Macht der Gesundheitswahn unser Leben kaputt?

Vor kurzem sind mit zwei Bücher in die Hand gefallen, die mir eine Bekannte empfohlen hat. Das eine Buch heißt ''Lebenslust'' und das andere ''Irre - wir behandeln die Falschen''. Beide Bücher sind von dem Arzt und Theologen Manfred Lütz, das letzte Buch hat noch ein Vorwort von Eckart von Hirschhausen. Grundsätzlich geht es dem Autor darum, dass Menschen das Leben heute nicht mehr genießen, weil sich alles nur noch darum dreht, gesund zu sein.

So würden Übergewichtige in unserer Gesellschaft diskriminiert, Menschen die keinen Sport betreiben würden hätten Schuldgefühle und immer wieder würde sich alles darum drehen welche Diät man macht und welche Ernährungsumstellung die höchste Lebenserwartung verspricht. Es gehe nur noch um Vorsorge, darum welche Krankheitsrisiken man hätte und darum möglichst alles zu tun um gesund und fit zu sein. Deswegen würden heute auch viele Menschen Sport betreiben, denen es gar keinen Spaß machen würde, aber es gehöre eben zum guten Ton.

Der Mensch lebe heute nur noch ''vorbeugend'' meinte er und von Lebenslust sei da nicht mehr viel zu spüren. Man könne wegen dem Jugendwahn auch nicht mehr in Würde altern und ''Fitnesssalat'' wäre das neue Lieblingsgericht der Deutschen.

Ich musste schon ein wenig Lachen, habe das Buch aber noch nicht gelesen. Ich denke schon, dass da viel wahres dran ist. Ich selbst habe das Glück von Natur aus sehr schlank zu sein. Es gibt viele Menschen in meinem Umfeld, die haben ein normales bis leichtes Übergewicht, wenn sie so viel essen wie ich. Das wollen sie aber natürlich nicht akzeptieren, sie wollen dünner sein und quälen sich dann. Daraus ergeben sich dann Frauen und Männer die bei jedem Treffen auf alles verzichten wollen und wo man nur neidische Blicke auf sich sitzen hat, wenn man sich etwas ordentliches zu Essen bestellt.

Menschen die sich mit Sport quälen kenne ich auch genug und die meisten haben so wenig Spaß daran, dass sie es auch nie lange aushalten. Wie ist das bei euch, habt ihr auch den Eindruck, dass es der heutigen Gesellschaft übermäßig wichtig ist, gesund zu sein, so dass dieser Aspekt das Leben dominiert und möglicherweise die Menschen dann auch auf schlechte Wege führt? Wie viel tut ihr selbst für eure Gesundheit, dominiert dies euren Alltag?

Ich habe in meinem ganzen Bekanntenkreis niemanden der so lebt, wie du das beschreibst. Und daher würde ich sagen, dass es schon lange Menschen gibt, die eben da jeder Mode nachrennen und nur nach diversen Ratschlägen leben. Aber es gibt eben auch viele Menschen, die sich nicht danach richten. Wer von beiden glücklicher lebt, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich gehöre jedenfalls zur zweiten Sorte Menschheit, lasse mich nicht von Diäten oder sonstigen tollen Gesundheitstipps beeinflussen und bin damit glücklich.

Mir macht auch mein Übergewicht und kein Sport kein schlechtes Gewissen und ich habe da auch keine Probleme mit Diskriminierung. Aber wer sich da von Medien und auch Ärzten ständig beeinflussen lässt, der kann doch auch gar keinen Spaß mehr am Leben haben. Man schaut doch nur noch ständig, was man noch besser machen könnte, um angeblich gesünder zu leben.

Ich habe nicht nur das Gefühl, dass der Gesundheitswahn uns das Leben kaputt macht, sondern dass der Schönheitswahn mit den falschen Idealen uns genauso großen Schaden zufügt. Überall wo ich hinsehe, sehe ich nur Werbung für irgendwelche lachhaften Diäten, Sportprogramme oder irgendwelche fragwürdigen Gesundheitsveranstaltungen. Wir wollen dünner, schlanker, idealer sein, halt so wie das Fernsehen uns dies vorgaukelt.

Apropos Fernsehen, das Fernsehen spielt natürlich auch eine extrem wichtige Rolle. Ich schaue mittlerweile kein Fernsehen mehr, weil ich es irgendwie nicht mehr ertragen konnte, mit Werbung konfrontiert zu werden, die mir sagt, wie ich essen, leben und arbeiten soll. Scheinbar wollen wirklich alle jünger aussehen und in Würde altern tut niemand mehr wirklich. Im Internet ist es nicht besser, aber da kann man Werbung ausblenden.

Mir geht es auf den Keks. Wenn ich Übergewicht habe, dann habe ich es einfach. Ich bin zwar immer noch am Reduzieren, auch aus dem gesundheitlichen Aspekt, aber was bringt es mir, wenn ich keine Entspannung, keinen Genuss mehr habe. Also vertilge ich trotzdem meinen Schokokuchen ohne Angst, dass er gleich ansetzt. Man kann soviel Vorbeugung betreiben wie man möchte. Irgendwann wird dieser Wahn sich an der Psyche zu schaffen machen und man denkt sich, dass man eigentlich nur für die Gesundheit gelebt hat.

Ich mag Sport, aber nur bestimmte Sportarten und ich zwinge mich garantiert nicht in ein Sportzentrum, nur weil es gerade in ist. Man sollte auch etwas Spaß an der Sache haben. Ein gesundes Gesundheits- und Körperempfinden sollte man dennoch haben, aber nicht nur für die Gesundheit leben. Dazu ist das Leben zu schön, also für mich jedenfalls.