Ungewollte Kinder - mussten sie früher einfach sterben?
Ich habe vor kurzem ein interessantes Interview mit der berühmten Anthropologin Sarah Hrdy gelesen und in diesem Interview wurde unter anderem auch gesagt, dass früher mehr als 12% aller Kinder ungewollt waren und deswegen oft auch sterben mussten. Die Mütter haben sich nicht getraut ihre Kinder umzubringen und so haben sie sie ausgesetzt. Bis das Kind gefunden wurde, war es meistens schon tot.
Einige wenige Mütter haben ihre Kinder in Waisenheime gegeben, aber auch dort wurden viele Kinder umgebracht, weil es einfach zu viele waren. In Italien gab es sogar Städte an deren Toren Sprüche waren wie ''Wir töten Kinder auf Kosten der Gemeinschaft''.
So betrachtet ist es doch heute ein großer Segen, dass es Pille und Verhütungsmittel gibt, denn auch heute gibt es noch ungewollte Kinder, aber eben sehr wenige und viele Kinder müssen deswegen nicht sterben. War euch klar, dass auch früher nicht jede Frau zwangsläufig direkt Mutter werden wollte und sich über Nachwuchs gefreut hat? Oder habt ihr mit einer so hohen Todesrate gerechnet?
Solche Tötungen gibt es heute noch in Afrika. Darüber habe ich mal einen Bericht gesehen. Dort werden heute immer noch sehr viele Mädchen getötet, weil diese mit hohen Kosten bei einer Heirat verbunden sind und man sich das oftmals nicht leisten kann. Es gibt da durchaus gute Projekte, die Aufklärung betreiben und daran arbeiten, aber die Tötungszahlen sind dennoch sehr hoch. Selber habe ich nichts aus Deutschland gehört, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass das hier auch so lief, weil es in diesem Land ja auch durchaus schwere Zeiten gab.
Von welchen früheren Zeiten redest du? Man muss gar nicht weit zurückgehen, um festzustellen, dass Verhütung das Problem aus Sicht der Frauen ganz sicher nicht lösen kann. Da ist das Kind nämlich nur der letzte Schritt in einer ganz langen Kette.
Bei den Römern entschied der männliche Haushaltsvorstand darüber, ob ein Kind behalten wurde oder nicht. Dabei war es vollkommen egal, ob die Mutter dieses Kind wollte oder nicht. Gefiel das Kind nicht oder gab es schon zu viele, dann wurde es eben auf dem Müll ausgesetzt. Wenn es "Glück" hatte, dann zog es jemand als Sklave groß. Da erscheint einer Mutter der Ausweg das Kind zu töten durchaus als besser für das Kind und ihren Seelenfrieden. Verhütung hätte den Missbrauch der Frauen aber nicht verhindert.
Im Mittelalter galt die Tötung eines Kindes als Mord. Allerdings brachte eine Schwangerschaft eine ledige Frau an den Pranger. Nur entstanden die wenigsten Schwangerschaften, weil die Frau Sex wollte. Auch hier hätte eine sichere Verhütung nur das letzte Symptom verhindert. Wer es sich leisten konnte, bekam das Kind heimlich und gab es weg. Dass es dort sterben wird, das war durchaus bekannt.
Im 18. und 19. Jahrhundert wurden die meisten Kinder schlichtweg deshalb getötet, weil es keine Nahrungsmittel für sie gab. Verhütung hätte das zwar verhindert, aber diese Kinder waren ja in vielen Fällen noch nicht einmal unerwünscht. Eine bessere Versorgung der Bevölkerung hätte mehr gebracht.
Und im 20. Jahrhundert hätte Verhütung dann wieder nur die Symptome gelindert. Schließlich hat sogar der 1966 noch geurteilt, dass eine Frau ihrem Mann nicht nur Sex gewähren muss. Sie muss dabei auch einen halbwegs erfreuten Eindruck machen. Die Kinder, die dabei entstanden, empfanden viele Frauen als das einzig gute in ihrem bescheidenen Leben.
In Indien werden bis heute Mädchen getötet. Das ist für die Frauen extrem traumatisch. Verhütung nützt ihnen aber gar nichts, denn sie sollen Söhne gebären und werden einfach verlassen und von der Familie verstoßen, wenn sie keine Kinder oder zu viele Kinder mit dem falschen Geschlecht bekommen.
Ja, die Verhütung gibt Frauen mehr Selbstbestimmung. Aber das trifft in vielen Bereichen nicht zu. Nur in bestimmten Lebenssituationen und Regionen haben Frauen dadurch große Vorteile.
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