Job annehmen, wo man viel zuzahlen muss?

vom 04.03.2015, 19:35 Uhr

Ich hatte ein Vorstellungsgespräch für einen Job in der gehobenen Gastronomie, überlege aber abzusagen. Das Problem ist, dass man einiges an Kleidung gestellt bekommt, wofür man aber Pfand von satten 90 Euro dalassen muss. Dazu gibt es vereinzelt Kleidung, um die ich mich selber kümmern muss, wie passende Schuhe und eine Hose mit einem ganz bestimmten Schnitt.

Da ich keines von beidem habe, müsste ich das noch aus eigener Tasche bezahlten und auftreiben. Ich schätze, dass ich bei einem Minus von 150 Euro wäre, noch bevor ich überhaupt angefangen hätte zu arbeiten. Bei einem Lohn, der nur ganz knapp über dem Mindestlohn liegt, finde ich das ehrlich gesagt nicht zumutbar.

Findet ihr das ausbeuterisch oder normal? Musstet ihr für einen Job auch erstmal eine Menge zuzahlen, bevor es sich rentiert hat?

» Cappuccino » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 04.03.2015, 19:43, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Ich finde das leider durchaus normal. Früher musste ich in einem Job, wo man sich ständig nicht auswaschbare Flecken zuzieht, in makellosem Weiß arbeiten. Und natürlich musste verschmutzte Kleidung auch während der Schicht gewechselt werden.

An einem einzigen Tag habe ich mal drei Garnituren geschossen. Und gestellt wurde gar nichts. Ich war immer dankbar, wenn ich ein Teil so lange tragen konnte, bis es durch ständige Waschen leicht angegraut war und ausgetauscht werden konnte. Eine Kostenbeteiligung vom Arbeitgeber gab es nicht.

Man hat zumindest in solchen Fällen die Möglichkeit die Berufsbekleidung steuerlich anzuführen. Das ging dann später nicht mehr. Da brauchte ich Massen an Blusen, Hosenanzügen und Kostümen. Das gilt nicht als Berufsbekleidung, schließlich kann man das Zeug auch im Alltag tragen. Das habe ich allerdings nie, denn privat sehe ich ganz anders aus. Das war auch teuer.

Gerade bei kleineren Einkommen finde ich das alles andere als fair. Aber leider ist es bis heute wohl üblich und für ganz viele Arbeitgeber normal. Was natürlich ganz besonders ärgerlich ist, wenn man die Kleidung nicht absetzen kann. Es ist dabei ja völlig egal. ob es nicht geht, weil man gar nicht genügend Steuern bezahlt hat oder die Kleidung nicht als Berufsbekleidung gilt.

» cooper75 » Beiträge: 13412 » Talkpoints: 516,00 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Der Mindestlohn beträgt ja 8.50 und eigentlich ist das gar nicht so extrem wenig. Wenn man da in Vollzeit arbeiten würde, dann 1360 EUR im Monat und bei einer Steuerklasse I über 900 EUR netto. Das ist kein Luxusgehalt, aber es ist für einen einfachen Job, bei dem man nur Geschirr herumträgt, schon nicht wenig.

Du suchst ja so einen typischen Studentenjob, für den man keine Qualifikationen braucht und dafür ist das nicht schlecht, was du da verdienen würdest. Und ich denke, dass auch bei gar nicht so wenigen Jobs verlangt wird, dass man etwas mitbringt oder selbst kauft.

Bei vielen Berufen muss man etwa bestimmte Weiterbildungen machen, die man auch teilweise selbst bezahlen muss. Ich musste etwa gleich am Anfang eine Weiterbildung machen, für eine bestimmte Zertifizierung, Die hat 250 EUR gekostet und ich musste da auch die Hälfte selbst bezahlen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich finde, es hängt auch davon ab, wie viel Zukunft du in dem Job hast. Da du erwähnst, dass es sich um gehobene Gastronomie handelt, nehme ich mal an, dass du schon einigermaßen viel Erfahrung in dem Bereich hast. Das Ganze ist also nicht sehr experimentell. Du weißt schon, was auf dich zukommt. Es gibt sicherlich viele, die nach dem ersten Tag oder der ersten Woche kündigen, weil sie merken, dass der Job gar nichts für sie ist.

