IQWiG - warum so unpopulär?

vom 28.03.2015, 22:43 Uhr

Max Plack hat einmal gesagt: Die Wahrheit gewinnt nie, die Gegner sterben nur aus. Das Sprichwort war beim Lesen des Buches ''Schlechte Medizin'' von Dr. Med. Gunter Frank sehr präsent, denn hier hatte ich auch das starke Gefühl, dass die Wahrheit bei uns Deutschen einfach nichts ans Licht kommt. In dem Buch sind zahlreiche falsche Studien aufgedeckt worden und das erschreckende an der Sache war eigentlich, dass das schon längst jemand für uns gemacht hat: das IQWiG, das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen.

Das IQWiG hat sich mit zahlreichen Studien auseinander gesetzt, die Leitfäden in der Medizin und der Gesellschaft definieren und bestimmen. Das Ergebnis des Ganzen war schon sehr erschreckend, denn die meisten Studien sind unbrauchbar und die Studien die brauchbar waren, sagen oft andere Ergebnisse aus, als uns bekannt ist. Bei vielen Studien war auch das einzige Ergebnis, dass keine Feststellung gemacht werden konnte. So konnte beispielsweise kein positiver Effekt von Obst und Gemüse nachgewiesen werden, Kochsalz zu verbieten ist bei Bluthochdruck absolut sinnfrei und Cholesterinsenker überflüssig.

Dennoch halten sich zahlreiche Mythen in unserer Gesellschaft hartnäckig, Dicke gelten als Ungesund und zahlreiche Symptome wie Bluthochdruck, Blutzucker und Cholesterin werden absolut übertherapiert und führen bei vielen Patienten möglicherweise gerade erst durch die Therapie zum Tode. Das Mediziner und Ärzte davon unbeeindruckt sind, ist kein Wunder, denn sie werden von Pharmakonzernen gesponsert und gehen auf Fortbildungen, bei denen Pharmakonzerne ihnen das unter die Nase reiben, an dem sie Geld verdienen.

Aber warum interessiert sich die Gesellschaft nicht dafür? Die IQWiG ist in Deutschland relativ spät entstanden, viele Ländern hatten solche Institutionen schon vorher und nehmen sie auch ernst. Die Deutschen aber wissen oftmals gar nichts von der Existenz dieses Institutes und für die Ergebnisse interessiert sich auch keiner. Leider ist die IQWiG auch nicht besonders präsent und es gab bisher nur wenige Konferenzen wo die IQWiG Pharmakonzerne direkt konfrontiert hat und diese sich für ihre Vergehen verantworten mussten.

Warum interessiert es viele Deutsche gar nicht, dass viele unserer Gesellschaftsmythen absolut falsch und überholt sind? Liegt es vielleicht daran, dass uns das aktuelle Bild vom sportlichen, superschlanken und an Karotten knabbernden Menschen gefällt? Muss man solche Sachen erstmal in der BILD präsentieren, damit sich Menschen dafür interessieren? Kennt ihr das IQWiG und seine Forschungsergebnisse oder interessiert ihr euch dafür auch nicht?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich kennen dieses Institut nicht und wenn es so unbekannt ist, dann wird das wohl daran liegen, dass es zu wenig Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Wenn man etwas Tolles herausgefunden hat, dann sollte man das doch auch publik machen und wenn es ein Bundesinstitut ist, dann werden die das doch hinbekommen oder?

Eine Verschwörung bei den Ärzten wittere ich jetzt nicht. Wenn wir dieses Institut nicht kennen, vielleicht kennen sie das auch nicht. Und die Fortbildungen sind halt Pflicht, da geht der Arzt zu einer Vortragsveranstaltung, hört sich das an, bekommt seine Teilnahmebestätigung und geht wieder. Mehr ist das doch nicht. Ich denke nicht, dass da die bösen Pharmakonzerne nun die Ärzte manipulieren.

Ärzte haben doch auch eher einen Vorteil davon, wenn ihre Patienten keine chronischen Krankheiten haben, weil die das Budget sprengen. Ein Arzt hätte doch lieber viele fitte Patienten, die einmal im Jahr wegen einer Erkältung kommen als chronisch Kranke, die aller 14 Tage wegen ihrem Cholesterinspiegel vor ihm hocken und ihm dann gar nichts mehr einbringen, weil das Budget alle ist.

