Warum Lehrerinnen mit Kopftuch so problematisch?
Das Bundesverfassungsgericht hat ja vor kurzem entschieden, dass das generelle Kopftuchverbot gekippt ist und Lehrerinnen an deutschen Schulen auch öffentlich Kopftücher tragen dürfen. Klick.
Die Reaktionen der Eltern auf die neue Situation sind für mich persönlich nicht immer nachvollziehbar. Als Reaktion darauf kamen schon mehrere Kommentare, dass die Eltern ihr Kind auf eine andere Schule schicken würden, wenn ihr Kind sonst mit einer Lehrerin konfrontiert wäre, die ein Kopftuch trägt. Jemand anderes behauptet, dass das das Gegenteil von Integration wäre und dass Staat und Kirche getrennt werden sollten, schließlich seien Kruzifixe ja auch verboten in Schulen um niemandes religiöse Gefühle zu verletzen.
Ich kann diese Diskussion nur bedingt nachvollziehen. Ich meine, Kruzifixe an der Wand sind ja wohl was komplett anderes als ein Kopftuch, zumindest meiner Meinung nach. Unabhängig davon wofür das Kopftuch symbolisch steht. Ich hatte eine Lehrerin in der Mittelschule, die immer eine Kette mit einem Kreuzanhänger getragen hat und das hat nie jemanden gestört und es ist offenbar auch erlaubt.
Ein Kopftuch ist für mich ein ähnlicher Schmuck und mit dieser Kette durchaus vergleichbar. Ich finde den Vergleich mit einem Kruzifix an der Wand total unangemessen und unpassend. Ich würde es eher verstehen, wenn man damit argumentiert, dass keine Kruzifixe an der Wand hängen sollen und irgendwelche Suren im Bildformat auch nicht.
Warum stört es so viele Eltern, wenn die Lehrerin der Kinder ein Kopftuch tragen würde? Fürchten alle die Radikalisierungen wie man sie von so vielen leicht beeinflussbaren Teenagerinnen erlebt, die dann plötzlich verschwinden und absolut radikalisiert und verheiratet an der Seite von irgendwelchen IS-Kämpfern wieder auftauchen? Würde es euch stören, wenn die Lehrerin eurer Kinder ein Kopftuch tragen würde? Könnt ihr diese Debatte nachvollziehen?
Mich stört es in Bezug auf meine Kinder nicht, wenn eine Lehrerin ein Kopftuch trägt. Aber für muslimische Mädchen finde ich es deutlich schwieriger, wenn die Lehrerin ein Kopftuch trägt. Ich finde ein Kopftuch ok, wenn die Freiwilligkeit gegeben ist.
Leider ist eben diese Freiwilligkeit nicht immer da. Und es fällt Eltern deutlich leichter zu argumentieren, wenn eine Person mit Vorbildfunktion wie eine Lehrerin ein Kopftuch trägt. Daher empfinde ich es für einen Teil der muslimischen Mädchen als Nachteil, dass das jetzt erlaubt ist.
Das hemmt nämlich unter Umständen deutlich die Integration. Und das nicht immer gewollt ist, das zeigt eine aktuelle Diskussion in meiner Stadt. Hier wurde letztes gefordert, dass es in den Schwimmbädern besondere Badezeiten für muslimische Frauen geben sollte.
Die Stadt hat das abgelehnt. Denn sie kann es nicht leisten, dass zu bestimmten Zeiten nur weibliches Personal anwesend ist und die Fenster zu den Schwimmhallen mit Tüchern verhüllt werden. Außerdem empfinden unsere Politiker das als wenig förderlich für die Integration. Dazu muss man wissen, dass man bei uns mit Burkini und Kopftuch schwimmen darf. Niemand muss Haut zeigen, das sollte eigentlich reichen, oder?
Es betrifft zwar eher eine Minderheit. Aber genau diese Minderheit bekommt Wind in die Segel. Ihnen fällt es über diesen Weg leichter, ihren Kindern für unser Schulsystem normale Dinge zu verbieten. "Wenn die Lehrerin Kopftuch trägt, dann solltest du das auch tun." "Wenn die Lehrerin sich verhüllt, dann ist Sport und Schwimmen ein Problem, dort sieht man Körper." Und so weiter und so fort ...
