Medizinstudium überschätzt?
Normalerweise haben die Leute ja großen Respekt vor Medizinstudenten, weil sie ja ach so viel leisten müssen. Man lernt ja von morgens bis abends und hat kaum Freizeit. Das Medizinstudium wird von vielen als das anspruchsvollste angesehen und man bewundert die angehenden Ärzte. Es ist ja so prestigeträchtig.
Dabei habe ich einige Medizinerfreunde und sie machen nicht mehr als ich. Klar gibt es regelmäßig Testate, aber für die wird nur zwei Tage gelernt und eine Freundin von mir lernt auch für die Klausuren am Ende des Semesters nur 2-3 Wochen, was ich erstaunlich wenig finde, da ich deutlich mehr Zeit investiere. Außerdem jobbt sie neben der Uni und ich kenne viele andere Studenten (vor allem Juristen), die für einen Job keine Zeit haben.
Kann es sein, dass das Medizinstudium vom Anspruch her wegen des abschreckenden NCs einfach überschätzt wird? Und wenn ja, woran kann es noch liegen bis auf den NC?
Irgendwie hat in dieser Hinsicht jeder ein anderes Bild. Mediziner müssen nicht mehr leisten, als andere auch. Ich kenne Mediziner die haben Nebenjobs! Das stelle man sich mal vor! Ich studiere Chemie und wir sind meist um 7 an der Universität und kommen vor 20 Uhr auch nicht wieder heraus, weil wir Praktika haben, auch in den Semesterferien. Es gibt Facebookgruppen von Chemiestudenten die sich darüber lustig machen, dass sie nicht wissen was Semesterferien sind und zu Angelegenheiten wie Weihnachten oder Valentienstag schreiben, dass sie nicht wissen, wie sie das feiern sollen, sie haben keine Zeit.
Die meisten bei uns haben keinen Partner und ich sehe meinen Freund 1-2 mal die Woche und das nur Abends. Einen Job hat bei uns keiner. Mein Freund selbst hat Jura studiert, ist inzwischen fertig und hatte deutlich mehr Freizeit als ich. Er hatte die Nachmittage frei und er hat während seines Studiums ordentlich gejobbt, so das er sich davon ein Auto kaufen konnte.
Der Zeitaufwand ist in den unterschiedlichen Studiengängen also schon sehr hoch und ich denke die Geisteswissenschaftler haben es da bei weitem am Besten getroffen. Auch viele Lehrämtler müssen nicht besonders viel machen. Ich selbst habe aber auch noch von keinem gehört, dass ein Medizinstudium mehr Zeit kosten würde, als andere Studiengänge.
Ich glaube nicht, dass Medizin-Studenten Zeit für einen Job haben, weil sie zu viel Freizeit haben, sondern eher um Kenntnisse zu vertiefen. Bei uns kann man in einer Klinik Blut spenden gehen und immer wenn ich dort bin, sehe ich immer andere Medizin-Studenten die auf diese Weise eben üben, Zugänge zu legen.
Ich finde, gerade solche Nebenjobs sind essentiell für das Medizin-Studium eben weil man da etwas mehr Praxis hat. Ich persönlich, wenn ich Medizin studieren würde, würde mir definitiv auch so einen Nebenjob zulegen, auch wenn ich da keine Zeit für (theoretisches) Lernen hätte.
Man kann schon arbeiten gehen, aber oftmals eben nur in den Semesterferien. Ich habe selber zu Hause einen Medizinstudenten gehabt, er ist am Lernstoff gescheitert, das muss man mal ganz klar so sagen und das obwohl er sich keine Freizeit mehr genommen hat und bei jedem Gang in den Supermarkt schon ein schlechtes Gewissen hatte, obwohl er nicht eben dumm ist, ganz im Gegenteil.
Es kommt sicherlich auf die Uni an, aber das Schlimme bei der Medizin ist eben, dass sie sich immer weiter entwickelt und man von den Studenten immer das Neuste auch hören will, ob man das Gesamte verstanden hat oder eben nicht. Das heißt also auch immer neue Bücher kaufen, weil man sonst die Prüfung nicht bestehen wird. Auf Medizinstudenten lastet Druck und zwar eine Menge. Wenn man hier schreibt, dass es auch nicht anders als andere Studiengänge ist, ist man an einer Uni, die das lockerer macht, was den Ärzten dann aber auch nichts bringt.
Natürlich muss man dann aber auch in der Klinik arbeiten, natürlich auch erst mal umsonst, später dann bezahlt. Wirklich, unsere Ärzte darf man nicht beneiden. Da ist im kompletten Studium Druck, damit man sich auch schön daran gewöhnt, genauso wie das dauerhafte Lernen. Es ging ja auch nicht nur meinem Partner so, sondern sind auch einige seiner Mitstudenten zusammengebrochen, da sind dann auch unglaublich viele, die das nicht schaffen. Ich kann mich nicht vorstellen, dass man so ein Studium so unterschätzen kann. Ich habe auch außer unserer Beziehung keine dauerhafte Beziehung bei den Studenten mit denen er zu tun habe mit bekommen, die schaffen das neben dem Lernen nicht mehr.
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