Muss das erwachsene Kind immer den ersten Schritt machen?

vom 01.01.2015, 19:17 Uhr

Seit mehreren Monaten habe ich keinen Kontakt zu meiner Mutter, sie hat einfach ein riesen Problem damit, mich und meine Entscheidungen zu respektieren und möchte mir immer wieder ihren Willen aufdrängen und geht dabei teilweise sehr fragwürdige Wege.

Vor einigen Monaten hatte meine Mutter einfach eine meiner Freundinnen auf Facebook angeschrieben (sie kennt sie nicht einmal persönlich) und wollte sich mit ihr über mich unterhalten, sie sagte zu meiner Freundin noch, dass sie mir davon nichts sagen soll, da ich sonst böse werde. Für mich war das eine klare Aussage, dass sie sich darüber bewusst ist, dass sie etwas macht von dem sie weiß, dass es mich stört.

Daraufhin habe ich den Kontakt abgebrochen, da sie in der Vergangenheit schon öfters Sachen gemacht hat, an denen ich mich enorm gestört habe, teilweise ist ihr Verhalten ja auch verletzend. Den Kontakt habe ich einfach abgebrochen, ohne mit ihr ein Gespräch zu führen. Anscheinend hatte sie aber bereits vermutet, dass sie wieder einmal zu weit gegangen ist, denn auch sie hat sich nach dieser "Tat" nicht mehr gemeldet.

Vor ca. 2 Monaten begegneten wir uns beim einkaufen. Sie fragte nach, weswegen ich nicht mehr angerufen habe oder vorbei gekommen bin. Ich teilte ihr dann mit, dass sie wieder einmal zu weit gegangen ist. Sie meinte dann nur, dass sie das nicht schlimm findet und ich mich ja melden kann, wenn ich mich wieder beruhigt habe!

Auch diese Aussage zeigt mir, dass sie mich nicht respektiert und sich wieder einmal keiner Schuld bewusst ist. An Weihnachten bekam ich abends eine SMS von ihr in der sie mir kurz frohe Weihnachten wünschte. Ehrlich gesagt, fand ich diese SMS direkt frech. Ich finde, diese SMS ist ein Zeichen dafür, dass sie über die Situation nicht mehr sprechen möchte und sich deswegen auch nicht traut anzurufen.

Nun ist es ja doch so, dass man sich denkt "...aber sie ist halt deine Mutter". Würdet ihr sie an meiner Stelle kontaktieren und ein klärendes Gespräch suchen, obwohl diese Gespräche in der Vergangenheit bereits nichts gebracht haben oder würdet ihr dann einfach "ohne Mutter" weiter leben? Fakt ist nämlich auch, dass ich keine Nerven und keine Zeit habe, mich ständig über die Aktionen meiner Mutter zu ärgern.

» que_Linda » Beiträge: 688 » Talkpoints: 9,25 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich bin ganz klar der Meinung, dass das erwachsene Kind nicht immer den ersten Schritt machen muss. Immerhin geht es dabei dann um zwei erwachsene Menschen. Warum sollte der eine immer die eine Rolle spielen müssen und der andere die andere. Klar, sie ist immerhin deine Mutter. Aber du bist immerhin ihre Tochter. Wenn zwei Erwachsene sich streiten, müssen sie beide die Verantwortung für ihr Handeln tragen. Auch Kinder müssen sich nicht alles gefallen lassen.

Ganz konkret finde ich eure Situation sehr schwierig. Was grundlegend fehlt, ist, dass deine Mutter Rücksicht auf deine Gefühle nimmt. Es ist ganz egal, wie übertrieben sie deine Reaktionen findet. Sie hat dich verletzt und muss dafür geradestehen. Ob sie findet, dass es verletzend war, ist nicht wichtig, weil sie ja nicht diejenige ist, die verletzt ist.

Andererseits wird es womöglich nie dazu kommen. Wenn sie deine Reaktionen tatsächlich für übertrieben hält, darf sie ihnen eigentlich nicht nachgeben. Stell dir eine Reaktion vor, die auch du übertrieben fändest. Sollte man alles tun, um den anderen zu besänftigen, auch wenn es total überzogen ist? Für sie ist diese Grenze eben schon erreicht.

