Eine Beerdigung, wie man sie selten erlebt!

vom 21.02.2015, 00:56 Uhr

Immer mehr Menschen äußern den Wunsch, wenn sie sterben, verbrannt zu werden und in einer Urne anonym beerdigt zu werden. Nun besteht seit einigen Jahren auch die Möglichkeit, sich in einem Friedwald einen Baum auszusuchen, wo man später bestattet werden möchte. Der Friedwald befindet sich auf einem langezogenen Berg. An den Bäumen sind kleine Namensschilder angebracht, wer dort beerdigt wurde.

Heute wurde dort meine Nachbarin beerdigt. Sie hatte sich vor ihrem Tod dort oben auf dem Berg einen Baum ausgesucht, wo sie gerne liegen wollte. Ich war mit dort oben und ich muss sagen, dass es eine ziemliche Strapaze war. Es ging mit dem Wagen einer anderen Nachbarin immer den Berg hinaus. Dort war den Weg ziemlich aufgeweicht und tiefe Spuren von Autos machten die Fahrt zu einem Horrortrip. Eine Schranke mitten auf dem Weg zum Parkplatz ist nur geöffnet bei einer Beerdigung. Vom Parkplatz aus musste man noch sehr weit laufen bis zu einem kleinen Platz, auf dem in der Mitte ein Fels stand, auf dem die Urne aufgebaut war.

Zahlenmäßig waren viele Menschen gekommen, die nun alle im Halbkreis um die Urne standen. Die Schwester der Verstorbenen las eine Rede von einigen Blättern ab. Es war nicht wie üblich eine Trauerrede, sondern eher eine luftig, leichte und liebenswerte Erzählung über den letzten Traum der Verstorbenen, die sich als Schmetterling gefühlt hatte und das sehr schön ausgemalt.

Nach der Rede stellte der Bruder eine Art Ghettoblaster vor den Fels. Nun las eine Freundin eine kurze Ansprache und teilte auch mit, dass die Verstorbene sich das Lied XY zur Beerdigung gewünscht hatte. Dieser Hit - den ich nicht kannte - wurde nun gespielt. Es war ein heiteres Lied.

Danach mussten wir wieder ein Stück laufen und dann ging es abseits des Weges zwischen Bäumen und Gestrüpp, etwas bergab zu dem ausgesuchten Baum. Einige blieben in den Dornen behafteten Brombeer- und anderen Sträuchern hängen und teils rutschte man auf dem Boden. Es war Vorsicht geboten.

Anschließend wurde gesagt, dass alle gemeinsam zur Kapelle irgendwohin fahren sollten. Das wollte meine Nachbarin nicht und so haben wir beide dann Rückweg angetreten. Der richtige Weg wurde verpasst und das Auto landete mitten im Wald vor einer geschlossenen Schranke. Ein einzelnes, kleineres Haus stand ein Stück weiter, aber für die Schranke war kein Schlüssel da.

Eine Frau erklärte dann, dass wir zurück müssten. Drehen ging nicht und rückwärts den steilen Weg wieder hinauf zu fahren mit den breiten Spurrillen, schaffte meine Nachbarin in mehreren Anläufen nicht. Ich hatte auch noch nie einen Automatikwagen gefahren. So half die Frau aus, die dass wohl von anderen Falschfahrern schon kannte.

Ich kann nur sagen, dass das die erste und letzte Beerdigung dort oben war. Meine Schuhe waren voll Matsch,meine Hose beschmiert. Aber alles passte zu der Verstorbenen, die sehr makaber im Leben war. Habt ihr schon eine ähnliche Beerdigung mal erlebt? Wenn die Verstorbene das irgendwie sehen könnte, würde sie ihre Freude daran haben und wie ich sie kannte, sich vor Lachen biegen. Was haltet ihr von einem Ghettoblaster, aus dem ein Hit bei einer Beerdigung ertönt?

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich verstehe nicht so richtig, was dich da stört? Dass bei dem derzeitigen Wetter ende Februar ein Wald matschig ist, finde ich nicht überraschend. Ich hätte mir dann halt wetterfeste Schuhe und waschbare dunkle Hosen angezogen, keinen Anzug oder Kostüm.

Ich habe schon mehrere Beerdigungen erlebt. Allerdings waren bislang alle entweder in Kirchen, Krematorien oder Gedenkräumen auf dem Friedhof. Letztlich wurde da in den meisten Fällen die Musik aus irgend einem elektrischen Gerät abgespielt und nicht live gespielt. Ob das nun ein mobiler Ghetto-Blaster oder eine fest installierte Anlage ist, das wäre mir persönlich nicht so wichtig. Wie sollte man das droben auf dem Berg, weit weg von einer Strominstallation sonst lösen? Höchstens noch ein MP3 Player und Mini-Lautsprecher. Aber ist das stilvoller?

