Als Rollstuhlfahrer Naturwissenschaften studieren?
An meiner alten Uni gab es einen einzelnen Studenten, der im Rollstuhl sitzen musste und dementsprechend auch auf einen barrierefreien Zugang zu allen Veranstaltungen angewiesen war. Ich persönlich habe nichts gehen körperlich eingeschränkte Menschen, wobei ich mich bei ihm jedoch schon häufiger gefragt habe, ob er überhaupt das richtige Studienfach ausgewählt hatte. Bei uns ist es nämlich so, dass wir gerne mal bei Wind und Wetter in das bescheuertste und unvorteilhafteste Gelände überhaupt geschickt werden, sodass man auf zwei Beinen schon Probleme hat, den Halt nicht zu verlieren. Gerade bei solchen Sachen wie Hangvermessungen oder die Entnahme von Bodenproben bei matschigem Untergrund ist es schon problematisch, wenn man nicht körperlich eingeschränkt ist. Da wird ein Rollstuhlfahrer dann erst Recht Probleme bekomme, gerade wenn solche Exkursionen und Geländepraktika eben verpflichtend sind um den Abschluss machen zu können.
Da ich irgendwann die Uni gewechselt habe, weiß ich auch gar nicht, ob dieser Kommilitone das Studium abgeschlossen oder ob er irgendwann das Fach gewechselt hat, auch wenn es mich schon irgendwie interessieren würde.
Findet ihr, dass man als Rollstuhlfahrer auch ein naturwissenschaftliches Fach studieren kann? Oder sind die Naturwissenschaften vom Aufbau her so konzipiert, dass körperlich eingeschränkte Personen von vorne herein ausgegrenzt werden? Sollten die Naturwissenschaften ihre Studiengänge dahingehend anpassen, dass die Fächer eben behindertengerecht angepasst werden und so vermehrt auch eingeschränkte Personen das Studium aufnehmen könnten? Oder findet ihr so etwas übertrieben und unnötig?
Ich wundere mich ehrlich gesagt etwas über die Frage. Inklusion sollte meiner Meinung nach selbstverständlich sein und ich kann mir nicht vorstellen, dass es für ein Studium verpflichtend ist im Schlamm draußen herumzuspazieren.
Eingeschränkte Menschen überlegen in der Regel noch genauer, was sie später machen möchten und ich bin mir sicher, dass es gerade für Naturwissenschaftler genügend Möglichkeiten gibt außerhalb von schlammigen Wegen zu arbeiten.
Bei uns ist es in der Tat verpflichtend. Bei uns ist es nämlich so, dass wir sehr viel theoretisches Lernen, das einfach besser eingeprägt wird, wenn wir es draußen im Gelände nochmal in Natura gezeigt bekommen oder eben selbst praktisch anwenden müssen.
Wir müssen so auch Bodenproben entnehmen und eben auch praktisch mit GPS im freien Gelände und bei Hangvermessungen umgehen können. Es gehört bei uns auch dazu, dass man Flüsse untersucht und beispielsweise die Kontamination von Gewässern oder die Fließgeschwindigkeit ermittelt und dafür muss man eben auch mal die Schuhe ausziehen und selbst ins Wasser steigen.
Die reine Theorie bringt überhaupt nichts, man muss es praktisch anwenden können und das wird eben schwierig, wenn man nie auch nur einen Fuß ins Gelände gesetzt hat. Anschließend müssen wir auch immer Protokolle und Berichte anfertigen, die dann auch benotet werden. Wir werden durch diese Geländepraktika ja auch auf das Berufsleben vorbereitet, weil das später im Beruf auch zum Alltag gehören wird und wenn man das im Studium schon nicht machen kann, stelle ich mir das im Berufsleben noch schwieriger vor.
Es soll bei uns in der Uni zwar einen Behindertenbeauftragten geben, aber bei uns im Institut gibt es keinen und dementsprechend ist mir kein Fall von Inklusion bei uns bekannt.
Warum denn nicht? Was man in der Ausbildung macht, ist eine Sache. Wie das Anforderungsprofil aussieht, das die letztendliche Arbeitsstelle stellt eine ganz andere. Beispiel Medizinstudium: Im Grundstudium muss man eine Menge an Mathematik und Physik beherrschen und nachweisen.
Zeig mir doch mal den Hausarzt, der das in der Praxis noch täglich braucht? Wenn jemand zum Beispiel Geoökologie studiert und Bodenproben im Studium nehmen muss, dann wird der vielleicht Wissenschaftsjournalist nach dem Studium und muss nie wieder eine Probe nehmen sondern nur in Archiven recherchieren und interviewen oder schreiben. Oder er hat später einen Assistenten, der die Geländegänge gegen Bezahlung übernimmt.
Neulich gab es sogar schon eine Dokumentation über einen Chirurgen, der im Rollstuhl sitzt. Dank einer Spezialanfertigung kann er am Operationstisch mehr oder weniger stehen. Und man operiert ja auch nicht mit den Füßen, sondern mit den Händen.
Stephen Hawking arbeitete für die NASA, nahm an Parabelflügen teil, benötigte bereits Hilfe beim Schreiben seiner Dissertation- das alles geht durchaus mit Behinderung. Warum dann nicht ein paar Studenten mal draußen einem Rollstuhlfahrer helfen können, ist mir noch nicht ganz klar.
Es fahren Rollstuhlfahrer teilweise mit ihrem Rollstuhl durch die halbe Welt, begeben sich auf den Jacobsweg oder betreiben Extremsport. Nick Vuijcac zum Beispiel lebt nicht nur im Rollstuhl, sondern auch ohne Arme und ohne Beine. Der Mann hat schon mehr Aktivitäten ausprobiert, als die meisten von uns es je machen werden.
Ich kann mir noch nicht ganz vorstellen, dass es verpflichtend ist für den Einzelnen bei bestimmten Witterungsbedingungen bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Nachvollziehbar finde ich es durchaus, wenn man im Studium auch praktisch gefordert wird und lernt das Arbeiten nicht immer von der eigenen Laune abhängig sind. So könnte ich mir durchaus vorstellen, dass auch von einem Rollstuhlfahrer erwartet werden kann, dass er sich wetterfest anzieht/anziehen lässt und in Gruppenarbeiten zum Beispiel mitkommt auch ohne selbst die Probe zu entnehmen.
Es gibt hier ja viele sinnlose Fragen. Natürlich hat jeder das Recht, das zu lernen, was er gerne machen möchte. Nur weil man im Rollstuhl sitzt, muss man deshalb ja nicht schlecht in dem Fach sein.
Es gibt doch genügend Beispiel dafür, denken wir an Stephen William Hawking, der ist ein Physiker, der an Motor Neuron erkrankt ist. Oder dieser Tänzer, die erst studierte und bei einem Unfall ihr Bein verloren hatte. Wer hätte gedacht das sie später mal mit einem künstliches Bein so erfolgreich ist. Komme jetzt nicht auf den Namen.
Wenn man so denkt, dann musste mein Sohn, der nicht lesen und schreiben kann, immer zu Hause sein und könnte nie arbeiten gehen.
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