Was die SMS zu Weihnachten angeht. Du kannst nicht wissen, warum sie sie geschickt hat. Du kannst nur Vermutungen anstellen. Vielleicht wollte sie auch einfach wenigstens an Weihnachten den Streit kurz vergessen. Dir trotz dass ihr gerade streitet, an diesem Tag etwas Gutes wünschen. Das kann wirklich einfach nur nett gewesen sein. Oder weil es ihr leid tat, dass die Familie an Weihnachten nicht zusammen war.

Ich habe auch immer wieder Probleme mit meiner Mutter und würde unser Verhältnis auch als schwierig bezeichnen. Ich hatte mal eine Freundin, die phasenweise jahrelang keinen Kontakt zu ihrer Mutter hatte. Da wurde ich fast neidisch. Aber dennoch kann ich es mir nicht vorstellen, wirklich mal keinen Kontakt zu meiner Mutter zu haben.

Denn auch wenn sie oft herablassend, überheblich, kritikunfähig, nervig, verletzend und manipulativ ist, weiß ich, dass sie kein schlechter Mensch ist. Und dass sie das alles nicht böse meint. Ich kann sie dafür nicht verurteilen. Zumindest nicht so sehr, dass ich ihr den Kontakt zu mir verweiger. Denn für eine Mutter muss das extrem schmerzhaft sein. Selbst für meine Mutter, die mir oft sehr kaltherzig vorkommt.

Also ich an deiner Stelle würde nicht aufgeben. Sag ihr klipp und klar, wenn sie dich verletzt. Oder lass es nicht so nah an dich ran. Ich habe mich dagegen entschieden, ihr zu sagen, was sie alles für Fehler gemacht hat. Und auch die neuen Fehler diskutiere ich nicht mit ihr aus, weil ich weiß, dass es nichts bringt. Dem Stress setze ich mich also gar nicht aus.

Außerdem habe ich 500 Kilometer zwischen mich und meine Mutter gebracht und seitdem ist es viel besser geworden. Wenn ich mich mal über sie aufrege, ist das immer nur von kurzer Dauer, weil ich durch die Entfernung auch genügend emotionalen Abstand habe. Sie kann nicht plötzlich vor meiner Tür stehen. Ich muss nicht gleich am nächsten Sonntag zum Pflicht-Kaffee-und-Kuchen-Termin antanzen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Wenn du schon mehrmals mit deiner Mutter über solche Situationen gesprochen hast und es nichts hilft, musst du es mal anders versuchen. Schreib ihr mal einen ausführlichen Brief. Erkläre ihr, was dich stört, was sie in deinen Augen nicht richtig macht und bitte sie, diesen Brief aufzubewahren und bei der nächsten Situation, die wieder auswuchert, sich mal wieder durchzulesen und sich endlich zu merken, wo für dich eine Verletzung beginnt und eine Verärgerung. Vielleicht ist das geschriebene Wort gewichtiger und sie vergisst es nicht so leicht, wie etwas Gesprochenes. Einen Versuch wäre es allemal wert.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Als Kind muss man nicht immer den ersten Schritt machen, Eltern haben auch nicht immer Recht und sollten alt genug sein um Fehler auch zu verstehen und einzusehen. Sich zu entschuldigen fällt nicht jedem leicht und manche können es auch gar nicht, ich denke, dass deine Mama aber schlichtweg die Situation falsch bewertet und an dich herankommen möchte.

Vielleicht versteht man sich auch phasenweise mal nicht so toll. Ich habe selber eine Mutter mit der ich kaum klarkomme. Wenn ich da bin gibt sie sich Mühe, aber sonst ist eben alles eine Qual und sie versucht mir auch Steine in den Weg zu legen, wenn sie es kann.

