Hat das Leben einen Sinn oder muss man ihm einen geben?

Der bekannte Physiker und Nobelpreisträger Steven Weinberg hat einmal gesagt:

Je begreiflicher uns das Universum wird, desto sinnloser erscheint es uns.

Ich bin selber auch nicht besonders gläubig, aber trotzdem leuchtet mir nicht ein, was daran so schlecht sein soll, dass Menschen den Sinn ihres Lebens in einer Religion suchen. Man kann ja eigentlich auch sagen, dass sich jemand in irgendwelche Werte wie Familie oder Forschung "flüchtet", die sich, beispielsweise, wenn Familien zerbrechen oder die geistige Leistungsfähigkeit nachlässt, genauso gut oder schlecht als Basis für ein sinnvolles Leben eignet wie organisierte Religion oder eine der verbreiteten pseudo-religiösen Bewegungen.

Ich habe ehrlich gesagt zudem nicht den Eindruck, dass derlei Fragen im Leben der meisten Menschen wirklich eine Rolle spielen. Eher habe ich den Eindruck, dass man sich über derlei philosophische Fragen gar keine Gedanken macht, weil das Köpfchen schon mit Alltagsproblemen gerade so zurecht kommt. Und dann muss man natürlich auch noch konsumieren, seine Nagellacksammlung ergänzen, sich fortpflanzen, Geld verdienen, oder was auch immer den Alltag ausfüllt und die Gedanken in Beschlag nimmt. Nicht jeder macht also auf mich den Eindruck, als "müsse" er seinem Leben einen Sinn geben.

Rein naturwissenschaftlich gesehen bin ich auch nicht der Meinung, dass ausgerechnet mein Leben auf globaler Ebene sinnvoller oder wichtiger ist als das aller anderen Menschen, die leben, gelebt haben oder leben werden. Aber ich kann nicht behaupten, deswegen aktiv auf Sinnsuche zu sein oder darunter zu leiden.

Außerdem kann es ja durchaus sein, dass das Universum gar nicht "sinnlos" ist, sondern auch der schlaueste Physiker einfach zu blöd, um den Sinn zu begreifen. Ein allzu anthropozentrisches Weltbild halte ich nämlich für ebenso naiv wie ein traditionell-religiöses.

Natürlich ist das Leben objektiv betrachtet sinnlos, aber irgendwann ist es in der Evolution eben dazu gekommen, dass das menschliche Gehirn gelernt hat Sinn und Zweck von Objekten zu verstehen und dies auch auf abstrakte Dinge, wie "Leben" zu übertragen.

Ich finde es nicht uninteressant, dass das passiert ist, aber nützlich ist diese Fähigkeit eben nicht. In Gegenteil, sie führt zu solchen Dingen wie Religion und den ganzen Grausamkeiten, die daraus folgen, wenn man zum Beispiel den Sinn seines Lebens darin sieht möglichst schnell zu den Jungfrauen im nächsten Leben zu kommen.

Ich bin jedenfalls nicht der Meinung, dass ich mir einen Sinn suchen muss, nur weil mein Gehirn dazu in der Lage wäre. Wir sind schließlich zu vielen Dingen fähig und entscheiden uns trotzdem dagegen. Ich wäre körperlich sicher in der Lage mit dem nötigen Training einen Marathon zu laufen, habe darauf aber keine Lust. Oder ich wäre geistig in der Lage noch eine weitere Sprache zu lernen, was im Moment aber auch keine hohe Priorität hat.