Wie lange Pferde warm reiten?
Ich habe vor einigen Tagen mal wieder eine Diskussion auf Facebook mitlesen können, bei der es darum ging, wie lange man sein Pferd den warm reiten sollte. Ich reite nun auch schon seit vielen Jahren und habe von Anfang an gelernt, dass man sein Pferde eben aufwärmen muss. Schließlich machen Pferde auch Sport und können sich daher genauso wie Menschen verletzen.
Es gibt Menschen, die reiten ihre Pferde tatsächlich gar nicht warm, oder aber gleich eine halbe Stunde. Ich finde nichts von dem angemessen. Zu kurz ist auf jeden Fall sehr schädlich für das Pferd, dann muss man sich auch nicht wundern, wenn es dann mal einen Sehnenschaden etc. bekommt.
Auf der anderen Seite kann man natürlich auch 30 Minuten im Schritt warm reiten, ich frage mich nur was da bringt. Klar, schaden kann es auf keinen Fall, aber es ist eben übertrieben. Zudem muss man danach ja auch wieder trocken reiten, dann hat man ja fast eine Zeit mehr in der man mit dem Pferd arbeiten kann.
Wie macht ihr das? Wie lange reitet ihr euer Pferd warm und mit welcher Begründung habt ihr diese Zeit gewählt? Oder reitet ihr gar nicht warm und habt andere Alternativen wie z.B. ein Solarium oder eine Führanlage? Ich reite schon mein ganzen Leben lang 10 Minuten Schritt und so wird es auch bleiben. Danach sind die Muskeln aus meiner Sicht ausreichend gelockert.
Das man nach dreißig Minuten Schrittreiten keine Zeit mehr hat, um noch etwas mit seinem Pferd zu machen, ist doch gar nicht wahr. Man kann doch schließlich auch mal länger als nur eine fix angesetzte Stunde reiten. Schließlich gibt es kein Gesetzt und keine Grundregel in der stehen würde, dass ein Pferd nur sechzig Minuten am Tag geritten werden darf.
Wie lange ein Pferd warm geritten werden sollte, hängt natürlich auch mit vom jeweiligen Pferd ab. Als Faustregel gelten um die zehn Minuten. Ich mache es von meinem Pferd abhängig. Ich reite immer mindestens fünf Minuten im Schritt am langen Zügel, bevor ich, wenn mein Pferd mir gelöst erscheint, im Schritt mit der Arbeitsphase beginne. In so einem Falle würde ich eine zweite Lösungsphase im Trab einschieben, bevor ich auch im Trabe mit der Arbeitsphase beginne.
Ein Pferd wird ja auch nicht nur aufgewärmt, weil man es Schritt reitet. Man muss auch im Schritt darauf achten, dass man es löst und es sich entspannt und lockert. Ansonsten wäre ja jede Schrittphase automatisch auch eine Erholungsphase, was definitiv nicht so ist.
Bei meiner alten Stute, die nun nicht mehr geritten wird, waren fünf bis zehn Minuten Lösungsphase im Schritt allerdings zu wenig. Das liegt nun einmal mit an ihrem Alter und daran, dass sie von Natur aus eher angespannt ist. Die Lösungsphase habe ich ausgedehnt auf mindestens zwanzig Minuten im Schritt und einer kurzen anschließenden Lösungsphase im Trab, bevor ich die Arbeit aufgenommen habe. Mit dieser langen Lösungsphase bin ich immer sehr gut gefahren.
Was ich noch wichtig finde ist, dass man diese Lösungsphasen nicht nur beim Reiten einhalten sollte, sondern auch beim Longieren! Immer wieder sieht man Leute, die ihre Pferde zum longieren in die Bahn führen und bei denen das Pferd dann fast sofort antrabt. Für mich ist das unverständlich und auf jeden Fall auch ein Zeichen von deutlich falschem Umgang. Und wenn das Pferd von sich aus antrabt, natürlich auch von mangelnder Erziehung. Schon meine bald dreijährige Stute hat gelernt, dass erst angetrabt wird, wenn ich das von ihr erwarte - und das ist nicht, bevor sie gelöst im Schritt mit vorwärts-abwärts gerichtetem Hals schreitet. Wie lange das in Minuten ist, ist immer unterschiedlich.
Deswegen halte ich auch nichts davon, starr eine gewisse Zeit lang im Schritt zu reiten. Viel wichtiger ist es, dass man direkt sein Pferd in der Lösung und Entspannung unterstützt und individuell entscheidet, wann es genug ist und man mit der Arbeit beginnen kann. Bei leichter Arbeit kann die Lösungsphase vielleicht mal etwas kürzer ausfallen, gänzlich verzichten sollte man auf sie aber nie!
Man kann ein Pferd doch nicht nach der Uhr warm reiten. Wie lange das Aufwärmen und das Lösen dauert, das gibt doch allein das Pferd vor. Meine alte Stute benötigte mit 27 Jahren rund 30 Minuten Arbeit im Schritt. Danach standen in etwa 20 Minuten ganz im Zeichen von Dehnen und Biegen. Da ging es schwungvoll in die Tiefe, auch Traversalen locker im leichten Trab. Anschließend eine Arbeitsphase von vielleicht 10 Minuten, für mehr reichte die Kraft in der Versammlung nicht mehr. Und dann nochmals 20 Minuten zum wieder ausschnaufen. Bei entsprechendem Wetter ging sie zum Entspannen auch gerne Bummeln im Gelände.
In den ersten zwei Jahren komme ich bei einem jungen Pferd gar nicht über das Lösen hinaus. Da bestimmen Schritt in der Dehnung, lockeres Traben und galoppieren im Gleichgewicht den Alltag. Auch ein verrittenes Pferd benötigt oft über Monate nur gezielte Arbeit, die Fehlhaltungen und Verspannungen beseitigen. Da ist man ständig wieder im Schritt und stellt immer wieder die Entspannung her, damit es wieder weitergehen kann.
Ein Kochrezept, nach dem man 10 Minuten Schritt reitet, 10 Minuten mit Leichttraben verbringt, dann angaloppiert und danach 30 Minuten einfach reitet, um mit 10 Minuten im Schritt abzuschließen, kann nicht funktionieren. Da sind die Fahrer der Formel 1 ja feinfühliger, wenn sie die Reifen aufwärmen.
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