Die Argumentation, dass man zur Beichte muss oder am Sonntag in der Kirche sitzen soll, weil eine Lehrerin ein kleines Kreuz trägt, kommt eher selten vor. Wobei ich kein Problem mit dem Verbot dieses Schmucks in einer staatlichen Schule hätte. Es wäre nur konsequent.
Ich finde eine Lehrerin hat ganz einfach einen gewissen Neutralitätseffekt und dieser ist mir persönlich sehr wichtig. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos für das Kopftuch, sondern stört es mich generell auch, wenn Schüler in Klassenräumen kommen, wo Kruzifixe hängen, weil eben auch das eine indirekte Beeinflussung der Kinder darstellen könnte. Zumal es eben auf klassischen Schulen nicht sein muss. Anders wäre es zu sehen, wenn es eine streng katholische Mädchenschule etc. ist, da erwartet man genau dieses.
Ich bin wirklich ein sehr toleranter Mensch, da ich eben als Streetworkerin auch mit vielen Kulturen, Lebensweisen & Co zu tun habe, kommt es eben vor, dass man sich auch mal eines besseren belehren lassen muss. Religionsfreiheit ist ebenso für mich völlig in Ordnung, aber es gibt ganz einfach Grenzen und die haben etwas mit einem neutralen Umgang mit Kindern zu tun, ohne sie indirekt damit zu beeinflussen, was in jungen Jahren nicht schwierig ist.
Eine Lehrerin mit Kopftuch vermittelt in der heutigen Zeit nicht nur die Toleranz der Religionsfreiheit, sondern auch den islamischen Glauben. Dies ist insbesondere für muslimische Mädchen, die sehr westlich erzogen wurden teilweise auch komisch. Denn sie wissen, dass nahezu 50 Prozent der Kopftuchträgerinnen eben von Eltern dazu gezwungen werden und entsprechend auch von ihrem Ehemann, was eben die Freiwilligkeit der Religionsfreiheit erschüttert und das weibliche Recht auf Leben, Freiheit und den eigenen Willen.
Sicherlich sind diese zwei Lehrerinnen, die geklagt haben eine Ausnahme, weil sonst geht man nicht so weit, um für eine Sache zu kämpfen, die einem wichtig ist. Doch trotzdem hat es eben in Deutschland neutral zu sein in der Schule und das ist hier nicht mehr gegeben. Diese Neutralitätspflicht wird hier verletzt, was ich für meine Kinder nicht akzeptieren würde.
Es darf einfach nicht der Eindruck erweckt werden, dass der Islam mit einem Kopftuch beginnt, endet oder verwechselt werden kann. Dies ist von Land zu Land der Muslime zum ersten unterschiedlich sowie zum zweiten mit viel Gewalt, Zwang und Unterdrückung der Frau verbunden. Abgesehen davon gibt es keine Sure im Koran, die das Tragen eines Kopftuchs rechtfertig, sodass ich glaube, dass man hier weiterhin nicht von Religionsfreiheit sprechen kann.
Es gab mal in meiner Schule eine Nonne, die Philosophie unterrichtet hat. Nach kurzer Zeit Religionsunterricht habe ich diesen wie schon immer angedroht gewechselt zu Philosophie. Bei uns hiess das damals "abgewählt".Dann kam ich in den Genuss, in Philosophie von dieser Nonne unterrichtet worden zu sein. Es war eine reine Katastrophe und von neutral kann hier nicht die Rede sein.
Ein Türke sowie ein Libanese und ich haben den Raum nach wenigen Stunden Unterricht mit der Dame in Nonnentracht verlassen, weil die Neutralität nicht geboten wurde. Es ging im Grunde genommen immer nur um "Gott", was mir sehr misfiel!
Doch zum eigentlichen Thema zurück, ich bin gegen ein Kopftuch im Klassenraum und garantiere, dass meine Kinder das nicht mitmachen müssen. Dann werden sie an dieser Schule diesem Unterricht mit der Lehrerin nicht mitmachen, ganz einfach! Dasselbe gilt für eine Nonne, einem Pfarrer & Co. Neutralität, gerne auch von muslimischen Lehrern, aber nicht in einer Tracht die Menschenverachtungsvoll ist!