Dann zu den Studien- wer beurteilt das denn, ob die verwertbar sind oder nicht? Stammt dieses Urteil von dem Institut? Ich würde mir das jetzt nicht zutrauen, zu beurteilen, ob eine Studie richtig gemacht wurde oder nicht, denn bei medizinischen Studien verstehe ich meist nur das Abstract, aber über Methoden der Untersuchung kann ich nicht urteilen.

Dass der BMI alleine nichts über Risiken für Herzinfarkte usw. aussagt, das habe ich auch schon gehört. Das bedeutet, dass Übergewicht an für sich kein Risikofaktor ist. Das ist doch eigentlich eine schöne Nachricht für alle, die nicht schlank sind.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


@Zitronengras: Es ist ein Bundesinstitut und sie machen ihre Ergebnisse publik, aber offenbar kommen sie nicht an. Nicht zuletzt deswegen, weil es offenbar viele gar nicht wissen wollen.

Was denn für ein Budget? Ob der Arzt einem Patienten 300 Medikamente für einen Patienten verschreibt oder nur 3 macht für den Arzt doch keinen Unterschied. Der Arzt freut sich selbstverständlich über mehr Patienten, denn mehr Patienten bedeuten mehr Geld. Und die Pharmakonzerne möchten natürlich lieber das 300 Medikamente verschrieben werden, anstatt von 3, denn daran verdienen sie.

Nicht umsonst haben wir in Deutschland doch das Problem der Übertherapierung, das aber auch nur wenige erkennen. Die die es erkennen sind meist selbst Ärzte und Pharmazeuten (ich habe es bisher nur von Pharmazeuten gehört, Ärzte geben sowas nur ungern zu wenn man von Fällen wie Dr. Med. Gunter Frank absieht).

Zitronengras hat geschrieben:Dann zu den Studien- wer beurteilt das denn, ob die verwertbar sind oder nicht? Stammt dieses Urteil von dem Institut? Ich würde mir das jetzt nicht zutrauen, zu beurteilen, ob eine Studie richtig gemacht wurde oder nicht, denn bei medizinischen Studien verstehe ich meist nur das Abstract, aber über Methoden der Untersuchung kann ich nicht urteilen.

500 Menschen nehmen an einer Studie für Cholesterinsenker teil. Das Ergebnis der Studie ist, dass das Medikament den Cholesterinspiegel senkt. Große Schlagzeile. Liest sich einer die Studie durch? Ne, lieber nicht. Das Institut geht also hin und liest die Studie. Ergebnis: am Ende waren noch 278 Teilnehmer übrig. Warum? Die Frauen mussten raus, bei ihnen hat das Medikament nicht gewirkt. Bei den 278 Männern gab es zahlreiche Nebenwirkungen und nach 10 Jahren Beobachtung konnte man nicht feststellen, dass die Männer die den Cholesterinsenker eingenommen haben, weniger Herzinfarkte bekommen haben. Ganz im Gegenteil, sie sind an Nebenwirkungen schneller gestorben.

Das Institut folgert: Cholesterin muss keine Ursache für Herzinfarkte sein (ist bereits mehrfach erwiesen) und das Medikament ist wirkungslos und hat starke Nebenwirkungen. Die Pharmaindustrie wurde mit diesem Ergebnis konfrontiert und musste sich stellen.

Was haben wir damit zu tun? Die Deutsche Bevölkerung ist extrem naiv, wir Deutschen glauben alles. Wenn ein Medikament auf den Markt kommt, hinterfragt keiner die Wirkung, denn es ist ja auf dem Markt. In anderen Ländern müssen einwandfreie und gute Studien vorgelegt werden, in Deutschland...nicht. Studien sind definitiv überprüfbar, Medizin ist keine Hexerei. Um eine Studie aussagekräftig zu gestalten muss es doch bestimmte Kriterien geben, die auch du dir denken kannst!

Ist eine Gruppe mit 10 Leuten für die repräsentativ? Ist es seriös wenn man Ende der Studie nur noch halb so viele Leute da sind ohne Angabe von Gründen? Ist es seriös wenn es keine Kontrollgruppe gibt oder Nebenwirkungen einfach verschwiegen werden? Ist es seriös wenn die Schlagzeilen was ganz andere publizieren, als bei der Studie eigentlich herausgekommen ist?

