Schlimme DDR Erlebnisse - was ist euch passiert?

vom 02.03.2015, 23:44 Uhr

Man hört immer wieder von schlimmen Geschichten, was so alles in der DDR passiert ist. Beispielsweise Sportler, die gedopt wurden um bessere Ergebnisse zu erzielen, Menschen, die von ihren besten Freunden oder Verwandten ausgehorcht wurden oder auch Kinder, die einfach weggenommen wurden, zusätzlich zu denen, die weggesperrt wurden, wenn sie ihre Meinung gesagt haben.

Ich selber bin genau zum Mauerfall beziehungsweise einen Tag danach geboren. Deswegen habe ich selber kein schlimmes DDR Erlebnis. Dennoch gibt es auch in meiner Familie schlimme Geschichten. Beispielsweise musste mein Onkel in den Knast, weil er seine Meinung gesagt hat und sich auch nichts gefallen lassen wollte, andere aus meiner Familie wurden bespitzelt und haben dies im Nachhinein erfahren. Was war es bei euch? Könnt ihr damit heute gut umgehen?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Sicherlich kannte jeder in der ehemaligen DDR jemanden der staatlichen Repressalien ausgesetzt war. Das konnten Mitschüler sein die wegen versuchtem illegalen Grenzübertritt in Bautzen einsaßen oder ein Akademiker der wegen einem Ausreiseantrag seinen Job verlor und nun als Heizer arbeiten musste. Auch wer beispielsweise aus Ungarn zurück kam und das befreundete Ehepaar nicht der musste sich endlosen Verhören bei der Staatssicherheit stellen. Das galt auch für Leute mit christlichem Glauben wo dann zum Beispiel den Kindern ein Studienplatz verwehrt wurde oder Künstler die nie das machen durften was sie wollten.

Es gab also genügend Möglichkeiten und Fallen die einem das Leben schwer machen konnten, ich denke das wusste auch jeder und fast jeder verdrängte es so gut es ging. Soweit man sich an die Norm hielt wurde man aber normalerweise in Ruhe gelassen. So machte also fast jeder die unselige Entwicklung vom Jungpionier zum FDJler mit, ging ordentlich zur Wahl und kämpfte mit seiner Brigade jedes Jahr um den Ehrentitel „Kollektiv der Sozialistischen Arbeit“. Alle wussten dass es Blödsinn ist, auch die, die eigentlich was zu sagen hatten. Trotzdem machten alle mit um eben diesen Repressalien nicht ausgesetzt zu sein.

Mir persönlich ging es auch so, ich fiel nicht auf und schwamm halt mit. Wobei ich das mit den Pionieren anfangs auch nicht schlecht fand, aber da war man ja auch noch zu jung um das alles zu begreifen. Persönliche Repressalien habe ich jetzt auch nicht bewusst erlebt, nur kollektive und das war während meiner Armeezeit. Da aber jeder so behandelt wurde dachte man es muss so sein. Wenn ich heute mit so viel Abstand darüber nachdenke dann war das schon sehr perfide ausgedacht und mit sehr viel Finesse umgesetzt.

Am Anfang wurde jeder erst einmal gebrochen durch das ständige Anschreien, den Zeitdruck beim Essen und Schlafen sowie der beschwerlichen Grundausbildung. Dazu gab es dann keinen Urlaub oder Ausgang, Briefe wurden von der Stasi gelesen und der Tagesablaufplan war minutiös festgelegt. Auch musste man immer mit Stasispitzeln unter den eigenen Kameraden rechnen.

Kombiniert wurde das dann mit der umfangreichen politischen Bildung. Das bedeutet, Leute die vom Westfernsehen und –Radio abgeschnitten sind und auch keine ehrlichen Informationen aus der Heimat bekommen müssen erst einmal dass verdauen was ihnen täglich vorgesetzt wurde. Das ging los mit dem permanenten DDR-Radioempfang per Lautsprecher über der Stubentür, über das kollektive laute Vorlesen des neuen Deutschlands oder der Soldatenzeitung bis hin zum Kulturprogramm im Klubhaus. Absolute Spitze war immer die abendliche Zeitungsschau und danach das kollektive Einrücken in den Fernsehraum um die Aktuelle Kamera zu schauen, wenn es dumm kam auch noch mit Karl-Eduard im Anschluss. Auch gab es jede Woche etliche Stunden Politunterricht über den bösen Feind und die gute Volksarmee.

So etwas empfand ich damals schon als sehr belastend und heute sehe ich das alles als staatliche Repressalie. Ähnlich wie die oben beschriebenen Dinge, nur nicht so schwer da man eben nicht alleine war und man auch wusste dass es so nicht ewig sein wird.

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» hooker » Beiträge: 7217 » Talkpoints: 50,67 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


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