Bringt Streiken heute eigentlich noch etwas?

vom 25.11.2013, 09:49 Uhr

In einem anderen Thread hier wurde diskutiert, wie wir das finden, dass bei Amazon einige Mitarbeiter in der Adventszeit streiken wollen. Das ist hier nur am Rande erwähnt und ist nicht das eigentliche Thema, sondern nur der Aufhänger. Mir lief in der Zeit ein Artikel über den Weg. klick Darin kann man nachlesen, dass Amazon wohl gerade beabsichtigt, Logistikzentren in erheblichen Maße nach Polen zu verlagern.

So wie die Zeit den Konzern wiedergibt, hat diese Verlagerung wohl nicht direkt was mit den aktuellen Streikankündigungen zu tun. Aber man hat schon den Eindruck, dass da kaum von der Hand zu weisen ist, dass langfristig schon strategisch vorgebaut wird. Wenn dann via Polen problemlos der deutsche Markt beschickt werden kann, dann ist es der Firma nahezu egal, wenn hierzulande einige Mitarbeiter in den Streik treten. Spinnt man das Szenario ein wenig weiter, ergeben sich interessante Denkperspektiven.

Amazon ist nur ein Beispiel unter vielen. Man könnte da sicherlich viele internationale Großkonzerne als Beispiel nennen. Wenn an einem Standort die Mitarbeiter nicht wunschgemäß arbeiten, kann man heute dank der Globalisierung prima verlagern. Klar geht das nicht so einfach beim mittelständischen Betrieb um die Ecke. Beispielsweise eine Autowerkstatt kann den Standort schlecht verlegen, und trotzdem regionale Kundschaft behalten. Aber für Callcenter, Versandhändler, Möbelhersteller, Automobilkonzerne und viele andere mehr ist der Standort doch mittlerweile recht flexibel wählbar.

Vor dem Hintergrund wird klar, warum dann viele Konzerne trotz Streiks recht gelassen reagieren und die Angelegenheit erst mal abwarten. Aber wenn man als Mitarbeiter so einfach austauschbar ist, weil man ein Werk einfach schließen kann, hat man ja durch Streiks kaum noch Einfluss, oder? Die Medien berichten vielleicht über den Streik. Kurzzeitig gibt es schlechte PR. Aber bald ist dann der Sturm im Wasserglas ausgestanden.

Da fragt man sich schon, ob es sich überhaupt noch lohnt zu streiken? Aber welche Alternativen (die bitte auch legal sein sollten) hat man denn heute noch? Oder sehe ich das einfach zu düster und Streiks bewirken mehr als man meint und die Konzerne bleiben lediglich gegenüber der Presse so enorm gelassen? Stört so ein Streit so einen großen Konzern doch mehr als man meint, wenn man die Pressemitteilungen liest und hat doch noch eine Wirkung im Sinne der Mitarbeiter?

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Ich finde generell, dass zu viel gestreikt wird. Nehmen wir die Bahn. Haben die nicht bereits vor einem Jahr gestreikt? Und vor zwei Jahren auch? Die streiken doch andauernd, genau wie die Piloten. Von Amazon höre ich ebenso nicht zum ersten Mal, dass die Mitarbeiter streiken wollen. Ich finde, es reicht auch mal. Und da geschieht es den Leuten recht, wenn man ihrer ständigen Streikerei einen Riegel vorschiebt.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ein Unternehmen wie Amazon zu bestreiken, bringt tatsächlich recht wenig. Amazon ist viel zu clever, als sich von Streiks beeindrucken zu lassen. Schließlich haben es die Streikenden noch nicht einmal geschafft, das Weihnachtsgeschäft ernsthaft zu beeinträchtigen.

Meiner Meinung nach wird Amazon aus den falschen Gründen bestreikt. Die Gewerkschaften kämpfen dafür, Amazon als Einzelhändler einzustufen, damit die Angestellten mehr Geld bekommen. Das vorrangige Ziel sollte aber erst einmal die Beseitigung der miesen Arbeitsbedingungen sein. Schließlich war das auch mal der Grundgedanke einer Gewerkschaft und hier könnte er mal wieder relevant sein. Aber das Thema Arbeitsbedingungen rückt eigentlich immer in den Hintergrund. Außerdem gibt es hier ja auch inzwischen ganz klare gesetzliche Regelungen. Man müsste also nicht streiken, sondern könnte klagen.

Bei Industrieunternehmen ist ein Streik oft auch sinnlos. Die Unternehmen können sich ganz gut darauf einstellen und manchmal sind sie sogar froh über Streiks, wenn dadurch Überkapazitäten billig reduziert werden. Meist kann ja trotz Streik eine Produktion auch aufrecht erhalten werden, um zumindest dringende Aufträge erledigen zu können. Und zur Not holt man sich einfach ein paar Leiharbeiter, die die dringenden Arbeiten erledigen. Das verbreitet zusätzlich Unsicherheit bei den Streikenden, da sie dann merken, dass sie leicht ersetzbar sind.

Der Bahnstreik hat einen ganz besonderen Charakter. Erst einmal ist der gesellschaftliche Schaden enorm bei einer zweifelhaften Wirkung. Außerdem geht es hier gar nicht um das Wohl der Belegschaft, sondern ist nur ein Machtkampf zwischen zwei Gewerkschaften. So etwas muss von der Politik unterbunden werden und die arbeitet zum Glück ja auch an Plänen, um den Handlungsspielraum von mehreren Gewerkschaften in einem Betrieb einzuschränken.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



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