Wohnung mit WBS bezogen und dann mehr verdienen als man darf

vom 13.03.2015, 11:32 Uhr

Da wir im Moment eine Wohnung suchen, sind uns einige Wohnungen aufgefallen, wo man einen Wohnberechtigungsschein (WBS) braucht. Dass dieser Schein auch Verdienst abhängig ist, habe ich schon heraus gefunden. Was aber ist, wenn wir den Schein heute bekommen würden und ein halbes Jahr später verdienen wir mehr als man darf?

Muss man dann wieder aus der Wohnung ausziehen oder wie wird das dann geregelt? Muss man dann eine Strafe zahlen oder wird die Wohnung dann teurer? Kann die Wohnung in diesem Fall nicht gleich etwas teurer an alle Wohnungsinteressenten vermietet werden, auch die, die so einen Schein nicht bekommen können?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Wenn du mehr verdienst als du darfst und damit die Einkommensgrenze überschreitest, fliegst du aus der Wohnung raus. Diese Wohnungen mit WBS sind eigentlich nur für Bedürftige und wenn du mehr verdienst als angegeben, kannst du dir ja auch teurere Wohnungen leisten. Also müsstet ihr den Bedürftigen Platz machen, damit die günstig leben können, denn nicht alle Wohnungen können so gefördert werden, dass man WBS bekommt.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Das stimmt absolut nicht. Wer eine Wohnung mit einem Wohnberechtigungsschein bezogen hat und später dann ein höheres Einkommen erzielt, der kann natürlich in der Wohnung bleiben. Ob sich für den Mieter überhaupt etwas ändert, das hängt vom jeweiligen Bundesland ab.

Früher war es so, dass Mieter, wenn sie meist circa 20 Prozent über die geltende Einkommensgrenze gekommen sind, eine sogenannte Fehlbelegungsabgabe (später nannte sich das dann Ausgleichszahlung) leisten mussten. Die Höhe der Abgabe wird individuell berechnet und schwankt zwischen etwa 30 Cent und etwa 3 Euro pro Quadratmeter.

Allerdings haben die meisten Bundesländer dieses Verfahren abgeschafft. Dort ändert sich für den Mieter gar nichts, wenn er später mehr verdient. Das hat den Sinn, in Siedlungen mit sozialem Wohnungsbau eine homogene Bevölkerungsstruktur aufzubauen. Schließlich sind "Ghettos für Arme" wenig beliebt und minimieren die Chancen der Bewohner, jemals ihre Situation zu verbessern. Da in den meisten Regionen kein Mangel an Wohnraum mehr herrscht, ist das jetzt der politische Wille.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



cooper75 hat geschrieben:Da in den meisten Regionen kein Mangel an Wohnraum mehr herrscht

Das stimmt so nicht. Bei uns in der Gegend ist akuter Wohnungsmangel und bezahlbarer Wohnraum ist hier echt selten. Also hier ist man definitiv seine Wohnung los, wenn man zu viel verdient, weil die Schlange sehr lang ist und nicht jeder sich so überteuerte Wohnungen leisten kann.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das stimmt definitiv, denn das regelt das Gesetz über den geförderten Wohnraum. Ein Mieter, der zuviel verdient, darf nicht einfach so die Kündigung erhalten. Es mag sein, dass in eurer Region die Ausgleichszahlung unverhältnismäßig hoch ist, und die betroffenen Mieter daher freiwillig umziehen. Aber gekündigt werden darf nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Olly173 hat geschrieben:
cooper75 hat geschrieben:Da in den meisten Regionen kein Mangel an Wohnraum mehr herrscht

Das stimmt so nicht. Bei uns in der Gegend ist akuter Wohnungsmangel und bezahlbarer Wohnraum ist hier echt selten. Also hier ist man definitiv seine Wohnung los, wenn man zu viel verdient, weil die Schlange sehr lang ist und nicht jeder sich so überteuerte Wohnungen leisten kann.

Hier herrscht auch Wohnraummangel. Aber niemals würde ein Mieter aus einer Wohnung fliegen, weil er ein zu hohes Einkommen hat für einen Wohnberechtigungsschein. Wer einmal einen Wohnberechtigungsschein hatte und in die Wohnung gezogen ist, kann auch drin bleiben, wenn er das doppelte und dreifache verdient.

