Setzt euer Studiengang die Prioritäten richtig?

Grundsätzlich bin ich sehr zufrieden mit meinem Studiengang. Die Inhalte sind genau das Richtige für mich und decken sich mit dem, was ich später mal in meinem Beruf täglich machen möchte.

Leider habe ich manchmal das Gefühl, dass der Studiengang die Prioritäten - zumindest in meinen Augen - falsch setzt. Wichtige Themen haben wir nur im Blockunterricht zwei Tage lang, während andere Themen, die weniger wichtig sind, ein ganzes Semester lang jede Woche ein paar Stunden bearbeitet werden. Was wichtig und was nicht wichtig ist, ist natürlich auch immer davon abhängig, auf welchen Beruf man hinaus will und welche Vorstellungen man vom Studium hatte. Bei uns ist es beispielsweise so, dass vielen der informationstechnische Teil des Studiums zu hoch ist, von mir aus könnten wir hingegen noch viel tiefer in die Programmierung einsteigen.

Worin wir uns aber alle einig sind, ist, dass die Grundlagen zu kurz gekommen sind. Da wir uns sehr viel mit Websites und allem, was damit zu tun hat und sonst noch so online zu finden ist, beschäftigen, wäre es beispielsweise hilfreich gewesen, mal Grundlagen in der Informatik gehabt zu haben, also so Fragen beantwortet bekommen wie „Wie funktioniert ein PC?“ oder „Was ist eine IP-Adresse?“. Das alles blieb aus und deswegen sind manche dann auch ein wenig aufgeschmissen, wenn ein Dozent in einer fortgeschrittenen Vorlesung dann voraussetzt, dass wir wissen, wie eine IP-Adresse aufgebaut ist oder dass ein Computer eigentlich nur Nullen und Einsen kennt.

Ich hatte da Glück, weil ich vom informationstechnischen Gymnasium gekommen bin und somit schon Vorerfahrungen hatte. Andere sind hingegen oft aufgeschmissen. Das ist schade, hier wurden die Prioritäten meiner Ansicht nach einfach nicht richtig gesetzt. Natürlich ist ein Studium härter als die Schule und man bekommt nicht mehr alles vorgekaut, aber unter dem Aspekt, dass wir ein duales Studium machen und das Niveau nicht allzu hoch ist, sondern wir einfach nur das Studium unter einem enormen Zeitdruck absolvieren, hätte man sich ruhig die Zeit für Grundlagen nehmen können.

Wie ist das bei euch im Studiengang? Findet ihr, dass die Prioritäten richtig gesetzt wurden oder hättet ihr gerne die ein oder andere Vorlesung ausführlicher gehabt und ein anderes Thema dafür weniger vertieft?

Ich glaube solche Diskussionen über die Prioritätensetzung bestimmter Lehrinhalte, werden auch schon in der Schulzeit oder auch in der Ausbildung geführt und sind kein Phänomen eines Studiums. Ich weiß ja nicht wie groß euer Studiengang jetzt personell war, aber ich glaube man wird da nie auf einen Nenner kommen. Während meines Studiums habe ich da weniger Gedanken verschwendet ob die Prioritäten richtig und ausführlich gesetzt sind.

Das Gefühl kenne ich. Gerade in meinem Studiengang habe ich manchmal schon das Gefühl, dass ich zu wenig auf meinen späteren Berufswunsch vorbereitet werde. Es werden eher die drei großen Bereiche abgedeckt, die eben standardmäßig sind und in denen sich die meisten beruflich "verirren", für Exoten wie mich ist das überhaupt kein Platz. Ich finde, der sozialwissenschaftliche Aspekt ist bei uns viel zu hoch gewichtet und sollte durchaus weniger behandelt werden, schließlich gehört mein Studiengang zu den Naturwissenschaften, da sollten dann auch die sozialwissenschaftlichen Kurse in der absoluten Minderheit bleiben finde ich.

Schade finde ich, dass die Themenbereiche, die mich interessieren, so gut wie gar nicht behandelt werden. In meiner ganzen Studienzeit wird erst jetzt zum ersten Mal ein Vertiefungsseminar angeboten, das genau in meine berufliche Richtung geht, also von der Thematik her. Ansonsten wird noch ein einwöchiges Blockseminar im Master angeboten und das war´s dann im Prinzip. Mir ist schon klar, dass mein Berufswunsch eher eine Ausnahme ist, so gibt es in ganz Deutschland nicht mal eine handvoll Experten auf diesem Gebiet, aber ich finde dennoch, dass man das ausbauen sollte, denn in den USA gibt es ganze Sektoren, die sich thematisch damit beschäftigen und es hat sich eine ganze Industrie darauf aufgebaut.