Kreatives Schreiben - Krieg ein Tabu Thema?

In meinem Bekanntenkreis gibt es auch eine Lehrerin die am Gymnasium unterrichtet, unter anderem Deutsch. Als wir neulich zu Besuch waren, erzähle sie uns auch, dass sie derzeit eine Arbeitsgruppe führe in der die Schüler kreatives Schreiben lernen würden. Einige der Schüler hatten auch bereits Ideen, was sie schreiben wollten und einige andere haben sich dann Ideen geholt.

Die meisten Teilnehmer bei diesem Kurs waren Mädchen und die Geschichten fielen auch dementsprechend aus. Viele der Geschichten handelten einfach nur von zwei Mädchen die sich unterhielten und es gab keine wirkliche Handlung, was sie dann auch kritisierte. Einige konnten die Geschichten etwas besser umsetzen.

Ein Junge schrieb allerdings mehrfach über den Krieg und fiel dadurch etwas auf, da sich seine Geschichten von den anderen unterschieden. Es ging um unterschiedliche Schlachten, Soldaten und Könige und der Junge las seine Geschichten auch ganz stolz vor.

Meine Bekannte selbst war davon aber gar nicht begeistert. Sie fand die Handlung nicht spannend und die Geschichte zu brutal und forderte den Jungen auf, ein anderes Thema zu wählen. Als er anschließend wieder eine ähnliche Geschichte schrieb, bekam er sogar Ärger.

Mich hat das Verhalten meiner Bekannten etwas gewundert, denn wenn ein Junge über Krieg schreiben möchte, warum sollte er das dann nicht tun dürfen? Auch das kann ein gutes Geschichtsthema sein und ich hatte irgendwie stark den Eindruck, dass er sich damit einfach zu sehr von den anderen abhob und sich daher auch ein ''Mädchenthema'' suchen sollte.

Findet ihr es in Ordnung, dass Lehrer und Lehrerinnen die Ideen von Schülern auf diese Art und Weise lenken und ihnen auch verbieten wollen etwas zu schreiben, was sie interessiert, weil sie selbst es nicht interessant finden? Wie würdet ihr das einschätzen? Findet ihr das Verhalten meiner Bekannten auch übertrieben?

Also wenn ich kreatives Schreiben anbiete, dann muss es auch kreatives Schreiben sein. Sobald die Lehrerin dann dem Schüler oder der Schülerin ein anderes Thema aufdrückt (oder es in geeignete Bahnen lenkt, wie sie es wahrscheinlich ausdrückt und sicher auch empfindet), ist es kein kreatives Schreiben mehr, sondern ein Schreiben nach einer Idee eines anderen.

Das wäre dasselbe, wie wenn ich die Montessori Pädagogik gut heiße, deren Schlagwort ist "Hilf mir, es selbst zu tun", und dann die Kinder daran hindere, selbstständig zu lernen, indem ich ihnen immer vorschreibe, was sie zu tun haben, daneben sitze und ihnen durch mein Mitwirken, die Erfolgserlebnisse verweigere. Das macht wenig Sinn.

Vielleicht ist deiner Bekannten gar nicht bewusst, dass ihr Verhalten widersprüchlich ist und gar keinen Sinn macht. Sie sollte doch lieber ein Thema vorgeben, wenn sie mit den Ergebnissen des kreativen Schreibens in ihrer Klasse nicht zufrieden ist. Dann ist es für alle weniger enttäuschend. Denn es gibt nichts Schlimmeres, meiner Meinung nach, wie für eine eigene Idee noch kritisiert zu werden, immerhin hat man sich ja Mühe gegeben, davon gehe ich aus.

Wenn kreatives Schreiben geübt werden soll und kein Thema ist vorgegeben, aber auch keines ausgeschlossen, dann sollte man allen die gleichen Chancen geben. Dieser Junge, der von Krieg und Schlachten schrieb, hatte vielleicht zu Hause einige brutale Computerspiele. Wenn deiner Bekannten das Thema nicht gefiel und sie ebenfalls an der Umsetzung etwas auszusetzen hatte, hätte ich es besser gefunden, wenn sie ihm Tipps und Anleitungen gegeben hätte, wie er seine Geschichte überarbeiten konnte. Aber generell ein anderes Thema zu fordern, finde ich krass, wenn sie es eigentlich so von Anfang an haben wollte.

Natürlich ist der Krieg brutal und davon wird der Junge auch in den Nachrichten im Fernsehen bereits etwas mitbekommen haben. Der Junge hat über das geschrieben, was für ihn wichtig war, wo er sich mit befasst hatte.

Kreatives Schreibens ist ein spontanes Schreiben, das man zum Schluss überarbeiten kann. Dieser Schüler war stolz auf das, was er geschrieben hatte und hat es mit Freude vorgelesen. Dann so behandelt zu werden, muss für ihn ein Schock gewesen sein. Schade drum, dass ihm nicht weiter geholfen wurde. Es ist sehr schade, dass Lehrkräfte das - was ihnen an manchen Themen nicht gefällt - gleich abwürgen. Helfen wäre besser nach meiner Meinung. Aber ich sehe es eben nicht als Lehrkraft!