Allerdings ist es dann so, dass man eine Fehlbelegungsabgabe zahlen muss. Das passiert auch, wenn man beispielsweise eine Wohnung mit Wohnberechtigungsschein hat und eine Familie mit 2 Kindern ist und ein Kind auszieht. Dann ist die Wohnung auch nicht mehr richtig belegt. Denn der Wohnberechtigungsschein galt in dem Falle für 4 Personen.

Diese Fehlbelegungsabgabe kann dann so hoch sein, dass ein Mieter dann sagt, dass er sich eine günstigere Bleibe sucht. Aber er würde nicht aus der Wohnung rausgeschmissen werden. Auch wenn das als Klausel in einem Mietvertrag mit drin steht, ist das eine rechtswidrige Klausel und ist ungültig. Es gibt so was wie Mieterschutz und so einfach ist keiner aus einer Wohnung zu kündigen.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Um das ganze mal zu verdeutlichen, kommen hier die Regelungen in zwei unterschiedlichen Bundesländern. Ich nehme mal NRW und Bayer, denn dort gibt es große Unterschiede bei bezahlbarem Wohnraum. Während es in Bayer verdammt schwer sein kann, eine Wohnung zu finden, ist es in großen Teilen von NRW eher simpel.

In NRW gibt es die Ausgleichszahlung für Bewohner mit zu hohem Einkommen in Sozialwohnungen seit dem Jahr 2006 nicht mehr. Wer hier mit einem Wohnberechtigungsschein in öffentlich finanzierten Wohnraum eingezogen ist und später dann über ein höheres Einkommen verfügt, der muss gar nichts zahlen.

Was es auch in NRW noch gibt, das ist die Ausgleichszahlung für die Freistellung, wenn ein Mieter bereits ohne Wohnberechtigungsschein einziehen möchte. Je nachdem um wie viel Prozent er die Einkommensgrenze überschreitet, steigt die Höhe der Abgabe. Das beginnt bei 25 Cent pro Quadratmeter, wenn die Grenze um mindestens 5 Prozent, aber nicht mehr 30 Prozent überschritten wird und geht bis zu 3 Euro, wenn das Einkommen um mindestens 90 Prozent zu hoch liegt.

Warum das so ist, das kann man in meiner Stadt sehen. Hier ist es problemlos möglich frei finanzierten Wohnraum zum Preis einer Sozialwohnung anzumieten. Das gilt natürlich nicht für ganz NRW. Aber das liegt weniger an der fehlenden Abgabe. Es liegt am fehlenden sozialen Wohnungsbau. Denn immer mehr Wohnungen fallen nach Ablauf der Frist aus der sozialen Bindung und es fehlt an neuen Wohnungen, die diesen Bedarf auffüllen. Da hilft in Städten mit Wohnungsmangel auch keine Fehlbelegungsabgabe.

Anders sieht es in Bayern aus. Dort gibt es drei Klassen für den Wohnberechtigungsschein. Klasse 1 ist für die kleinsten Einkommen, in den Klassen 2 und 3 darf man schon mehr haben und die möglichen Wohnungen sind natürlich dann auch teurer.

Steigt das Einkommen eines Bewohners einer Sozialwohnung so weit an, dass er in die nächsthöhere Klasse des Wohnberechtigungsscheins aufrückt, dann zahlt er einen Euro pro Quadratmeter mehr. Bei einem Aufstieg um zwei Klassen werden es zwei Euro, fällt er ganz aus der Förderung, dann werden es drei. Für jede Klasse kommt eben ein Euro dazu.

Ein Bewohner, der in München in eine höhere Klasse kommt oder ganz aus dem System fällt, der wird seine Wohnung wahrscheinlich nicht frei machen. Das ist auch durchaus ok, denn er könnte sich schließlich von drei Euro pro Quadratmeter mehr gar keine andere Wohnung leisten.

Anders sieht es in anderen Regionen Bayerns aus. Da kann es dann durchaus attraktiv sein umzuziehen und sich Abgabe zu sparen. Denn die neue Wohnung wird dann durchaus ein wenig günstiger als der Preis mit der Abgabe für die bisherige.

Generell löst ein Wohnberechtigungsschein in Bereichen mit Mangel an bezahlbarem Wohnraum das Problem nicht. Das liegt aber eben daran, dass es seit Jahrzehnten kaum neuen sozial geförderten Wohnraum gibt und die alten Wohnungen aus der sozialen Bindung fallen.

» cooper75 » Beiträge: 13432 » Talkpoints: 519,92 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



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