Aber du weißt, dass du den Job magst, nicht gleich wieder hinschmeißt und dass du deinen Arbeitgeber so weit zufriedenstellen kannst, dass er dich auch nicht sofort wieder rausschmeißt.

Und dann finde ich den Preis für die Kleidung schon weniger hoch. Über einen längeren Zeitraum wird sich das amortisieren. Immerhin hast du dadurch einen guten Job. Wobei man doch hier vor allem nicht nur das Gehalt beachten muss. Du bekommst doch auch Trinkgeld, oder?!

Für mich klingt das Ganze jedenfalls nach einem Job mit Kundenkontakt. Da es gehobene Gastronomie ist, werden die Trinkgelder doch auch nicht allzu knapp ausfallen und dann ist der Anschaffungspreis schnell wieder drin. Du investierst also ein bisschen, damit du dann hübsch bist für fette Trinkgelder.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Ich empfinden einen Job in der Gastronomie nicht als einfaches Teller hin und her tragen. Teller können ganz schön viel wiegen. Und die Strecken die man am Tag so zurück legt, die sind auch nicht ohne. Sind da 8,50 Euro Stundenlohn wirklich angemessen für? Freundlich sein muss man auch noch. Und je nach Gastronomiebetrieb muss man die Gäste auch beraten können.

Ich selbst habe in Metzgereien gearbeitet. Arbeitskleidung wurde selten gestellt. Oder eben nicht in ausreichender Menge. Für die Arbeitskleidung habe ich in fünfzehn Berufsjahren sicherlich knappe 1000 Euro investiert. Gute Schuhe mussten nämlich auch sein. Und ich habe in zwei Betrieben gearbeitet, in denen zumindest zeitweise die Arbeitskittel gewaschen wurden, aber man nur sechs Arbeitskittel hatte. Bei sechs Arbeitstagen eindeutig zu wenig, wenn man quasi nur drei Kittel pro Woche hatte, weil die Arbeitskittel durch einen Wäscheservice geholt wurde und die im Endeffekt alle dreckigen Kittel mitnahmen und man eine Woche auf saubere Arbeitskittel warten musste.

In meinen Augen macht es auch einen Unterschied, wenn man eine Schulung machen muss und die zum Teil selber bezahlen muss, aber auf dem ersten Lohnzettel schon wesentlich mehr steht, als auf dem Lohnzettel für den Aushilfsjob.

Ich habe mich mal bei einer Firma beworben, die auch ein spezielles Dress forderte. Das wurde ebenfalls durch den Arbeitgeber gestellt und die Kosten dafür wurden am ersten Lohn abgezogen. Wenn man aus dem Betrieb wieder ausschied, durfte man die Arbeitskleidung behalten. Das Geld dafür war man aber trotzdem los. Damals wäre mir das egal gewesen. Heute würde ich auch erst mal schlucken. Allerdings ging es um Jeans einer bestimmten Marke und Shirts mit Firmenlogo. Beides hätte man zumindest später noch teilweise privat tragen können.

Generell ist es in vielen Berufen so, dass spezielle Arbeitskleidung gefordert ist. Ich kenne aus meinem Bereich Berichte anderer Verkäuferinnen, die auf der Arbeit keine Jeans tragen durften. Jeans sind aber nun mal in dem Bereich recht robust. In einem der Betriebe, in denen ich beschäftigt war, forderte der Chef alle paar Wochen von mir, ob ich nicht eine Bluse unter dem Kittel tragen könnte. Ach ja hier hatte ich ganze zwei Kittel bekommen, mit denen ich sechs Tage die Woche arbeiten durfte und die ich selbst waschen musste. Die Kittel waren noch dazu mit langen Armen und hoch geschlossen. Es sah eh keiner, was ich unter dem Kittel trug.

In einem anderen Betrieb hatte der Arbeitgeber die Arbeitsschuhe der Auszubildenden erst als in Ordnung abgenickt. Die hatte das Mädchen extra gekauft. Natürlich von Nichts. Kurze Zeit später war die Berufsgenossenschaft da und wies den Arbeitgeber darauf hin, dass die Schuhe nicht erlaubt sind. Das Lehrmädchen hatte noch nicht mal den ersten Lohn und musste schon das zweite Paar Arbeitsschuhe kaufen.

» LittleSister » Beiträge: 10426 » Talkpoints: -11,85 » Auszeichnung für 10000 Beiträge


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