Studium / Uni: Berufserfahrung auf Semester anrechnen lassen
Lange Zeit war es Usus, dass man trotz bereits bestehender Kenntnisse aufgrund eines Berufs im Studium immer wieder bei 0 anfangen musste – doch kann das in Zukunft vielleicht anders aussehen. Vielleicht denn an der Universität Oldenburg will man vom bisherigen System langsam abkehren und Kompetenzen von Berufserfahrenen auf Studienmodule anrechnen um so das Studium für diese Gruppe zu verkürzen. Bereits jetzt rechnet man damit, dass andere Unis in Deutschland aufgrund des Bologna Prozesses nachziehen werden um die Durchlässigkeit zu erhöhen. Bisher gab es die Anrechnung seit 2 Jahren nur im Studiengang (Bachelor) Business Administration und der Erfolg gibt ihnen bisher recht – so können 50 % der Scheine durch Vorerfahrungen eingespart und das Studium so kürzer gestaltet werden und auch eine teure Doppelausbildung vermieden wird.
Das Konzept richtet sich insbesondere an Unternehmer und Studienabbrecher, deren Berufserfahrung berücksichtigt werden kann – und so ein schnelles Studium ermöglicht wird ohne bereits vorhandenes Wissen in unnötigen Prüfungen und durch Herumsitzen bestätigen zu müssen. Durch diese „Motivationsmaßnahme“ wollen viele der „Berufsstudenten“ oft im Anschluss auch ihren Master machen. Dieser Studiengang, der die vorhandenen Fertigkeiten berücksichtigt, dass muss man anmerken, ist natürlich auch kein völlig normaler, sondern ist darauf ausgerichtet dass die dort teilnehmenden Studenten oft noch nebenher arbeiten müssen und selten ihre Arbeit unterbrechen können. Außerdem haben die Teilnehmer gegenüber normalen Erstsemestern ein völlig anderes Niveau an Lebenserfahrung und Arbeitserfahrung was ein Zusammenlegen erschweren würde. Trotzdem soll laut Uni Oldenburg dieser Studiengang zukunftsweisend sein – und aufgrund der starken Nachfrage der Wirtschaft sei ein Ausbau wahrscheinlich und ein wachsendes Angebot an anderen Studiengängen und an anderen Universitäten.
Die Wirtschaft fordert vor allem mehr solche Studiengänge aufgrund des bestehenden Mangels an ausreichend qualifizierten Fachkräften – und ein Studi mit Berufserfahrung stellt im Sinne der Wirtschaft die perfekte Symbiose zwischen Wissen und Erfahrung dar. Angeregt durch die positiven Erfahrungen der Uni und aufgrund des Bedarfs der Wirtschaft rief nun auch die Bundesregierung die Initiative ANKOM (Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge) ins Leben die zwölf Modellstudiengänge ohne Zugangshemmnisse umfassen soll.
Die ANKOM ist aus Sicht der Regierung allein deswegen notwendig, da sich zwar viele Universitäten in Deutschland den Vorgaben des Bologna Prozesses beugten mit der Einführung und Umstellung auf Master und Bachelor, jedoch mit der besseren und höheren Durchlässigkeit immernoch Probleme haben – auch wenn beispielsweise die Leuphana Uni in Lüneburg vor weniger Wochen das Projekt offene Hochschule, gefördert durch das Land Niedersachsen mit 23.000 Euro, startete um auch Nicht Abiturienten den Zugang zur Uni zu ermöglichen. Dabei kooperiert man intensiv mit der Wirtschaft in Form der IHK, da Kompetenzen die im Rahmen von Lehrgängen oder Zusatzausbildungen erworben wurden per Punktesystem auf das Studium angerechnet werden – für Industriefachwirte fällt z. B. das Modul „Produktion“ im Rahmen des Bachelorstudiums weg.
Jedoch gibt es immernoch recht hohe Zugangsbarrieren – denn damit der „Wert“ des in Aussicht stehenden Abschlusses gewahrt bleibt muss die entsprechende Qualifikation mit entsprechenden Unterlagen aufwendig belegt werden. Außerdem erfolgt eine Prüfung durch die Uni, ob die Kenntnisse auch wirklich gleichwertig zu den Studienmodulen der Uni sind.
Vorreiter ist Deutschland hier übrigens nicht, denn im Ausland gibt es diese Modell in weit größerer Breite schon lange – und so kann dort auch jemand, der niemals eine Uni besuchte aufgrund der ausreichenden Qualifikation einen Uni Abschluss besitzen. Das soll es in Deutschland jedoch nicht so schnell geben.
In BWL-Studiengängen mag das funktionieren, aber im MINT-Bereich ist ein solches Modell eigentlich undenkbar. Natürlich kann man auch dort das Studium verkürzen und es gibt durchaus auch Ansätze dafür, aber das bedeutet gleichzeitig auch eine Reduktion des Stoffumfangs.
Das Vorwissen ist im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich auch bei beträchtlicher Berufserfahrung nur in sehr begrenzten Umfang vorhanden. Ein technisches Studium besteht nun einmal in seinem Kern aus der Mathematik und die eignet man sich nur sehr selten im Berufsleben an. Es ist schon heute so, dass man im ersten Semester sehr viel Abiturstoff wiederholen muss, weil das den Leuten vom zweiten Bildungsweg fehlt. Eigentlich könnte man also das Studium eher für Abiturienten verkürzen.
Jetzt kann man natürlich fragen, wie viel Wissen man tatsächlich braucht, um im Berufsleben zum Beispiel als Ingenieur arbeiten zu können. Möglicherweise reicht auch das verkürzte Studium. Dann sollte man aber diese Möglichkeit allen öffnen und nicht nur Leuten mit Berufserfahrung. Man könnte ja dann für diese Leute immer noch eine Art Referendariat einführen, also den Nachweis von einem Jahr Berufserfahrung, bis sie ihre Abschlussbezeichnung tragen dürfen.
Ein Vergleich mit dem Ausland ist schwierig, weil dort der Hochschulabschluss nicht den gleichen Stellenwert hat. Teilweise ist das, was bei uns ein staatlich geprüfter Techniker oder ein Fachwirt ist, im Ausland schon Bachelor. Aber genau diese Tatsache bringt den deutschen Studienabschlüssen im Ausland einen sehr guten Ruf ein. Das gefährdet man mit solchen Kurzstudiengängen sehr stark.
Im Übrigen halte ich es für keine Zeitverschwendung, wenn man ähnlichen Stoff noch einmal aus einem anderen Blickwinkel vermittelt bekommt. Gerade die Hochschulen haben doch einen ganz anderen Blick auf viele Themen und auch wenn der Inhalt gleich ist, ist die Methodik gerade das, was den entscheidenden Unterschied bringt.
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