Wie kann ich eine Zuzahlungsbefreiung erwirken?
Auf Medikamente muss man ja eine Zuzahlung leisten. Laut diesem Artikel hier zahlen die Krankenkassen also nur noch einen Festbetrag und alles andere muss der Kranke selbst zahlen. Allerdings kann man sich von dieser Zuzahlung auch befreien lassen. Das steht so zumindest in oben genannten Artikel. Leider steht da nicht genau, wie das funktioniert:
Im Falle eines atypischen Ausnahmefalles jedoch, insbesondere wenn aufgrund ungewöhnlicher Individualverhältnisse keine ausreichende Versorgung zum Festbetrag möglich ist, hat der Versicherte dennoch einen Anspruch hierauf.
Wie beweise ich nun einen solchen Ausnahmefall ausreichend?
Ich kann dir nur erklären, wie ich jedes Jahr zu einer Zuzahlungsbefreiung komme. Allerdings bin ich chronisch krank, beziehe eine Erwerbsminderungsrente und zusätzlich Sozialleistungen. Die Art der Sozialleistungen hat nämlich auch noch mal Einfluss auf die Höhe der Zuzahlungen.
Mir schickt die Krankenkasse mittlerweile im jeden Jahr zum Jahresende hin, meistens im Oktober, einen Fragebogen zu. Dort muss ich meine Einkünfte eintragen, die ich auch belegen muss. Ich lege in der Regel eben die Kontoauszüge bei. Dieses Jahr wollen sie aber noch einen Bescheid dazu sehen.
Alle zwei Jahre liegt auch ein Fragebogen für den Arzt dabei, der die Hauptbehandlung macht. Der füllt dann aus, seit wann ich chronisch krank bin. Ich glaube die Diagnosen kommen auch noch mit drauf. Dieser Fragebogen gilt aber nur dem Nachweis, dass ich weiter chronisch krank bin.
Dann schickt mir die Krankenkasse eine Rechnung zu oder bucht den Betrag eben von meinem Konto ab und ich bekomme einen Befreiungsausweis. Die Höhe des Betrages ist abhängig vom Einkommen und ob man chronisch krank ist. Chronisch Kranke zahlen ein % ihres Gehaltes und Menschen, ohne chronische Erkrankung zwei % ihres Einkommens. Menschen, die Sozialleistungen aus dem Arbeitslosengeld 2 Topf oder ergänzende Leistungen, Sozialhilfe und ähnliches beziehen und chronisch krank sind, müssen etwas um die 50 Euro im Jahr zu zahlen. Bezieht man "nur" Wohngeld, ist der Betrag höher. Den festen Satz gibt es nur für andere Sozialleistungen.
Man kann aber auch zum Jahresende oder eben jetzt hingehen und bei der zuständigen Krankenkasse die Quittungen des letzten Jahres (also 2014) einreichen und bekommt dann alles, was über dem Prozentsatz liegt wieder zurück. So kann man dann zum Beispiel eben auch als chronisch kranker Mensch, der Sozialleistungen bezieht, Zuzahlungen bis zu den 50 Euro leisten und kann sich erst dann befreien lassen.
Bewirken brauchst du das gar nicht, dass ist generell dein Recht. Die meisten Krankenkassen bieten das mittlerweile (wenn auch auf Nachfrage) so an, wie ich es handhabe. Würde meine Krankenkasse von mir fordern, dass ich doch bitte die Zuzahlungen erst leisten soll, würde ich argumentieren, dass ich dazu neige, dann aus Geldmangel auf nötige Medikamente zu verzichten.
In diesem besonderen Fall der Befreiung von der Zuzahlung geht es nicht um die Befreiung von den normalen Zuzahlungen, die Versicherte zu ihren Medikamenten leisten. Es geht um Fälle, in denen ein Medikament teurer ist als andere Medikamente mit identischem Wirkstoff oder vergleichbarer Wirksamkeit. Das betrifft also nur eine vergleichsweise kleine Gruppe von Patienten.
Um eine Befreiung von der Zuzahlung zu erhalten, benötigt man in diesem Fall zuerst eine Bescheinigung vom behandelnden Arzt, in der er ausführlich begründet, warum der betroffene Patient aus teureres Präparat benötigt. Zusammen mit der Bescheinigung stellt man dann bei seiner Krankenkasse einen Antrag auf Übernahme der Kosten.
Jetzt liegt es in der Hand der Krankenkasse, ob sie den Antrag selbst prüft, den medizinischen Dienst der Krankenkassen eine Einschätzung treffen lässt oder einen Gutachter hinzuzieht. Versicherte müssen sich allerdings nicht wundern, wenn der Antrag abgelehnt wird. Dann heißt es, einen Widerspruch einzulegen und nach der wahrscheinlichen erneuten Ablehnung zu klagen. Das ist leider so.
Eigentlich sind die Regeln mit dem Festbetrag und der Verträgen zwischen Herstellern und Kassen, was individuell vereinbarte Rabatte angeht, eine clevere Idee. Sie tragen zur Senkung der Kosten bei. Leider bringen sie auch viele Probleme.
Senioren und andere chronisch Kranke müssen sich ständig auf neue Pillen einstellen. Das führt zur Verwirrung und gerade bei älteren Menschen zur falschen Einnahme. Außerdem können viele Präparate nicht einfach ausgetauscht werden. Schilddrüsenhormone kann man zwar generell von jedem Hersteller einnehmen. Aber jeder Wechsel erfordert eine Anpassung der Dosierung und allen teuren Laboruntersuchungen.
Auch Menschen mit Schluckbeschwerden haben oft massive Probleme. Sie erhalten zur Regulierung der Magensäure den Wirkstoff Omeprazol. Aber sie können die einfachen Kapseln der Nachahmerpräparate nicht vernünftig schlucken. Die Differenz zu den originalen Antra MUPS müssen sie selbst tragen. Oft sind Beträge gar nicht sehr hoch. Aber wer krank ist und auf Das Geld von Rentenkasse oder Jobcenter angewiesen ist oder einfach wenig verdient, der hat kaum eine Chance.
Nur wird wegen der geringen Summen in der Regel nicht geklagt. Oft wird noch nicht einmal ein Antrag gestellt. Besonders schlimm ist es, wenn Ärzte Präparate statt Wirkstoffen verordnen. Die Vereinbarungen zwischen Krankenkassen und Apotheken ändern sich alle 14 Tage. So regelmäßig bekommen die Praxen kein Update. Und plötzlich müssen Menschen für etwas eine Zuzahlung leisten, das bisher immer im Rahmen blieb.
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