Studien werden wissenschaftlich nach Effizienzklassen gegliedert, nur die Klasse A ist aussagekräftig und darf ernst genommen werden. Alles andere ist unseriös, das kann selbst ein Laie erkennen. Und die Aufgabe des Institutes ist es die guten von den schlechten Studien zu filtern. Und genau das ist das Problem, denn Gerüchte wie ''Ballaststoffe beugen Darmkrebs'' vor basieren nicht auf effizienten Studien, solche Dinge sind absolut ohne Beweis.

Da sollte man sich doch mal freuen, dass sich jemand die Arbeit macht der nicht von der Pharmaindustrie gesponsert wird? Ich kenne viele Wissenschaftler in der Pharmaindustrie die geschockt darüber sind, welch großen Einfluss die Pharmaindustrie auf die Medizin hat. Es gibt zahlreiche Ärzte und Apotheken die gekauft worden sind und natürlich möchte das keiner wissen, denn unser Gesundheitssystem ist ja angeblich so gut. Ist es leider nicht.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Was denn für ein Budget? Ob der Arzt einem Patienten 300 Medikamente für einen Patienten verschreibt oder nur 3 macht für den Arzt doch keinen Unterschied. Der Arzt freut sich selbstverständlich über mehr Patienten, denn mehr Patienten bedeuten mehr Geld. Und die Pharmakonzerne möchten natürlich lieber das 300 Medikamente verschrieben werden, anstatt von 3, denn daran verdienen sie.

Ist es nicht so, dass der Arzt pro Quartal eine bestimmte Summe für den Patienten bekommt oder pro Patient verdient und dass er dann, wenn der Patient mehrfach im Quartal kommt, weniger pro Besuch verdient als wenn er nur einmal im Quartal kommt? Ist das nicht limitiert, was ein Arzt pro Patient im Quartal abrechnen oder verschreiben darf?

Nicht umsonst haben wir in Deutschland doch das Problem der Übertherapierung, das aber auch nur wenige erkennen. Die die es erkennen sind meist selbst Ärzte und Pharmazeuten (ich habe es bisher nur von Pharmazeuten gehört, Ärzte geben sowas nur ungern zu wenn man von Fällen wie Dr. Med. Gunter Frank absieht).

Damit behauptest du aber, dass Ärzte die Medikamente selbst nicht sinnvoll finden und sie aus Profitstreben verschreiben. Das klingt ja schon fast wie eine Verschwörungstheorie, also so weit würde ich nicht gehen. Mag sein, dass manchmal was verschrieben wird, was nicht gebraucht wird, aber ich denke nicht, dass die bösen Ärzte uns übertherapieren, damit sie mehr Geld verdienen.

Mag auch sein, dass es Ärzte gibt, die nach profit streben. Aber die meisten solchen Mittel werden doch von Hausärzten verschrieben. Und wird man Hausarzt, wenn man maximale Gewinne einsacken will? Da kann man in anderen medizinischen Bereichen deutlich mehr verdienen.

500 Menschen nehmen an einer Studie für Cholesterinsenker teil. Das Ergebnis der Studie ist, dass das Medikament den Cholesterinspiegel senkt. Große Schlagzeile. Liest sich einer die Studie durch? Ne, lieber nicht.

Wer soll sich denn die Studie durchlesen? Medizinische Studien sind in einer Fachsprache geschrieben, die kaum ein Laie versteht. Das bringt gar nichts, wenn die sich jemand durchlesen würde, weil derjenige nicht verstehen würde, um was es da geht. Und das ist nicht nur in der Medizin so, man hat in jedem Fach ein Vokabular, das Außenstehende kaum begreifen.

Das Institut geht also hin und liest die Studie. Ergebnis: am Ende waren noch 278 Teilnehmer übrig. Warum? Die Frauen mussten raus, bei ihnen hat das Medikament nicht gewirkt. Bei den 278 Männern gab es zahlreiche Nebenwirkungen und nach 10 Jahren Beobachtung konnte man nicht feststellen, dass die Männer die den Cholesterinsenker eingenommen haben, weniger Herzinfarkte bekommen haben. Ganz im Gegenteil, sie sind an Nebenwirkungen schneller gestorben.