Ich finde es vollkommen legitim, wenn man auf seiner Beerdigung einen Song spielen lässt, der für den Toten wirklich eine persönliche Bedeutung hat. Wer der Person wirklich nahe stand, wird mit dem Lied auch etwas anfangen können. Ich war mal auf einer Beerdigung, da war es nicht möglich ein idividuelles Lied zu wählen. Da hatte der Friedhof eine Liste mit Songs, aus denen man auswählen konnte und man hatte die Wahl zwischen Pest und Cholera. Das fand ich nicht so schön, auch wenn das sicher Stücke waren, die als Mainstream Begräbnislieder durchgehen.

Und makaber ist für mich was ganz anderes. Wenn die Tote ein Ritual nach mexikanischer Tradition gewünscht hätte und alles mit Totenschädeln und Skeletten dekoriert worden wäre, das wäre für mich vielleicht makaber, aber so? Aber da sind eben die Geschmäcker verschieden und auf jeden kann man nicht Rücksicht nehmen.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


@trüffelsucher, um Gottes Willen, da scheine ich etwas falsch gemacht zu haben, wenn der Thread so ankommt. Ich wollte damit nur sagen, dass ich eine solche Art der Beerdigung, so ganz anders als ich es bisher kannte, noch nicht erlebt hatte. Es war nicht die große Traurigkeit, die gedrückte Stimmung, die ich bisher von vielen Beerdigungen kannte. Für mich war das erstaunlich, aber vielleicht sogar noch besser, weil es den nahestehenden Menschen etwas von ihrer Traurigkeit nahm.

Die Liste mit Songs zur Beerdigung kenne ich auch. Ich habe selbst schon mal um ein anderes Lied kämpfen müssen bei der Beerdigung meiner Schwester, weil ich die vorgegeben Songs auch nicht haben wollte. Da der Organist ja von mir bezahlt wurde, hat er dann unseren Wünschen zugestimmt. Bisher war auch immer ein Geistlicher dabei, der eine Trauerrede hielt.

Das war eben dieses Mal anders. Es war in dem Sinne keine Trauerrede. Die Schwester hatte sich sehr viel Mühe gegeben mit ihrer Erzählung. Es waren eben nicht die üblichen Hinweise auf die Stationen während ihres Lebens. Vielleicht kann man es so beschreiben, dass die Schwester den Flug eines Schmetterlings mit leichten Gesten gen Himmel und Blicken nach oben unterstützte.

Ich habe lediglich geschrieben, dass die Verstorbene makaber war, nicht die Beerdigung. Sie hatte eine Art schwarzen Humor.

Natürlich war es in Ordnung, dass das Lied gespielt wurde, das sie sich gewünscht hatte. Nur bisher hatte ich eben noch keinen fröhlichen Hit auf einer Beerdigung gehört. Deshalb war es für mich so, als ob die Menschen zu einer anderen Veranstaltung gekommen waren, nicht zu einer Beerdigung. Die Frau war etwa Ende 40.

Bisher hieß es immer, auf den Wegen bleiben. Hier musste man jedoch vorsichtig sein, dass man nicht den abschüssigen Berg hinunterrutschte und im Gestrüpp hängen blieb. Ich kannte nur eine etwas uneben erhöhte Wiese mit Bäumen, unter denen die Urnen bestattet wurden oder eben normale Gräber. Aber hier ging es abseits vom Weg zwischen Bäumen und Gestrüpp hindurch, so dass einer den anderen festhielt.

Meiner Meinung nach hatte die Stadt ein ziemlich gefährliches Gelände für den Friedwald ausgesucht. Da musste mit gerechnet werden, dass der Boden unter dem Gestrüpp aufgeweicht und deshalb rutschig war. Im Sommer, bei trockenem Wetter ist das alles kein Problem und auch nicht so gefährlich. Da der Wald sehr groß ist, wäre vielleicht ein anderes Stück des Waldes, das mehr eben war, besser gewesen.

Ich wollte keine Kritik an der Beerdigungsfeier üben, nur zum Ausdruck bringen, dass es so ganz anders ablief, als ich es bisher kannte.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Ich finde die Beschreibung sehr schön und recht witzig. Sicherlich ist es eine ganz andere, aber dennoch wirklich eine schöne Art der Beerdigung. Meiner Meinung nach ist es schön, wenn man sich das vorher schon mal bewusst überlegt und bei der Auswahl der Stelle hatte sie sicherlich schon ihren Spaß bei dem Gedanken, dass man da eben nicht so schnell hinkommt und es durchaus witzig werden könnte.

Das mit dem Gettoblaster finde ich wirklich klasse. So kann man eben noch mal ein geliebtes Lied hören und in gewisser Weise auch ein bisschen freudig Abschied nehmen. Ich denke auch, dass man nicht ewig trauern sollte, sondern das auch lustiger gestalten kann, mit Geschichten mit dem Toten und durchaus auch geliebter Musik. In Deutschland ist das oft zu trist und wird dem Toten nicht gerecht.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich erfuhr erst vor etwa zwei Jahren, als meine Mutter noch lebte, von diesem so genannten Friedwald, den es auch bei uns im Saarland, in Saarbrücken, geben muss, wobei ich nicht weiß, wie sich das verhält, ob da in jedem Landkreis ein Friedwald ist u.s.w.

