Überspringt man die Sauberkeitserziehung heute bei Kindern?

vom 16.03.2015, 17:12 Uhr

Ich habe mich neulich mit meinen Eltern unterhalten, weil meine kleine Cousine mit 4 Jahren noch immer Windeln braucht und das nicht nur nachts. Meine Eltern meinten, dass sie damals sehr darauf geachtet haben, dass wir, meine Brüder und ich, auch schon auf die Toilette gingen oder aufs Töpfchen. Meine Tante aber meint, dass man ein Kind heute nicht mehr anhalten sollte sauber zu werden. Es würde von ganz alleine kommen, wenn es nicht mehr in die Hose machen will.

Ist das denn wirklich so wichtig und schadet es den Kindern wirklich, wenn man die Kinder auch zur Trockenheit und Sauberkeit erzieht? Sollte man den Kindern nicht mehr vor Augen führen, dass es ekelig ist, wenn man die Hose voll hat? Meine kleine Cousine fühlt sich nicht unwohl, wenn sie die Windeln an hat und auch wenn sie voll sind ist sie nicht unglücklich. Ich habe den Eindruck, dass sie gar nicht ohne Windeln sein will.

Meine Tante hat sie mal im Haus ohne Windeln laufen lassen. Sie hat, als sie musste geschrien, dass sie die Windeln an haben will, weil sie mal muss. Sie weiß also genau, wann sie mal muss und will es aber in der Windel machen. Auf der Toilette macht sie nichts und meine Tante meint, dass sie von ganz alleine darauf kommt.

Überspringt man denn heute diesen Teil der Erziehung wirklich völlig, weil auch Kindergärten und Kitas die Kinder aufnehmen, wenn sie noch in die Hose machen? Wie macht ihr das mit euren Kindern?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Es wird zwar immer wieder gepredigt, dass die Kinder das von allein wollen beziehungsweise, dass man ihnen die Freiheit dazu lassen soll. Aber wohin soll das noch führen? Als die ersten Kinder in der Verwandtschaft kamen, die quasi die Urenkelgeneration meiner Großeltern sind, war der Schnitt noch bei zwei Jahren. Auch da gab es schon Wegwerfwindeln. Mittlerweile hat sich das in den letzten 10 bis 15 Jahren auf vier bis teilweise schon fünf Jahren erhöht.

Ich weiß nicht, ob man das noch als normal auffassen soll. Aber vermutlich wird sich der Mensch in der Richtung weiter entwickeln und irgendwann gar nicht mehr von der Windel wegkommen. Spart später im Beruf die vielen Pausen für den Toilettengang :lol:

Aus eigener Erfahrung und das was ich von meinen Eltern später erzählt bekam, kann ich nur sagen, dass man es ohne Druck schafft, dass die Kinder recht früh keine Windel mehr brauchen. Ich selbst kam in die Kinderkrippe bevor ich ein Jahr alt war. Mit einem Jahr musste man in der ehemaligen DDR sauber sein, sonst durfte man gar nicht in der Kindergrippe aufgenommen werden. Also durfte ich noch Windeln tragen, aber man setzte mich eben auch mit auf´s Töpfchen, weil die anderen Kinder eben dann alle für ihre Geschäfte drauf kamen. Ich schien es zu genießen, dass ich keine Windel hatte und meine Eltern konnten sie binnen weniger Wochen komplett weglassen.

Ähnlich habe ich es dann mit meinen Kindern gemacht. Und ging doch mal was in die Hose, so wurde vom ersten Malheur an gesagt, dass es kein Grund zum weinen gibt. Es dauerte nur nur zwei oder drei Tage, bis sie rechtzeitig Alarm gegeben haben, wenn sie ein Bedürfnis hatten. Aber es ging halt immer alles ohne Schimpfen oder Meckern und schon bald brauchten wir eben keine Windeln mehr. Da waren die Mädels zwei Jahre und es dauerte auch nicht lange, bis sie nachts keine Windeln mehr brauchten.

Aber man muss sich eben da auch mit dem Kind befassen. Wissen, wann es ungefähr auf das Töpfchen muss. Und je früher die Kinder heute in den Kindergarten kommen, desto schwerer wird es meiner Meinung nach, sie von der Windel zu bekommen. Denn der Kindergarten macht da in aller Regel kurzen Prozess und wechselt nur die Windel. Geht schneller, als das Kind zur Toilette zu begleiten und in der Nähe zu bleiben, bis es fertig ist.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Früher hat man wirklich mehr Sauberkeitserziehung vollzogen. Man hat das Kind zwischen dem 16 und 18 Lebensmonat "stubenrein" gehabt. Heutzutage empfehlen die Ärzte ein Beginn mit 2 bis 2 1/2 Jahren. Am effektivsten soll es sein, wenn das Kind schon Treppen steigen kann. Dann kann es seinen Schließmuskel kontrollieren. Demnach beginnt die Sauberkeitserziehung doch etwas später.

Aber man sagt heute, dass das Kind das Tempo ansagt. Man soll das Kind ja nicht zwingen. Somit ist es halt üblich, dass Kinder mit vier Jahren immer noch trocken sind.

Von meiner Freundin die Lütte ist 2 1/2. Sie geht noch nicht aufs Töpfchen. Meine Freundin wollte sie zwingen, hat sie vor drei Monaten schon aufs Töpfchen gesetzt, aber es kam einfach nichts. Nicht weiter dramatisch, könnte man meinen, aber man merkt es meiner Freundin an, dass es ihr nicht passt. Das bekommt natürlich auch die Kleine mit. Demnach ist sie lange noch nicht so weit.

