Psychopathen in der Gesellschaft meiden?

vom 26.03.2015, 18:23 Uhr

Vor kurzem habe ich das Buch von James Fallon gelesen ''Der Psychopath in mir''. Fallon, ein berühmter Neurowissenschaftler, findet beim Arbeiten mit Psychopathen zufällig heraus, dass er das gleiche Gehirn hat und somit eine Veranlagung zum Psychopathen besteht. Das er nie auffällig geworden ist, behandelt er später in unterschiedlichen Theorien die heute wichtige Grundlage dafür sind, wann ein Mensch gewalttätig und verhaltensauffällig wird und wann nicht.

Fallon schreibt in seinem Buch, dass viele Menschen in unserer Gesellschaft als Psychopathen geboren werden. Dass das Gehirn sich in diese Form entwickelt kann beispielsweise auf Stress in der Schwangerschaft und andere Ursachen zurück gehen. Die meisten Psychopathen aber bleiben unentdeckt und sind nicht gefährlich. Nur wenige Individuen werden gefährlich und Fallon hat die Theorie aufgestellt, dass sie alle vorher missbraucht oder vernachlässigt worden sind, was letztendlich der Auslöser war.

Wächst ein solches Kind unter normalen Verhältnissen auf, passiert in der Regel nichts, Fallon schreibt sogar, dass Psychopathen eine Bereicherung für die Gesellschaft sind, denn viele von ihnen sind ungewöhnlich ehrgeizig und erreichen ihre Ziele eher und konsequenter, als normale Menschen. Deswegen gibt es in der Politik, im Finanzgeschäft und vor allen Dingen in der Wissenschaft sehr viele Psychopathen.

Fallon schreibt aber auch, dass sich einige wenige Personen von ihm abgewandt haben, nachdem herausgekommen ist, dass er ebenfalls das Gehirn eines Psychopathen besitzt. Es waren wirklich wenige, aber eine Frau hat ihm beispielsweise auch direkt gesagt, dass sie aus diesem Grunde nichts mehr mit ihm zu tun haben möchte. Viele andere Menschen wollten seit der Entdeckung aber auch mehr mit ihm zu tun haben.

Ich selbst denke, dass ich einen Menschen auf keinen Fall meiden würde, wenn herauskommen würde, dass er eine psychopathische Veranlagung hat. Schließlich hatte man auch vorher einen normalen Umgang mit ihm. Diese Menschen haben bestimmte Fähigkeiten, beispielsweise können sie besonders charmant und freundlich sein und jemanden um den Finger wickeln, wenn sie etwas wollen. Auf der anderen Seite aber mangelt es ihnen mitunter an Empathie, wenn es darum geht, ihre Ziele zu erreichen.

Wenn man einen Menschen soweit durchschaut hat, dass man merkt, wann er etwas tut weil er nett ist und wann er nur etwas tut, weil er später ebenfalls einen Gefallen einfordern möchte, muss man nichts mehr von einem Psychopathen befürchten und kann daraus vielleicht eher noch Vorteile ziehen, denn Psychopathen können sehr ehrlich Menschen sein, die ihre Meinung gerade heraus sagen, ohne sie zu verschönern und auszuschmücken und das gefällt mir an ihnen besonders gut.

Deswegen würde ich solche Menschen eher schätzen und ehrlich gesagt finde ich es auch gar nicht schlimm, wenn jemand mir nur einen Gefallen tut, damit er später auch einen von mir fordern kann. Wie seht ihr das, würdet ihr euch von Menschen abwenden, bei denen herauskommen würde, dass sie das Gehirn eines Psychopathen haben? Warum würdet ihr das tun? Hättet ihr Angst vor solchen Menschen? Warum, weil in den Medien ein bestimmtes Bild von Psychopathen kursiert?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich denke, wenn ein Psychopath sich normal und angepasst verhält, dann ist es gar kein Psychopath. Er hat nur eine genetische Struktur, die ein bestimmtes Verhalten wahrscheinlicher macht, aber wenn der auslösende Stress fehlt, dann kommt das nicht zum Tragen und dann wird der Mensch mit dieser Veranlagung nicht zum Psychopathen.