Meine Mutter erwähnte auch mal kurz, dass sie gerne dort beerdigt werden würde, aber wir wussten alle nicht sehr viel darüber und als meine Mutter verstorben war, erzählte mir der ehemalige Freund meiner Nichte, das sei auf den Friedwäldern sehr unpersönlich, da man unter Umständen nicht mal mehr den Baum finden würde, wo der geliebte Mensch beigesetzt wurde, darum räumte ich den Gedanken an solch eine Beisetzung schnell wieder aus.

Man spricht immer wieder bei gewissen Handlungen, bezüglich des Körpers eines Verstorbenen, von Leichenschändung, aber in meinen Augen ist auch das Verbrennen nichts anderes, vor allem lassen aus Kostengründen ja viele Angehörige ihre geliebten Verstorbenen verbrennen, obwohl der Wunsch des Verstorbenen zu Lebzeiten nicht dahin gehend geäußert wurde. Man muss eben nicht, wie z.B. bei Organspenden, einen Nachweis erbringen, dass die verstorbene Person verbrannt werden will, sodass dies von den Hinterbliebenen frei gewählt werden kann.

Ich mag keine Urnenbestattungen, war selbst schon bei fünf solcher Bestattungen dabei, der Grund ist einfach der, dass meiner Meinung nach total der Bezug zu der verstorbenen Person verloren geht. Wenn ich hinter einem Sarg her gehe, von der Kapelle zur Grabstätte, an der die Person beigesetzt werden soll, dann weiß ich, dass da die Person drin liegt, aber wenn eine kleine "Küchenminna" geschoben wird, auf der eine "Laterne" steht, womit ich natürlich die kleine Urne, den kleinen Kasten meine, dann fehlt mir jeglicher Bezug zu der Person als Ganzes!

Nun gibt es Urnengräber, die so gestaltet sind, wie Sarggräber, bloß eben flächenmäßig kleiner, aber der "neue Schrei" sind ja jetzt diese Urnenwände mit Türchen, sodass man meint, vor einem "Freibadspint" aus Marmor zu stehen, TOTAL unpersönlich!

Ich kann mich aber an das Grab meiner Mutter stellen und weiß, dass sie dort in der Erde liegt, doch es gäbe mir keinen Trost, vor einem Baum oder einer Marmorwand zu stehen, wo noch viele ihr "Urnenschicksal" fanden.

Ich habe mich nun wenig auf den tatsächlichen Inhalt des Ausgangsbeitrages, bezüglich des Friedwaldes bezogen, aber ich wollte in dem Zusammenhang einfach mal diese Gedanken niederschreiben.

Doch kurz will ich auch noch auf Deinen Beitrag näher eingehen: Das man den Wald nicht auch noch mit Waschbetonplatten pflastern kann bzw. sollte und dass demnach der Weg auch mal nicht so sauber ist, ist ganz klar, es ist eben direkt in der "wilden" Natur, aber ich stimme Dir dahin gehend zu, dass man schon dafür sorgen könnte, dass die Wege etwas gefestigt sind, z.B. mit Schotter, den man (eigentlich immer sehr zu meinem Ärger, weil ich ein Barfußgänger bin und naturbelassene Wege liebe) auf den meisten Wegen, für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge ja auch auslegt, denn hier würde es schon Sinn machen.

Auch wäre es nicht zuviel verlangt, dass die zuständigen Personen, die den Friedwald verwalten, in Auftrag geben, dass die Brombeerhecken, aber auch Sträucher und Äste jeder anderer Art, gestutzt bzw. zurückgeschnitten werden, damit wenigstens eine Beisetzung erfolgen kann, bei der die Leute ungehindert gehen können und nicht bei einer Beisetzung ein "Auge verlieren", weil sie in Sträucher rennen oder sich den Hachsen brechen, weil es vor Matsch nur so strotzt!

Das diese Beisetztungen auf eine etwas andere Art gestaltet werden, z.B. mit Aufstellen eines Radiorekorders, aus dem z.B. das Lieblingslied der Verstorbenen ertönt, finde ich nicht mal schlimm, es erscheint uns nur befremdlich, weil es nicht die "Normbeerdigung" nach dem "Schema F" ist, es ist eben mal etwas anderes, relativ neues und solange das Ganze nicht in eine respektlose, heitere Musikparty ausartet, finde ich das in Ordnung, aber da gehen die Meinungen ebenso auseinander, wie sie das bezüglich der Verbrennung zwecks Urnenbestattung tun, eine Form der Beisetzung, die ich aus den oben genannten Gründen nicht mag.

» Plauderkäfer » Beiträge: 74 » Talkpoints: 37,75 »


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