Ich persönlich finde es absolut richtig, dass dieses Urteil gekippt wurde. Ich persönlich kann wirklich nicht sehen, wo ein Kopftuch auch nur irgendwie die Rechte anderer einschränken kann. Ich finde auch den Vergleich von Kreuz an der Wand und Kopftuch der Lehrerin nicht in Ordnung. Die Lehrerin übt mit dem Kopf lediglich ihr Recht auf Religionsfreiheit aus, die Schulwand, kann schlecht seine Religionsfreiheit ausführen wenn dort ein Kreuz hängt.
Es verbietet einem schließlich auch niemand ein Kreuz in der Schule um den Hals zu tragen, warum also sollte es bei einem Kopftuch dann anders sein. Keinem Kind schadet es damit konfrontiert zu werden, dass es auch andere Religionen gibt und diese selbstverständlich akzeptiert werden. Ganz im Gegenteil schadet es meiner Meinung nach den Kindern und ihrer Toleranz eher, wenn sie schon früh mitbekommen, dass die Lehrering kein Kopftuch tragen darf.
Ich persönlich kann absolut nicht nachvollziehen, was daran schlimm ist, wenn sich eine Frau dazu entscheidet Kopftuch zu tragen. Ich persönlich kenne viele Türkischen Familien und bei allen tragen manche der Frauen ein Kopftuch und manche nicht. Die Zahl derer die gezwungen werden, ist meiner Meinung nach nicht allzu groß. Ich denke auch nicht, dass ein junges Türkisches Mädchen das Gefühl hat ein Kopftuch tragen zu müssen, nur weil die Lehrerin ein Kopftuch trägt.
Es gibt in Deutschland nun mal nicht nur Christen und Atheisten, sondern eben auch Moslem, Juden und weitere Religionen. Warum empfinden dies manche Menschen so als Gefahr. Oft sind sogar die Leute gegen andere Religionen in Deutschland, die selbst nicht einmal gläubig sind. Dies ist für mich nicht nachvollziehbar. Bisher habe ich nur eigenartige Argumente gehört, welche gegen das Tragen eines Kopftuches von Lehrerinnen sind.
Leider gibt es immer noch die Möglichkeit Lehrerinnen zu zwingen, kein Kopftuch zu tragen und zwar wenn der Schulfrieden nachweislich gefährdet ist. Bedeutet wenn ein paar Intoleranten Eltern Druck machen, kann es Lehrerinnen nach wie vor verboten werden und das finde ich schade. Den darunter leiden tut dann ein Mensch der einfach nur sein Recht wahrnehmen möchte, ein Kopftuch zu tragen.
Ich könnte mir schon Fälle vorstellen, in denen ich die negative Reaktion der Eltern verstehen könnte. So ein Kopftuch ist nun mal auch ein Symbol der Unterdrückung oder zumindest der freiwilligen Unterordnung der Frauen.
Wenn ich nun aus einem muslimisch geprägten Kulturkreis kommen würde, meine Tochter aber zu einer selbstbewussten und gleichberechtigten Frau erziehen wollte, würde ich es wahrscheinlich nicht besonders toll finde, wenn eine Lehrerin meine Tochter mit einem Kopftuch unterrichtet. Eine Lehrerin hat schließlich eine gewisse Vorbildfunktion und sie würde mit diesem Kopftuch einfach ein Frauenbild verkörpern, das ich grundsätzlich ablehne.
Aber das sind natürlich rein theoretische Überlegungen, denn die meisten Eltern, die sich durch ein Kopftuch gestört fühlen werden wohl aus der gleichen Schublade kommen wie die Eltern, die gegen die Gleichberechtigung von homosexuellen Paaren regelmäßig in meinem Bundesland protestieren - rechts-konservative, spießige Christen, die sich nicht vorstellen können, dass Menschen, die anders leben als sie, genauso gute Menschen und wertvolle Mitglieder der Gesellschaft sein können.
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