Die (Ohn)Macht der Verbraucher

vom 06.09.2008, 16:36 Uhr

Eigentlich bemerke ich wie "wehrlos" ich doch trotz aller Bla Bla versprechen als Verbraucher bin. Gammelfleisch und Co. stecken mir immer noch im Nacken und die diesjährige Preisexplosion in den existenziellsten Bereichen haben " Ängste " geweckt die ich vorher nicht kannte. Entweder wurde es tot geschwiegen oder war für die Öffentlichkeit zu irrelevant, wenn die Medien über Armut in Deutschland sprachen, zumindest war mir nicht bewusst, dass auch wirklich in Deutschland Menschen Hungern (vor der Euro Zeit und Hartz 4).

Wenn ich heute Berichte Lesen oder schaue wie die Menschen Ihr Konsumverhalten ändern, und dabei spreche ich nicht von Sozial Schwachen Familien oder alleinerziehenden, sondern von ganz normalen Haushalten bei denen 2 Personen berufstätig sind , dann denke ich oft , dass wenn es so weiter geht , insbesondere im Lebensmittelbereich, die Sozial Schwachen bald noch nicht einmal mehr ein Hungertuch haben werden an dem Sie Nagen können .

Wir waren dieses Jahr in Portugal im Urlaub und haben uns entschlossen eine günstige Ferienwohnung an zu mieten mit Selbstverpflegung. Ich sage euch: Wer glaub er könnte dort mit 20,- Euro für 4 Personen eine warme Mahlzeit zaubern, der irrt gewaltig. In den Einkaufswagen dort findet man überwiegend Milch, Wasser, Nudeln, Reis, Kartoffeln und Gemüse, sowie Obst. Kellogs gehören auch noch dazu und reichlich Diätjoghurts. Wenig Fleisch und Fisch.

Erschrocken hat mich die Tatsache, dass bei vielen im Einkaufswagen Babybreie waren, obwohl ich keine Kleinkinder gesehen habe. Unser Bekannter der dort wohnt meinte, dass es nicht unüblich ist, denn aufgrund der Preissteigerungen greifen viele zu Babynahrung / Brei um sich hieraus eine sattmachende Mahlzeit zubereiten! Leute, das darf doch echt nicht war sein, oder?!

Ich kann mich noch gut erinnern, als die No Name Marken, ein Ding der Discounter war und wer beim Discounter kaufte mit dem Vorurteil behaftet wurde einen Migrationshintergrund zu haben oder nur evt. geizig war. Heute sind die Discounter Spitzenreiter im Abverkauf und der Markt ist gesättigt mich Kochbüchern die günstige Discounter - Rezeptvorschläge offenlegen.

Schon merkwürdig welchen Wandel die Zeit mit sich bringt. Sicherlich, wissen wir als aufgeklärte Verbraucher, dass die sog. White Labels der Discounter auch vom Markenhersteller kommen können, doch wie auch gestern noch in der Onlineausgabe einer Zeitung gelesen, wollen diese zum einen immer noch nicht mit diesen Produkten in Verbindung gebracht werden und zum anderen wir über die Gewinnmargen der Händler ein schweigen ausgeübt, was doch dem Verbraucher mehr als genug sagt.

Natürlich habe auch ich mich im Netz einfach mal umgeschaut und suche nach Sparmöglichkeiten, jedoch bin ich es leid. Bei ebay zu kaufen ist mir in bestimmten Dingen zu riskant, da dort, denke ich immer mehr Händler Angebote anbieten aber diese als Privatverkäufe tarnen, was direkt meine Verbraucherrechte einschränkt. Irgendwelche dubiosen Angebote wollen mein Geld um mir Spartipps oder Händlerlisten zukommen zu lassen, und das was anfänglich Preiswert ausschaut stellt sich dann am Ende als teuer heraus. Auf die Dummen Lockangebote & Geschenkgutscheinaktionen, lass ich mich schon lange nicht mehr ein.

Ich habe aber auch keine Lust auf Qualität zu verzichten und denke ich habe das Recht "echte" Qualität zu einem Fairen Preis zu verlangen. Es geht nicht ohne Lebensmittel und den Herstellern ist es egal ob Sie nun Ihre White Labels verkaufen oder Ihre Markenartikel, verkauft wird so oder so .

Eine Freundin von uns hat uns vor kurzem auf eine Website aufmerksam gemacht, die öffentlich dazu aufforderte, dass jeder Bürger denen via email und kostenfrei, Markenlebensmittel vorschlagen sollte inkl. einer realistischen Preisvorstellung für die gleichen. Also habe ich mir diese Website angeschaut und ein wenig herumgestöbert und gesehen, dass es sich um einen Shop handelt der mal wieder mit den besten Preisen warb. Der Hammer, es handelte sich um Feinkost :-(.

Den Aufruf hab ich dann auch gelesen und einfach einmal meine Produktvorschläge abgeschickt. Ausgesucht haben wir uns Babyartikel, da wir noch eine kleine Maus im Haus haben. Da wir nach 3 Wochen immer noch keine Antwort hatten, bin ich nochmal auf die Website gegangen um nach zu schauen und siehe da, es gab einige Veränderungen, jedoch die Preise waren nicht unbedingt günstiger als im normalen Handel.

Irgendwie enttäuscht und sauer hab ich denen eine email geschickt und gefragt, ob diese Umfrage eine verarsche sei und habe folgende Antwort erhalten die ich teilweise zitieren möchte: "Derzeit besteht lediglich eine Abnahmevereinbarung für die auf der Webseite veröffentlichten Markenprodukte. Die angegebenen Preise entsprechen nicht den realen Kundenverkaufspreisen sondern entsprechen den Händlerpreisen ohne Rabatte.

