen Knick in der Karriere oder wurde schief angesehen. Dazu war das Arbeiten generell entspannter, man kam gelöster wieder heim und hatte Energie für den Rest des Tages.

Dabei gab es weniger finanzielle Unterstützung, auch der Urlaub war weniger. Trotzdem war das Leben als Familie weniger stressig. Finanzielle Anreize nützen wenig, wenn die Zeit und die Sicherheit fehlen. Eltern wollen langfristige Perspektiven, schließlich haben sie Verantwortung für ihren Nachwuchs. Und solche Perspektiven fehlen hier einfach den meisten.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Diese Anreize gibt es eben nur für Besserverdiener und die sind zu faul zum Kinder kriegen. Für die Mehrzahl bedeuten Kinder doch Hartz IV. 40 Prozent aller Alleinerziehenden bekommen Hartz IV. Mit befristeten Jobs und Zeitverträgen bekommt man eben keine Familienplanung auf die Reihe.

Gerade in jungen Jahren sind die Aussichten doch deutlich schlechter geworden und Kinder werden heute eher als Belastung denn als Bereicherung angesehen.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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