Tutorium verschulen - hat es einen Sinn?

Ich bin jetzt mittlerweile im 5. Semester und bisher war es in jedem Seminar oder Tutorium immer so, dass selbst entscheiden konnten, ob wir etwas vortragen wollen oder nicht. Wenn jetzt jemand eine bestimmte Aufgabe gar nicht lösen konnte, wurde er auch nicht dazu aufgefordert diese vor der Gruppe zu lösen. Das ging auch immer sehr gut und die meisten Sachen hat sowieso der Tutor selbst gemacht, dafür ist er schließlich auch da und wenn man alle Sachen selbst und aus Lehrbüchern lösen könnte, bräuchte man auch keine Tutorien.

Jetzt im neuen Semester habe ich eine Tutorin, die der absolute Horror ist, wenn man so will. Nachdem keiner die Sache gelöst bekommen hat, hat sie aus ihrer Liste einfach irgendwelche Namen herausgelesen und die Leute dann gezwungen nach vorne zu kommen und die Sachen zu lösen. Da diese es nicht konnten haben wir statt 2 ganze 3 Stunden gebraucht, da jeder total belämmert vorne rumstand und nicht wusste, wie ihm geschah.

Als wir dann bei einem Problem nicht weiter kamen, bat sie das jeder sich das Problem nochmal ansehen sollte und als dann die Leute anfingen das Problem miteinander zu lösen, schrie sie los jeder solle alleine arbeiten und nicht in der Gruppe. Ich habe mich gefühlt wie im Kindergarten. Ob man zu diesem Tutorium gehen will oder nicht bleibt jedem selbst überlassen und alle Dozenten sind sich darüber einig, dass die Leistungen der Studenten besser sind, wenn sie zusammen lernen und sich austauschen, anstatt immer alleine zu büffeln.

Am Ende des Tutoriums waren sich alle darüber einig, dass die Tutorin irgendwas falsch macht. Nach dem vierten Semester scheint sie irgendwie die Abzweigung für die Lehrämtler verpasst zu haben, ihr Tutorium kam einem eher vor wie schlechter Unterricht in der Unterstufe. Tutorien sind nicht dafür da Studenten zu prüfen und ihre Unwissenheit der Gruppe vorzuführen, man soll gemeinsam Probleme lösen und wenn jemand es geschafft hat das Problem kreativ zu lösen, dann kann er es vor der Gruppe vortragen, wenn er denn will. Gezwungen wurde bisher keiner, bis jetzt.

Ich werde nächste Woche auf jeden Fall das Tutorium wechseln und zu einer anderen Gruppe gehen, da ich mir so was wirklich nicht geben muss. Die Studenten waren alle total demotiviert und lustlos, weil ihre Methoden einfach lächerlich waren und man sich an die Schule zurückerinnert gefühlt hat. Habt ihr das an der Uni auch schon erlebt? Findet ihr das in Ordnung? Könnt ihr in einer solchen Atmosphäre lernen?

So eine Tutorin habe ich auch noch nicht erlebt und bisher auch noch nicht gehört, dass es so etwas überhaupt gibt. Ich kenne das eher so (zumindest vor dem Hochschulwechsel), dass die Tutorien so etwas waren wie eine Vorlesung im Prinzip. Dort war das so, dass die Tutoren im Prinzip den Stoff der Vorlesung noch einmal durchgekauft haben im Vorlesungsstil, sie standen also vorne und haben alles runter gerattert. Hin und wieder wurde nach einer Definition gefragt, aber das war es auch schon.

Hier ist das jedoch ganz anders. Erstens sind die Tutorien eher klein (20-25 Personen) und dafür gibt es dann mehrere Tutorien zu unterschiedlichen Zeiten und nicht ein einziges für den gesamten Jahrgang. Dementsprechend ist die Atmosphäre viel besser, schon fast familiärer und man kann besser zusammen lernen und Fragen erörtern.

Ich hatte vor einigen Semestern ein Tutorium, wo der Tutor echt Klasse war. Es ging damals darum, dass wir für eine Vorlesung etwas Routine mit einem bestimmten Programm geübt haben, das sehr störanfällig ist und an dem jedes Jahr unzählige Studenten verzweifeln. Wir haben dann in jeder Stunde des Tutoriums Aufgaben mit diesem Programm bearbeitet und der Tutor hat uns alles mit so einer engelsgleichen Geduld erklärt und nie jemanden gedemütigt. Man konnte ihm auf Deutsch gesagt die aller dämlichste Frage stellen und er hat sich trotzdem die Zeit genommen und sie ausführlich beantwortet ohne einen schief anzusehen. Da ist man auch gleich motivierter, mehr zu lernen und sich anzustrengen.

Ich stimme dir definitiv zu, dass eure Tutorin irgendwie den Anschluss an die Didaktik verpasst hat. So kann das echt nicht weiter gehen. Ich bin froh, dass wir solche Exemplare bei uns nicht haben.