Und ist das nun immer so oder betraf das nur die eine Studie? Dass man aber in Studien Dinge herausrechnet, das ist auch in meinem Fach so. Ich schreibe ja selber an Forschungsarbeiten und da werden auch Verteilungen rechnerisch korrigiert, da werden Leute, die zu sehr aus dem Rahmen fallen, ganz weggelassen usw. Man nimmt aufgrund statistischer Theorien Korrekturen vor.

Dass nun alle Frauen aus der Studie entfernt werden müssen, klingt nach etwas viel Korrektur, aber man weiß ja nicht, ob das nun nur eine Studie betrifft oder ob das generell bei Arbeiten zum Thema Cholesterin so ist.

Medizin ist keine Hexerei. Um eine Studie aussagekräftig zu gestalten muss es doch bestimmte Kriterien geben, die auch du dir denken kannst!

Also, ich habe zwei Diplome und schreibe gerade an meiner Doktorarbeit. Ich würde behaupten, ich bin nicht dumm, laut IQ-Test sogar hochbegabt. Aber ich würde mir niemals anmaßen, zu behaupten, dass ich in der Lage wäre, die Methodik eines anderen Faches bezüglich ihrer Güte zu beurteilen.

Die Mediziner nutzen andere Verfahren als in meinem Fach, die nutzen andere Maßeinheiten und eine andere Fachsprache - ich verstehe da höchstens das Abstract und mehr nicht. Und wenn ich das schon nicht verstehe, wie soll das jemand verstehen, der gar keinen akademischen Hintergrund hat?

Ist eine Gruppe mit 10 Leuten für die repräsentativ? Ist es seriös wenn man Ende der Studie nur noch halb so viele Leute da sind ohne Angabe von Gründen? Ist es seriös wenn es keine Kontrollgruppe gibt oder Nebenwirkungen einfach verschwiegen werden? Ist es seriös wenn die Schlagzeilen was ganz andere publizieren, als bei der Studie eigentlich herausgekommen ist?

Warum sind es auf einmal 10, vorhin waren es noch über 200? Ob 10 Leute repräsentativ sind, hängt davon ab, wie man das auswertet. Das können Einzelfallstudien sein oder Pilotstudien, wo man erst einmal schauen will, wie ein Zusammenhang ausfallen könnte. Ich habe auch schon Paper geschrieben, wo man ganz viele Bedingungen miteinander vergleicht und wo dann manchmal in einer Bedingung tatsächlich nur 10 Leute drin sind. Bei großen Effekten kann das Ergebnis dennoch signifikant werden.

In meinem Fach ist es auch oft so, dass es Studien gibt, die meinetwegen sagen A bedingt B, dann gibt es Studien, die sagen, A bedingt B nur wenn C diese oder jene Ausprägung hat und der nächste untersucht dann wieder wie A und B zusammenhängen wenn eine vierte Variable D einen bestimmten Einfluss auf C ausübt usw. Das versteht kein Laie. Und so ist es auch in der Medizin.

Du hast sicherlich nicht Unrecht damit, dass manchmal zu viele Medikamente gegeben werden, dass das auch nicht immer gut ist, dass man sich bei Blutdrucksenkern und Cholesterinsenkern auch mal fragen sollte, ob es immer Sinn macht, so etwas zu nehmen. Und es ist auch schön, dass es ein Institut gibt, das solche Studien prüft.

Ich teile aber nicht die Ansicht, dass dahinter eine Verschwörungstheorie steckt, dass die Ärzte etwas verschweigen usw. Wenn man tolle Erkenntnisse hat und es nicht gebacken kriegt, dass die mal publik werden, dann macht man etwas falsch. Wenn man mal aufmerksam durchs Internet surft findet man doch oft solche Anzeigen, wie "Was uns Ärzte verschweigen" oder "Diese Tricks kennt kein Arzt" usw.

Das ist ein Zeichen dafür, dass Menschen schon auch an Informationen abseits des Mainstream interessiert sind und dass es ein Bedürfnis danach gibt, Dinge zu hinterfragen. Eine Schlagzeile wie "Cholesterinsenker wirkungslos" oder "Die Blutdrucktablennen-Lüge" wäre doch was Passendes für die Bild-Zeitung. Da muss das Institut eben mal etwas an seiner Öffentlichkeitsarbeit arbeiten.

