Aufgefordert werden, mit Kind nicht weiter zu lernen?
Die Tochter meiner Freundin geht heuer in die erste Klasse Grundschule. Nun hat sie im Mitteilungsheft einen Eintrag der Lehrerin gefunden, mit der Bitte, ja sogar Aufforderung, dass die Kinder derzeit im Zahlenraum bis 20 lernen und die Eltern sollen auf gar keinen Fall mit den Kindern über diesen Zahlenraum hinaus Rechnungen üben / weiter lernen, damit alle Kinder den gleichen Stand haben. Diese Mitteilung haben alle Eltern bekommen.
Was haltet ihr von so einer Mitteilung? Auf einer Seite kann ich mir schon vorstellen, dass es für die Lehrerin angenehmer und praktischer ist, wenn alle Kinder den gleichen Stand haben, aber ist das nicht auch irgendwo traurig? Da werden Kinder in ihrem Lerntempo eingebremst und das kann es doch irgendwo auch nicht sein. Da erwartet man sich, dass die Eltern mithelfen, und dann werden auch sie eingebremst. Irgendwie wundert es mich dann nicht, wenn dadurch auch eine Lernmotivation sinkt.
Unterschiedliche Niveaus in einer Klasse zu integrieren ist nicht besonders leicht, aber dennoch machbar. Kennt ihr solche Lernbremsen aus eigener Erfahrung auch? Wie reagiert ihr darauf?
Ich würde das nicht als Ausbremsen sehen, es geht ja nur darum, dass die Eltern zusätzliches Üben, über das bekannte hinaus, nicht machen sollen. Sie können mit den Kindern doch das Vorhandene üben, das was gerade in der Schule aktuell ist oder eben gar nicht üben - müssen den Eltern unbedingt mit den Kindern nach der Schule noch weiter üben, kann da nicht auch mal Schluss sein?
Es bringt Kindern nicht so viel, wenn sie etwas können, was erst später in der Schule gefragt ist. Davon hat man keinen Vorteil. Ich konnte auch schon schreiben, bevor man das lernt, aber das hat überhaupt keinen Vorteil. Da langweilt man sich dann an der Stelle, wo das im Unterricht behandelt wird und verpasst dadurch Details, die man noch nicht beherrscht. Es ist wirklich besser, wenn da kein Kind schon sonstwie weit ist.
Wenn einzelne Kinder schon zu weit voraus sind, kann sich das sogar für sie als Nachteil erweisen. Würde man jetzt mit wenigen Kindern zu Hause schon bis 30 oder 50 rechnen, dann schalten sie oft geistig ab, wenn es dann in der Schule dran ist. Dabei besteht die Gefahr, dass sie dann den Anschluss verlieren. Fälle dazu sind mir reichlich bekannt und bei einem Kind war es dann so schlimm, dass man schon befürchten musste, dass er die erste Klasse bereits wiederholen muss.
Zudem bin ich auch der Meinung, dass man den aktuellen Stoff eher spielerisch abfragen kann, wenn man weiß, dass das eigene Kind fit darin ist. Da muss man nicht wirklich offensichtlich lernen. Wenn das Kind allgemein gut mitkommt und weniger Bedarf hat zu Hause extra zu üben, dann sollte man das einfach so akzeptieren und sich darüber freuen, dass das eigene Kind mehr Zeit zum spielen damit bekommt.
Aber mit individuellem Lernen hat das dann nichts mehr zu tun und das finde ich schade. Mein Sohn geht noch nicht in die Schule. Er kommt erst im September in die Schule, kann aber jetzt schon fließend lesen, und rechnet jetzt schon im Zahlenraum bis 100, zum Teil auch schon darüber hinaus. Das macht er aber nicht, weil ich als Mutter diesbezüglich ehrgeizig bin, sondern weil er Spaß daran hat und er mich von sich aus danach fragt. Es interessiert ihn einfach und er sieht es nicht als "böses Lernen" an, sondern es macht ihm Spaß mit Zahlen und Buchstaben zu "experimentieren".
Soll ich meinem Sohn dann also als Antwort geben: Liebes Kind, das kann ich dir erst beantworten, wenn die anderen Kinder auch so weit sind? Finde ich einfach schade. Ich sehe aber übrigens das gleiche Problem auf mich zukommen, was du schon angeschnitten hast: Ich befürchte auch fast, dass er sich sehr langweilen wird. Das finde ich aber sehr schade. Warum muss man interessierte Kinder ausbremsen.