Ich kann dich also durchaus verstehen. Besser wird es bei mir immer, wenn ich den Kontakt eine Weile ganz abbreche und ihre Reaktion abwarte. Wenn sie sich meldet, weiß sie schon dass ich sauer war und ist dann auch überfreundlich, wobei ich auch mittlerweile direkt Sachen anspreche, wenn mir etwas nicht passt oder sie zu weit geht.

Ich denke, dass die Idee mit dem Brief in eurem Fall eine gute Idee ist. Sie muss dir nicht gegenüberstehen und du musst dann auch kein schlechtes Gewissen haben, dass du sie vielleicht mit den Worten verletzt. Schreib einfach alles auf und versuche sie dabei nicht zu sehr anzugreifen, also schreib was dich stört und was du dabei empfindest, aber versuche Sätze wie: " Du bist eine schlechte Mutter, weil ..." zu vermeiden, da dies euch beiden nicht helfen wird.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Das mit dem Brief ist sicherlich eine gute Idee und hatte ich auch schon einmal im Kopf, allerdings glaube ich mich zu erinnern, dass ich das vor einigen Jahren bereits einmal gemacht habe. Es gab schon so viele Versuche diese Beziehung zu bessern, dass ich es gar nicht mehr richtig weiß und wenn ich ehrlich bin, möchte ich auch, dass sie dieses Mal den Schritt macht und sich einfach nur entschuldigt und eben einsieht, dass so eine Aktion fast schon kindisch ist.

Was mir aufgefallen ist, ihr sagt ebenfalls, dass die Beziehung zu eurer Mutter eher schwierig ist. Woher kommt das nur? Ich dachte immer ein seltener Fall zu sein und habe mir teilweise selbst schon Vorwürfe gemacht und mir gedacht, dass wohl ich das Problem sein muss.

In letzter Zeit mache ich mir auch öfter Gedanken darüber, dass meine Kinder (habe zwar noch keine, aber die Zeit naht) später einmal so über mich denken könnten und dieser Gedanke macht mir unheimlich Angst.

» que_Linda » Beiträge: 688 » Talkpoints: 9,25 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Also ich muss ehrlich sagen, dass mich dein Thread ziemlich an die Situation von meiner Mutter und mir erinnert. Ganz ehrlich jetzt, so wie du deine Mutter beschreibst, könnte sie eine exakte Kopie von meiner Mutter sein. Bei meiner Mutter bringt so ein Brief überhaupt nichts, weil sie einfach zu stolz ist, jede Form von Fehler zuzugeben und einzusehen.

Wenn ich so einen Brief schreiben würde, würde sie das Papier als Klopapier benutzen so egal sind ihr meine Gefühle. Sie sieht sich selbst als unfehlbare Heilige und wenn unsere Beziehung nicht funktioniert, heißt es immer, dass ich Schuld daran bin und es eben an mir liegt, an mir allein und auf gar keinen Fall an ihr.

Dann kommen auch immer so Vergleiche, denn meine Mutter versteht sich sehr blendend mit meiner Schwester. Dann kommen auch immer so Kommentare wie "Mit deiner Schwester klappt es doch nur mit dir nicht, es liegt definitiv daran, weil du nicht willst". Aber das ist ja auch normal, meine jüngere Schwester war schon immer das Wunschkind, während meine Mutter mir direkt ins Gesicht gesagt hatte, dass sie mich nur bekommen hat, um meinen Vater in die Ehe zu zwingen.

Das Verhältnis zu meiner Mutter wird sich nie ändern. Ich kann dich schon verstehen, ich möchte oftmals auch nur eine einfache Selbstkritik, eine Entschuldigung hören, aber sie ist nicht einmal dazu fähig, ihr eigenes Verhalten kritisch zu reflektieren, was ich sehr schade finde. Ich habe oft gedacht, dass ich nicht normal bin, weil mir das eben oft genug eingetrichtert wurde, dass das schlechte Verhältnis meine Schuld ist.

Aber ganz ehrlich, bei solchen permanenten Verletzungen und Angriffen kann man nicht ruhig bleiben. Wenn ich mich angegriffen fühle, dann beiße ich zurück, so einfach ist das.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


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