Vermisstes Kind schlimmer als verstorbenes Kind?

vom 19.01.2015, 15:49 Uhr

Hier Warum wird nicht über alle vermissten Kinder berichtet? habe ich von den Eltern eines vermissten Kindes geschrieben. Wenn man hier in der Gegend darüber spricht, dann kommen oft solche Sprüche wie "Wenn es tot wäre, wäre es nicht so schlimm für die Eltern". Oder "Wenn man die Leiche finden würde, dann wären die Eltern bestimmt erleichtert".

Irgendwie kann ich es verstehen, wenn man so redet. Aber dennoch kann ich mir nicht vorstellen, dass es Eltern lieber ist, dass das Kind tot ist als dass man noch Hoffnungen haben kann. Andererseits ist es ja doch schwer, sich immer vorzustellen, was das Kind im Moment vielleicht erleiden muss. Ist denn wirklich ein vermisstes Kind schlimmer als ein totes Kind?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich denke, es kommt darauf an, aus welcher Perspektive man das betrachtet. Für die Eltern wäre es am besten, wenn das Kind irgendwann zurückkehrt. Das Wann und das Wie sind nicht so wichtig. Hauptsache, sie haben ihr Kind zurück. Aber welchen Preis muss das Kind dafür zahlen? Jahrelange Qualen? Dass das Kind wohlbehütet aufwächst und der einzige Knackpunkt ist, dass es nicht bei seinen Eltern ist, ist nicht anzunehmen. Wahrscheinlich leidet es, hat Angst und Schmerzen. Also aus der Sicht des Kindes wäre der Tod besser.

Für die Eltern wäre alles vorbei, wenn das Kind zurückkehrt. Ihre Ängste, Qualen und Zweifel sind vorbei. Ihre Familie wäre wieder komplett. Aber das Kind wird ein Leben lang die Erinnerung an diese Zeit mit sich schleppen und wahrscheinlich nie ein normales Leben führen können. So schlimm die Zeit für die Eltern war, emotional, was sie sich alles vorgestellt haben, die Hilflosigkeit, die Schuldgefühle. Das Kind musste einfach tausend Mal mehr ertragen, ganz reale Dinge, nicht nur Gedanken.

Der Wunsch der Eltern auf eine Rückkehr wäre also ziemlich egoistisch. Und all das für einen Funken Hoffnung. Denn dass ein Kind nach Jahren oder auch nur nach Monaten zurückkehrt, ist extrem selten. Dass es in diesen Jahren unendlich gelitten hat, höchstwahrscheinlich. Da ist es doch besser, es ist tot. Also rein aus ihrer Perspektive wäre es Eltern lieber, das Kind würde noch leben.

Und wie gesagt, die Hoffnung ist wirklich extrem gering. Sie ist nicht groß genug, um die Eltern leben zu lassen. Sie halten sich nur irgendwie aufrecht. Aber wirkliche Hoffnung, wenn es mehr eine Frage des Wann wäre als des Ob, sieht anders aus. Da ist es besser, man findet die Leiche - die es zu fast 100 Prozent ja eh gibt - und die Eltern können sich an die Trauerarbeit machen und alles irgendwann einigermaßen verarbeiten, so dass sie wieder so etwas wie ein Leben führen können.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ein Kind zu verlieren, ist das schlimmste, was Eltern passieren kann. Es ist einfach nicht vorgesehen, dass Kinder vor den Eltern sterben oder dass die Verbindung zwischen Eltern und Kind unerwartet und vollständig abreißt.

Für die betroffenen Eltern ist es in der Tat meistens einfacher, wenn ein Kind verstorben ist. Das klingt fürchterlich hart, aber es hat einen ganz bestimmten Grund. Um ein verstorbenes Kind können die Eltern trauern.

Ja, es wurde aus dem Leben gerissen und die Lücke, die es hinterlässt, ist grauenvoll und schmerzhaft. Aber diese Eltern wissen, was ihrem Kind zugestoßen ist. Egal ob ein Kind bei einem Unfall, an einer Krankheit oder als Opfer einer Gewalttat gestorben ist: Die Eltern haben Gewissheit, das ihr Kind nicht mehr da ist.

Sie haben die Chance zu trauern und langsam aber stetig mit dem Verlust umzugehen zu lernen. Sie haben einen Lebensabschnitt mit diesem Kind und einen Punkt, ab dem das Leben ohne dieses Kind weitergeht. Das ist schlimm und es ist auch nicht leicht zu bewältigen. Aber man kann damit umgehen lernen. Denn der frühe Tod eines Kindes soll zwar nicht sein, aber er gehört irgendwie zum Leben dazu. Manchmal sterben Kinder.

Anders ist es dagegen, wenn ein Kind von jetzt auf gleich verschwindet. Eltern verlieren nie wirklich die Hoffnung. Sie hoffen und glauben immer an eine mögliche Rückkehr. Sie machen sich schreckliche und quälende Gedanken, was diesem Kind zugestoßen sein mag. Sie leiden immer unter den Vorstellungen, wie es gerade jetzt ihrem Kind geht. Ist es tot, wird es missbraucht oder gequält? Geht es ihm vielleicht gut?

Selbst wenn es wahrscheinlich ist, dass das Kind nicht mehr lebt, können die Eltern vermisster Kinder nicht trauern. So lange sie keine Gewissheit haben, so lange hoffen sie auch. Daher können sie niemals einen Weg zurück in das "normale" Leben finden. Sie funktionieren nach Wochen oder Jahren irgendwie. Aber seelisch hängen sie immer in der Sorge und der Hoffnung fest.