Was Du beschreibst, dass diese Menschen charmant sind usw., andere um den Finger wickeln - das klingt eher nach Narzissten. Ein Psychopath wäre für mich eher jemand, der das gar nicht kann, der keinerlei Verständnis von anderen hat und der es eben nicht beherrscht, andere für sich zu gewinnen. Also ich glaube, dass der Autor des Buches da den Begriff Psychopath falsch verwendet.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 26.03.2015, 20:52, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich weiß auch nicht, warum ich plötzlich einen Menschen meiden sollte, mit dem ich mich gut verstanden habe, nur weil mir durch Zufall bekannt wird, dass er psychopathische Anlagen besitzt. Wie ich das verstanden habe, sind es ganz annehmbare Menschen, die nur aufgrund eines bestimmten Auslösers gefährlich werden können. Gibt man ihnen diesen Anlass nicht, scheinen sie liebenswürdig und charmant zu sein. Keiner von uns weiß, welche schlechten Anlagen wir mitbekommen haben. Es wäre schlimm, wenn man uns auf Verdacht hin meiden würde.

Aber weil sie charmant sind, heißt es nicht, dass sie Narzissten sind. Ein Narzisst müsste gut zu unterscheiden sein von einem Psychopathen.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich kenne weder den Autor, noch habe ich das Buch gelesen. Von daher ist es schwierig, konkret was dazu zu sagen. Es hört sich in jedem Fall interessant an.

Im Moment denke ich eher an die Unterschiede zwischen Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung. Möglicherweise verhält sich der Autor gar nicht so normal, wie er das von sich denkt? Vielleicht hat seine Frau ja nach der Diagnose ein Aha-Erlebnis gehabt und konnte sich plötzlich erklären, warum ihr Ehemann in den letzten Jahren immer komischer wurde und hat sich gedacht, es ist vielleicht besser, so schnell wie möglich auf Nummer sicher zu gehen und sich zu trennen? Weiß man das? Ich will da niemandem unbekannterweise etwas unterstellen! Aber denkbar wäre es, oder?

Ich weiß es ehrlich nicht, wie ich mit einem Verwandten oder engen Bekannten umgehen würde, wenn ich von so einer Diagnose erfahren würde. Vermutlich würde ich mich erst mal eingehend belesen und dann weiter sehen, was sinnvoll ist. Denn ich denke, dass Psychologie und das erkennen von psychischen Erkrankungen bei den meisten Leuten eine Bildungslücke sein dürfte. Schließlich lernt das ja kaum jemand in der Schule.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Grundsätzlich meidet man doch schon von sich aus Personen mit einer bestimmten Vorgeschichte. Als Mutter will man sicher keine Person mit diversen Vorstrafen in der Nähe seiner Kinder. Man kann eben nicht jeden heilen und ich unterstütze niemanden, der ohne die entsprechende Notsituation kriminelle Handlungen begeht und diese auch noch verteidigt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 31.03.2015, 18:22, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Ich glaube nicht, dass ich jemand meiden würde, den ich länger kenne und der mir erzählen würde, er hätte ein Psychopathenhirn. Das fände ich wahrscheinlich eher witzig und würde ihn nach dem Inhalt seiner Tiefkühltruhe fragen. Allerdings hätte ich mir doch schon längst ein Bild von der Person gemacht und erkannt, ob ich mit ihm klar komme oder nicht.

Ansonsten ist es einfach so, dass man tatsächliche Psychopathen nicht meiden kann, wenn diese es nicht möchten. Das reizt sie umso mehr.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich frage mich, woran man im Alltag erkennen möchte, ob man einen Psychopathen vor sich hat. Ich meine, man sieht ja nie die komplette Persönlichkeit, sondern nur Ausschnitte. Man sieht ja auch nur auf Arbeit, wie sich die Kollegen verhalten und da wird das Privatleben meist ausgeklammert. Daher kann es durchaus sein, dass der Kollege privat viel herzlicher und nicht so nüchtern und sachlich ist. Wie will man also Psychopathen einfach so (und dann noch als Laie) identifizieren können? Das wird schwierig denke ich, zumal sich vermutlich viele Psychopathen gut tarnen und anpassen können nach außen hin.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge



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