Es soll aber auch nicht vom Alter abhängig sein, sondern von dem Verhalten der Kleinen. Mädchen sind in aller Regel schneller trocken als Jungs. Ich denke aber, dass man schon am Ball bleiben sollte. Das Kind muss schon seine Erfahrungen mit dem Töpfchen machen, aber dazu muss es dieses auch kennen. Es wird also nicht irgendwann auf die Idee kommen, dieses aufzusuchen, sodass sich die Eltern freuen können. Dieser Schritt muss schon begleitet werden.

» iggiz18 » Beiträge: 3366 » Talkpoints: 4,66 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Warum sollte man am Ball bleiben müssen und das Thema "Stubenreinheit" bei einem Kind regelmäßig thematisieren müssen? Damals, als Kinder ganz früh "sauber" waren, waren in erster Linie die Elternperfekt konditioniert, das Kind rechtzeitig auf den Topf zu setzen. :whistle:

Wenn das Kind seine Körperfunktionen unter Kontrolle hat und im Familienleben lernt, dass "Große" keine Windeln tragen, dann regelt sich das von ganz allein. Das hat bei meinen Kindern immer ohne Stress und Training geklappt.

Irgendwann kurz nach ihrem zweiten Geburtstag haben alle von sich aus meistens den Topf benutzt, vorher war das eher selten mal spielerisch der Fall Da musste ich gar nichts tun. Mit etwa zweieinhalb Jahren haben sie mir mitgeteilt, dass sie jetzt am Tag keine Windel mehr brauchen. Das war anfangs etwas stressig, weil sich alle dazu einen besonderen Moment, wie die Fahrt in den Zoo oder ähnliches ausgesucht haben.

Da musste man dann unterwegs eben öfter mal halten, weil das Kind jetzt sofort musste. Aber das ist ja nicht schlimm. Nasse Hosen kannte ich bei keinem meiner Jungs. Um den dritten Geburtstag wollten sie dann auch in der Nacht keine Windel mehr. Die war dann zwar sowieso seit Wochen trocken; aber sie wünschten sich einfach diese Sicherheit noch eine Weile.

Warum soll ich etwas forcieren, was von ganz allein passiert? Die Entwicklung klappt auch ganz von allein. Man macht sich und dem Kind weniger Stress und es ist ohne große Enttäuschungen in kurzer Zeit zuverlässig sauber. Was will man mehr?

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Also wenn ich wirklich einfach nur abgewartet hätte, dann würde mein Sohn vielleicht heute noch (mit 6 1/2) durchgängig Windeln tragen. Er braucht sie jetzt noch nachts und da mache ich ihm keinen Druck. Habe ich auch tagsüber nicht, aber um das Sauberwerden zumindest mal in Gang zu bringen habe ich im um den 3. Geburtstag herum immer öfter tagsüber keine Windel mehr angezogen und mit etwas Geduld hat es dann irgendwann auch geklappt.

Immer eine Windel zu tragen ist doch super bequem und es gibt Kinder, die da einfach keinen Anlass sehen, darauf zu verzichten, wenn man sie nicht zumindest mal in der Richtung anstupst. Also sollte man die Windel doch zumindest irgendwann mal weglassen, damit das Kind wenigstens mal lernt, darauf zu achten, wann es auf die Toilette muss.

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» Jessy_86 » Beiträge: 5456 » Talkpoints: 0,18 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Fast beschämend, was man hier liest...

Das Kind gibt das Tempo vor, ja, aber durch Vorleben erreicht man eine entsprechende Prägung.

Viele (auch meine Eltern) haben abgewartet, bis die Windel morgens mehrmals hintereinander trocken geblieben war, dann hat man sie weg gelassen und sich auch reichlich Unfälle in den nächsten paar Monaten eingestellt.

Bei meinem Großen (7), den ich erst vor 8 Monaten als Stiefkind kennen lernte, hat meine Partnerin es damals so gemacht, dass sie immer bei offener Tür auf Toilette gegangen ist. Irgendwann wollte er auch.

Bei meiner Kleinen (2) ist es jetzt vornehmlich der Große, der bei offener Tür auf Toilette geht, und sie hat es jetzt schon drauf, uns zu sagen: "Pipi! Lette!", was bedeutet: "Ich muss Pipi und will auf Toilette Pipi machen." Obwohl sie auch tagsüber noch Windeln trägt. Wenn es mal länger warm bleiben dürfte (April/Mai), werden wir sie tagsüber nur in Unterhose rumrennen lassen oder auch ganz nackt. Mit 3 Jahren ist sie dann sicher tagsüber trocken. Nachts wird's wohl etwas später, da sie morgens noch sehr volle Windeln hat.

Den Begriff "eklig" gibt's bei uns in diesem Zusammenhang gar nicht. Eklig ist, was krank machen könnte, aber Urin ist sehr steril, und Stuhl, solange er nicht tagelang in der Windel verbleibt, führt auch nicht direkt zu Erkrankungen. Also völlig unangebracht. Und von unserem auf das Wohlbefinden der Kinder zu schließen klappt erst recht nicht, da die es ja noch nicht anders kennen.

Ich denke nicht, dass in absehbarer Zeit auch Grundschullehrer/innen anfangen zu wickeln (außer an Fördereinrichtungen). Das wäre zwar nicht den Kindern, aber den Eltern viel zu peinlich.

» Tritonus » Beiträge: 134 » Talkpoints: 36,24 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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