Trauer ist ein langer Prozess, der es den Hinterbliebenen erlaubt, irgendwann ihr Leben weiter zu leben. Diese Möglichkeit haben die Eltern vermisster Kinder nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13381 » Talkpoints: 510,47 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Ich denke, dass es darauf ankommt, aus welcher Perspektive man den Verlust des eigenen Kindes betrachten möchte. Klar ist, dass es immer grauenhaft und das Schlimmste ist, wenn eine Familie ihren Nachwuchs verlieren muss. Dies ist für Eltern eine harte Probe des Lebens, die viel Schmerz, Leid, Trauer und Angst mit sich bringt. Man wird diesen Tag nie vergessen.

Doch stellt man sich die Frage, ob es besser ist ein Kind als verstorben zu wissen oder nur als vermisst, dann wird es schwer zu antworten. Denn beides ist gleich schlimm. Wobei aber der wissentliche Tod des Kindes ein Abschluss mit Sorgen, Trauer, Hoffnung und Ängste ist. Denn hier wissen die Eltern, dass ihr geliebtes Kind verstorben ist und keinerlei Hoffnung auf eine Rückkehr gegeben ist. So können sie ihre Trauer professionell oder auf eigene Faust verarbeiten und ihr Lebensalltag ein wenig richten.

Während das eigene Kind beim vermisst sein immer die Hoffnung erweckt, dass Eltern es lebendig wiederkriegen. Gleichzeitig denken Eltern darüber nach, wo das Kind sich in diesem Moment aufhält, ob es Angst hat, ob es ihm/ihr gut geht und mehr. Dies kann Eltern auf eine psychische Belastungsprobe bringen, die einen wahnsinnig macht. Diese Unwissenheit denke ich persönlich, ist wirklich kaum zu erklären.

Deswegen glaube ich, dass es für Eltern "besser" ist, wenn sie wissen, was mit ihrem Kind passiert ist. Denn so können sie einen besseren Alltag mit oder ohne Hilfe in Angriff nehmen, als wenn sie jeden Tag hoffen und bangen müssen, dass sie eine gute oder gar schlechte Nachricht über ihr vermisstes Kind erhalten.

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» Kätzchen14 » Beiträge: 6121 » Talkpoints: 1,40 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Es kommt wohl auf die Umstände des Verschwindens an, ob es für die Eltern besser wäre, wenn das Kind tot gefunden werden würde. Das kann man so pauschal gar nicht sagen, denn die Hoffnung dass das Kind noch lebt muss nicht zwangsläufig schlimmer sein.

Wenn ein Kind als Baby verschwindet beziehungsweise entführt wird, ist die Wahrscheinlichkeit das es noch lebt und es ihm gut geht natürlich wesentlich höher als bei älteren Kindern. Da würde ich hoffen, dass die Entführerin einfach nur selber ein Baby wollte und es ihm gut geht und sie es wie ihr eigenes Kind behandelt. Da denke ich nicht, dass es schlimmer ist ein vermisstes als ein totes Kind zu haben.

Genauso ist es bei Jugendlichen. Da ist die Wahrscheinlichkeit das es weggelaufen ist, wesentlich höher als die Wahrscheinlichkeit das es entführt wurde. Da macht man sich natürlich trotzdem total viele Sorgen, dass das Kind in die falschen Hände geraten könnte und was ihm alles passieren könnte, aber ich glaube ich würde immer hoffen, dass mein Kind zu mir zurück kommt und einfach nur weggelaufen ist.

Bei Kindern ist die Wahrscheinlichkeit das es entführt wird am Höchsten wenn es plötzlich verschwunden ist. Aber ob es wirklich besser ist, wenn man weiß, dass das Kind tot ist, weiß ich wirklich nicht. Sicher hat es den Vorteil, dass man trauern kann und loslassen. Diese ewige Hoffnung und Verzweiflung stelle ich mir total schlimm vor und kann mir sehr gut vorstellen, wie sehr die Eltern darunter leiden müssen. Aber es besteht eben noch ein Funken Hoffnung dass man das Kind wieder bekommt. Das ist besser als wenn das Kind tot ist.

» JadeC » Beiträge: 677 » Talkpoints: 1,71 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Wird es den Eltern lieber sein, wenn das Kind lebt und dafür misshandelt wird? Nehmen wir beispielsweise mal den Fall Kampusch. Sie musste so viele Jahre lang leiden und nun kann sie auch kein richtig normales Leben führen und den Eltern ist sie sicherlich danach auch fremd gewesen.

Ich denke, dass es leichter ist, wenn ein Kind tot ist und nicht leiden muss. Ich würde es meinem Kind nicht wünschen, dass es Qualen erleiden muss und von einem Erwachsenen gequält wird. Sicherlich, ich habe kein Kind, aber ich würde es durchaus als vorstellbar ansehen. Die ewige Hoffnung, dass alles wieder gut wird ist sicherlich auch nicht so schön.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Meiner Meinung nach ist es nach einer gewissen Zeit für die Eltern leichter zu ertragen, wenn sie die Nachricht bekommen, dass ihr vermisstes Kind tot ist. Das klingt zwar hart, aber wenn man immer in Ungewissheit lebt, kann man bis an sein Lebensende nicht damit abschließen. Wenn man weiß, dass das Kind tot ist, ist das zwar erstmal ein riesengroßer Schock, aber man kann anfangen das Ganze zu verarbeiten.

Wenn das Kind erst ein paar Wochen vermisst ist, macht man sich immer noch Hoffnungen und die Chancen stehen gar nicht so schlecht, dass das Kind wohlbehalten zurückkehrt. Aber wenn man Monate oder gar Jahre warten muss und sich Gedanken macht, was das Kind momentan durchleiden muss, quält man sich jeden Tag selber mit dieser Frage.

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» crazygirl1990 » Beiträge: 573 » Talkpoints: 0,24 » Auszeichnung für 500 Beiträge



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