Fortbildungen für Ärzte in Deutschland wirklich sinnvoll?

vom 27.03.2015, 17:13 Uhr

Vor kurzem habe ich das Buch ''Schlechte Medizin'' von Dr. med. Gunter Frank gelesen. Dieser schreibt in seinem Buch auch, dass Ärzte seit einiger Zeit dazu verpflichtet sind, regelmäßig Fortbildungen zu besuchen. Innerhalb von 5 Jahren muss man 250 Fortbildungspunkte sammeln, da man ansonsten seine Zulassung verlieren kann.

Die meisten dieser Fortbildungen sind aber eher unseriös da auch die Interessen der Pharmakonzerne dort gut vertreten werden. So können Ärzte die von Pharmakonzernen gesponsert werden solche Fortbildungen organisieren und die Ärzte hören sich alles an, essen anschließend was leckeres und fahren wieder nach Hause. Wirklich was behalten tun die wenigsten, viele aber werden die entsprechenden Medikamente wahrscheinlich verschreiben.

Nachgewiesen sind die meisten Behauptungen in solchen Fortbildungen nicht, meistens werden nicht einmal Quellenangaben gemacht. So kann den Ärzten alles mögliche verklickert werden, nur damit der Pharmakonzern seine entsprechenden Gewinne einfahren kann. Der Autor selbst schreibt, dass er sich geweigert hat, in derart unseriösen Fortbildungen seine Zeit abzusitzen. Er hat dann die Kassenärztliche Vereinigung gefragt, wie sich feststellen ließe welche Fortbildungen nicht von Pharmaindustrie oder Herstellern für medizinische Geräte gesponsert werden würden.

Die Vereinigung konnte ihm jedoch keine klare Antwort geben. Das Ende des Liedes ist also, dass die Ärzte Deutschlands zu Fortbildungen müssen, die im Grunde nicht mehr Wert sind, als eine Werbeveranstaltung und auch keinen anderen Nutzen haben. Anstatt gute medizinische Studien und neue Erkenntnisse zu präsentieren, konzentriert man sich nur darauf, den Ärzten einzutrichtern, welche Medikamente sie verschreiben sollen.

Allgemeinhin bezeichnet man übrigens England und Skandinavien als den Evidence-Belt, da man dort gute und eindeutige Studien zur Zulassung neuer Medikamente braucht. Deutschland hingegen gehört leider zum ''Eminenz-Belt'', hier muss man nichts beweisen, sondern nur die Chefs mit entsprechenden Zuwendungen überzeugen.

Diese Entwicklung finde ich schon sehr erschreckend und dies schlägt sich ja auch wider, denn viele Dinge von denen heute eigentlich bekannt ist, dass sie nicht stimmen oder zumindest nie erwiesen werden konnten, werden von Ärzten und von den Medien rauf und runter gepredigt (Obst und Gemüse sei Gesund, Übergewicht ist schädlich etc.).

Wie findet ihr es, dass die Ärzte in Deutschland solchen Fortbildungen ausgesetzt werden, die letztendlich den Patienten eigentlich mehr schaden, als dass sie ihm nützen, wenn der Arzt die Ratschläge befolgt? Denkt ihr, dass es auch Ärzte gibt die sich das nur anhören und dennoch versuchen neutral zu bleiben oder lassen sich die meisten ködern?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Crispin hat geschrieben:So können Ärzte die von Pharmakonzernen gesponsert werden solche Fortbildungen organisieren und die Ärzte hören sich alles an, essen anschließend was leckeres und fahren wieder nach Hause.

Das Essen bei solchen Veranstaltungen ist alles andere als lecker, also so sehr ins Gewicht fällt ein Essen auch nun wieder nicht. Außerdem ist es so, dass die Ärzte für solche Fortbildungen sehr tief in die Tasche greifen müssen. Teilnahmegebühren von 250€ sind keine Seltenheit. So viel zum Thema die Pharmakonzerne sponsern alles.
Wirklich was behalten tun die wenigsten, viele aber werden die entsprechenden Medikamente wahrscheinlich verschreiben.

Crispin hat geschrieben:Anstatt gute medizinische Studien und neue Erkenntnisse zu präsentieren, konzentriert man sich nur darauf, den Ärzten einzutrichtern, welche Medikamente sie verschreiben sollen.

Auch das stimmt nur zum Teil. Ich war schon auf mehreren Ärztefortbildungen obwohl ich selbst keine Medizinerin bin. Meiner Erfahrung nach werden nicht unbedingt ständig irgendwelche Hinweise über verschreibungspflichtige Medikamente gemacht. Vor dem Vortragssaal haben verschiedene Pharmavertreter ihre Stände aufgebaut um Werbung zu machen, das ist klar. Da kann man dann selbst entscheiden ob man diese in der Pause aufsuchen möchte oder nicht. Aber während der Fortbildung selbst kommen verschiedene Vorträge zu Tage, die überhaupt nicht irgendwelche Medikamente thematisieren. Da werden Medikamente sogar eher totgeschwiegen, wenn du mich fragst. Daher finde ich es schon fragwürdig, wenn derartig pauschalisiert wird.

Ich finde, dass man solche Thesen nur dann aufstellen sollte, wenn man selbst schon auf Ärztefortbildungen war. Ich war in meinem Leben schon auf insgesamt drei Ärztefortbildungen und einem Ärztekongress und bei keiner Gelegenheit wurde massiv Werbung für Medikamente gemacht. Es wurden eher Tipps im Umgang mit Patienten und neue Kenntnisse der Forschung zu bestimmten Themen erläutert, aber das wars auch schon.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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