Da sollte man sich doch mal freuen, dass sich jemand die Arbeit macht der nicht von der Pharmaindustrie gesponsert wird? Ich kenne viele Wissenschaftler in der Pharmaindustrie die geschockt darüber sind, welch großen Einfluss die Pharmaindustrie auf die Medizin hat. Es gibt zahlreiche Ärzte und Apotheken die gekauft worden sind und natürlich möchte das keiner wissen, denn unser Gesundheitssystem ist ja angeblich so gut. Ist es leider nicht.

Und woher hast du diese Kontakte zu den Wissenschaftlern? Ich meine, du bist eine einfache Studentin, woher willst du wirklich wissen, was Wissenschaftler denken? Woher willst du wissen, das Apotheken und Ärzte gekauft werden?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 29.03.2015, 15:55, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


@Zitronengras: Man würde doch wenigstens erwarten das die Menschen sich diese Studien durchlesen, die die Ergebnisse nutzen. Pharmakonzerne, vielleicht auch Fachzeitschriften die diese Ergebnisse drucken. Das würde ich zumindest erwarten. Im Grunde aber kann jeder alles mögliche veröffentlichen, wenn keiner die Studie einsieht. Ich selbst habe aber inzwischen auch einige der Originalstudien gelesen und fand sie ganz gut lesbar. Vielleicht habe ich inzwischen aber auch das nötige Wissen.

Die IQWiG gibt an das es zu vielen populären Themen Studien im fünfstelligen Bereich gibt. Die Studien die davon verwendet werden konnten waren ungefähr 0,5%, der Rest war wie in den Beispielen aufgeführt, sinnlos. Ausreißer eliminieren kann man, wenn man im Labor Messwerte aufnimmt, wenn es um Leben oder Tot geht sollte man nicht mal eben eine handvoll Leute aussortieren, die ernsthafte Nebenwirkungen erlitten haben.

Zitronengras hat geschrieben:Und woher hast du diese Kontakte zu den Wissenschaftlern? Ich meine, du bist eine einfache Studentin, woher willst du wirklich wissen, was Wissenschaftler denken? Woher willst du wissen, das Apotheken und Ärzte gekauft werden?

Der Professor der ab Juli mein Doktorvater sein wird hat sich ewig darüber aufgeregt, dass ich meinen Doktor in der Pharmaindustrie machen werden. Er hatte damit schon Erfahrung und meinte, das wären doch alles Betrüger. Das fand ich lustig. Das eigentliche Wissen habe ich aber aus anderer Quelle. Ich habe in der Familie Zahnärzte, einen Chirurgen und zwei Allgemeinmediziner. Ich falle quasi mit dem Wahl meines Studienfaches aus dem Konzept. In der Familie meines Freundes habe ich zwei Pharmazeuten kennengelernt und eine gute Freundin von mir ist Pharmazeutin und hat mir Bayer empfohlen, da sie dort forscht.

Die meisten Informationen hatte ich aus dem Buch ''Schlechte Medizin'' von Dr. Gunter Frank. Aber wenn man die Themen mal im Familienkreis anspricht, so gibt es keinen der das abstreitet. Es folgen eher lustige Anekdoten von Pharmavertretern und Fortbildungen und lächerlichen Normwerten und die Pharmazeuten regen sich weit und breit über die unendliche Macht der Pharmakonzerne auf, darüber wie viele nutzlose Medikamente sie schon verkauft haben und darüber, wie viele Menschen schon sterben mussten, weil ihre Medikamente nicht mehr hergestellt wurden oder auf einmal 10.000 Euro kosteten. Die Schwester meines Freundes erzählt von Fortbildungen in denen sie die Pharmavertreter wegen ihres mangelnden Wissens zur Schnecke gemacht hat und ist wütend über die mangelnde Kompetenz dieser Fortbildungsveranstaltungen.