Dabei gäbe es ja durchaus Möglichkeiten, die Kinder individuell zu fördern. Aber nicht nur in der Grundschule ist da ja das "Problem". Ich habe Französisch studiert und obwohl ich alles andere als eine gute Lernerin war, habe ich den ersten und den zweiten Abschnitt unter der Mindestzeit absolviert. Ich musste dann in der Tat "warten", bis ich meine Diplomarbeit schreiben konnte, weil ich eben unter der Mindestzeit war. So vertrödelte ich zwangsweise dann Zeit. Sehr sinnvoll. Mit dem Ergebnis, dass ich dann irgendwie aus dem Lernen rausgekommen bin und es kam dann so eine gewisse lasche Lerneinstellung, zu der man mich ja mehr oder weniger gezwungen hat.
Und dieses Phänomen passiert meiner Meinung nach auch vielen Kindern in der Grundschule. Die Unterschiede sind bei Schuleintritt zum Teil ja sehr unterschiedlich. Die Kinder sind eben auch unterschiedlich interessiert und motiviert. Aber warum muss man alle zu einem Einheitsbrei machen? Warum zwingt man Kinder dazu, ihre Interessen einzubremsen? Es geht mir hier nicht um überehrgeizige Eltern, die ihr Kind zu zusätzlichen Übungen zwingen, wo kein Interesse da ist. Die gibt es leider auch. Und davon halte ich ebenso nichts. Aber es gibt auch genügend Kinder, die von sich aus interessiert sind und die dann zwangsgebremst werden und das finde ich mehr als nur schade.
Ich weiß ja nicht, wie man bei euch das individuelle Lernen in der Praxis umsetzen will. Meine Mädels sind damals in Thüringen in die Schule gekommen, wo man das groß vorher angepriesen hat, weil man da einiges in der Grundschule umgestellt hatte. Kinder konnten also die ersten beiden Klassen in bis zu drei Schuljahren absolvieren. Man konnte aber auch nach dem ersten Schuljahr sofort in die dritte Klasse kommen, wenn die Leistungen entsprechend waren. Individuelle Lernpläne für die Kinder wurden uns in den höchsten Tönen gelobt.
Die Praxis sah dann so aus, dass alle Kinder die selben Pläne hatten. Und selbst meine Kinder, obwohl Zwillinge, da schon recht schnell sehr unterschiedlich waren. Was der einen schwerer gefallen ist, hat die andere mit Leichtigkeit erledigt. Es sollte also so aussehen, dass ein Kind mit Problemen in Mathe dort mehr Übungen bekommt und andere Fächer entsprechend geringer ausfallen, wenn es dort fit ist. Aber so wurde es nicht umgesetzt.
Nach dem Umzug nach Sachsen hatten wir wieder den normalen Klassenunterricht, wie ich ihn schon aus meiner Kindheit kannte. Und meine Mädels waren über diese Veränderung in der Schule mehr als froh. Um alle Kinder auf einen Stand zu bringen gibt es allerdings hier Förderunterricht, wo dann die schwächeren Kinder je nach Bedarf zusätzlichen Unterricht haben.
Ich wohne am Land, und hier sind die Möglichkeiten leider auch sehr beschränkt. Aber von Wien sind mir einige Varianten bekannt, wo das recht gut geklappt hat. Das kann zum einen das Modell der Mehrstufenklasse sein, die aber definitiv geschulte Pädagogen benötigt um das im positiven Sinn durchzusetzen. Sonst kann das Modell schnell ordentlich schief gehen. Dann gibt es auch noch recht gute Montessori-Ansätze, die man wenn man gut darin geschult ist auch sehr gut umsetzen kann. Das ist für die Lehrkräfte natürlich um einiges aufwendiger als ein Einheitsbrei bezüglich des Wissenstands.
Aber da gibt es wie gesagt durchaus ein paar mögliche Ansätze, die meiner Meinung nach die allgemeine Zukunft sein sollten und nicht nur Einzelfälle wie es derzeit leider noch der Stand ist. Derzeit schaut es noch eher so aus, dass es eben Förderungen für die schwachen Schüler gibt, was ich auch sehr gut finde. Es sollte aber auch für die guten Schüler Fördervarianten geben.
Ja, auch bei uns gibt es die Möglichkeit Klassen zu überspringen und so weiter. Diesbezüglich habe ich aber auch noch nicht so gute Berichte gehört.
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