Die Verhandlungen über den tatsächlichen Produktendpreis gestallten sich schwierig, denn in der Regel können die Hersteller aufgrund Vereinbarungen mit Großabnehmern selten gleichwertigen Abnehmern den gleichen Rabatt einräumen wie den Großkunden /Altkunden. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Unsere Abnahmeverpflichtung beläuft sich auf 10.000,- Euro/mtl pro Produkt. Üblich sind im Handel standardmäßig 10%, welche unsere Leitung nicht akzeptiert.

Ein wichtiges Argument ist auch die Zahl der abgenommen Menge. Es lassen sich einfacher großzügige Rabatte erwirken um so höher die Abnahmemenge. Unser Ziel , dem Endverbraucher gute Preise anbieten zu können, hängt also nicht nur zum einen von dem Verhandlungsgeschick ab sondern auch von der Anzahl der Verbraucher die wir bedienen dürfen"! Also, ob nun ehrlich oder nicht, aber wenn ich die Aussage richtig verstanden habe bestimmen Großhändler den Markt und die Hersteller sind kusch. Leider kann ich auf Lebensmittel ja nicht verzichten oder wie bei Benzin mir eine andere Tankstelle suchen. Aber heftig finde ich es schon!

Also bleibt mir nichts weiter als 2 mal zu überlegen wie, mit was und wo ich mein Geld ausgeben, denn allem Anschein nach lässt sich hier nicht viel machen, oder ?

» kaijoschua » Beiträge: 1 » Talkpoints: 2,00 »



Könnte es nicht sein, dass heute einfach aufgeklärter sind und einen wesentlich breiteren Zugang zu Informationen haben, als früher? Das die Medien heute auch wesentlich schneller sind, als noch vor zwanzig Jahren oder gar vor hundert Jahren?

Gammelfleisch hat es schon immer gegeben. Beziehungsweise wird heute auch einiges in die Schublade Gammelfleisch gesteckt, was in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts keinen Menschen interessiert hätte. Oder an einem anderen Beispiel erklärt, hatte ein Kind einen Ausschlag, hat man den zwar beachtet. Heute schleppt man das Kind von einem Hautarzt zum Anderen, um Neurodermitis und Konsorten entweder zu diagnostizieren oder ausschließen zu können.

Sicherlich hat alles seine Berechtigung. Ich bin froh, dass man heute eben Erkrankungen besser, schneller, umfassender und auch heilbarer behandeln kann. Das auf einem Päckchen Salz, welches kaum verderben kann, mittlerweile ein Mindesthaltbarkeitsdatum aufgedruckt sein muss, halte ich für teilweise übertrieben.

Manchmal fühle ich mich aufgrund der vielfältigen Information durchaus auch eher ohnmächtig. Nehmen wir den Skandal um das Pferdefleisch in Lasagne. Ich fand den Gedanken generell auch nicht so prickelnd. Und wenn ich eine Lasagne aus Rind- und/oder Schweinefleisch kaufe, möchte ich da auch kein Pferdefleisch drin haben. Auf der anderen Seite, was man nicht weiß und so weiter. Manches will ich nicht wirklich wissen.

Da du aber auch Preise angesprochen hast, denke ich an solchen Skandalen, wie eben mit dem Pferdefleisch - sind da nicht auch wir Verbraucher ein wenig mit dran Schuld? Lebensmittel sollen möglichst günstig sein. Irgendwo muss der Preis ja auch her kommen.

Zu den Preisen, die man teilweise gefühlt ungerecht empfindet und die teilweise eben auch durch Massenabnahmen gesteuert werden. Das war auch vor den Zeiten des Internets schon so. Mein Vater, der eine Metzgerei hatte, bekam mal von einem Lieferanten ein Angebot gemacht, wie er bestimmte Waren in einem Aktionszeitraum günstiger bekommen kann und auch günstiger verkaufen kann. Ein paar Tage später sah er genau diese Waren im nächsten Supermarkt, der die Artikel zu dem Preis verkauft, für die sie mein Vater einkaufte. Eine Anfrage beim Hersteller brachte dann nur, ja der Supermarkt nimmt ja ganz andere Mengen ab.

Ich habe auch wenig Geld und bin dadurch darauf angewiesen, möglichst günstig zu kaufen. Aber ich frage mich trotzdem teilweise, wer da im Endeffekt mehr drunter leidet. Denn irgendwie müssen die günstigen Preise ja zu Stande kommen. Was eben dann auch zu Dumpinglöhnen und minderwertigen Rohstoffen führt.

Ich sehe das beim Preiskampf teilweise auch im Bereich Handarbeiten. Ich kenne einige, die für ein paar handgestrickte Socken möglichst nur maximal fünf Euro ausgeben wollen. Wenn man aber eine anständige Sockenwolle kauft, ist man da schon locker bei knappen zehn Euro alleine für die Wolle. Die Arbeitszeit sollte zumindest halbwegs honoriert werden. Ein Paar Socken ist nicht einfach mal in zehn Minuten gestrickt. Das man keine fünfzehn Euro Stundenlohn bekommt, ist nachvollziehbar. Aber es sollte schon ein wenig mehr als Materialkosten dabei raus springen.

Oftmals ist es hier aber leider so, dass dann mit maschinell gefertigter Ware verglichen wird. Bei C & A, Kik, Aldi und Konsorten bekommt man ein Paar Socken schon für einen Euro rum. Warum also mehr ausgeben? Und lass die dicken Socken, die zumindest schon mal fast so ähnliche wie selbst gestrickte Socken wirken mal drei Euro kosten. Dann wird aber umgehend gefragt, warum das keine Strickerin anbietet und es wird von Wucher gesprochen, wenn jemand zehn Euro oder mehr für ein Paar selbst gestrickte Socken einnehmen will.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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