Anfang des Jahres hat Fresenius das Krankenhaus unserer Stadt ''gekauft'' und Investoren haben bekannterweise Einfluss. MVZ's werden auch in Deutschland immer mehr der Regelfall und dadurch stehen wird bald nicht mehr besser da, als andere schlechte Gesundheitssysteme, über die wir jetzt noch schimpfen. Deswegen klingt das für mich alles nicht mehr wie eine Verschwörungstheorie.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Was hast du gegen MVZ? Die sind doch sehr praktisch. Es ist doch besser, wenn sich Ärzte in einzelne Räume eines Krankenhauses einmieten, da sind sie gut erreichbar, haben eine tolle Infrastruktur, während man vor so mancher normalen Praxis als Patient ewig einen Parkplatz sucht. Das Medizinische Versorgungszentrum ist im Prinzip die moderne Variante der Poliklinik und von denen habe ich immer nur Gutes gehört.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 30.03.2015, 08:27, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

Crispin hat geschrieben:MVZ's werden auch in Deutschland immer mehr der Regelfall und dadurch stehen wird bald nicht mehr besser da, als andere schlechte Gesundheitssysteme, über die wir jetzt noch schimpfen. Deswegen klingt das für mich alles nicht mehr wie eine Verschwörungstheorie.

Aber scheinbar hast du trotz Zahnärzten, Chirurgen und Allgemeinmedizinern nicht verstanden, wie niedergelassene Ärzte Geld verdienen und warum es überhaupt dazu gekommen ist, dass immer mehr MVZ´s entstehen.

Für den niedergelassenen Arzt ist es wie Zitronengras schon schrieb zum Beispiel überhaupt nicht egal, wie viel Medikamente er verordnet. Ganz im Gegenteil, er hat ein festes Budget für seine Patienten von dem er die Ausgaben bestreiten muss. Das heißt dann, dass er an sich bedacht sein muss, außer seiner eigenen Arbeitskraft so wenig wie möglich an Heil-, Hilfsmittel und Medikamenten einzusetzen, da diese alle von diesem Budget bezahlt werden müssen.

Und da kommen wir dann auch gleich wieder zum Punkt MVZ´s. Die niedergelassenen Ärzte müssen zusehen, wie sie sich im Prinzip von schlechten Patienten entledigen, wenn sie Geld verdienen wollen. Zudem ist die Niederlassung damit auch für viele Ärzte uninteressant. Also strömen die Patienten mehr und mehr in die Krankenhäuser. Diese kriegen die ambulante Leistung aber nur schlecht vergütet, weil eine normale Krankenhausambulanz meist keine Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung bekommt und damit nicht wie ein Hausarzt abrechnen kann. Also gründet das Krankenhaus ein MVZ um diese Zulassung zu bekommen und damit an der ambulanten Krankenversorgung, die es sowieso leistet auch zu verdienen.

Interessant ist auch deine Analyse zum Cholesterinsenker bei dem du genau genommen zum falschen Urteil kommst. Wenn ich einen Cholesterinsenker auf den Markt bringe, dann ist mein primäres Ziel den Cholesterinwert zu senken, nicht die Rate an Herzinfarkten zu senken. Das mag für Ottonormalverbraucher der logische Schluss zu sein, dass das Medikament nicht wirkt, wenn am Ende in der Versuchsgruppe mehr Infarkte aufgetreten sind. Aber was ist, wenn diese einfach an anderen Erkrankungen gelitten haben und deswegen ihren Infarkt bekommen haben?

Für die Studie selber kann man da erstmal nur schauen, ob das Medikament denn überhaupt den Cholesterinspiegel senkt, völlig unabhängig davon, wie viel Infarkte es in der Gruppe nun gibt. Die Korrelation zwischen Cholesterinspiegel und Herzinfarktrate muss man dann im Grunde in einer neuer Studie herausfinden oder gleich eine Vergleichsgruppe wählen, die bis auf den Cholesterinspiegel deckungsgleich ist. Aber dazu muss man eben wissen, ob die Studie überhaupt so designt war, dass man damit herausfinden kann, wie sich der Cholesterinspiegel auf die Infarktrate auswirkt oder ob sie von Anfang an nur gedacht war um den Effekt der Cholesterinsenkung nachzuweisen. Und das hat sie ja scheinbar geschafft.

Man muss aber sicher immer genau hinschauen, ob man aus den ganzen Schlagzeilen auch die richtigen Schlussfolgerungen zieht oder ob es am Ende nicht vergleichsweise unwichtige Ergebnisse sind, die nachher wenig Einfluss auf Therapien haben und im Grunde nur nebensächliche Laborwerte verändern.

» Klehmchen » Beiträge: 5494 » Talkpoints: 1.015,07 » Auszeichnung für 5000 Beiträge



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