Baby abtreiben, wenn man Embryo nicht liebt?

vom 03.01.2015, 14:28 Uhr

Eine Cousine von mir war vor einiger Zeit schwanger und hat das Kind jetzt bekommen. Sie hat die ganze Schwangerschaft über überlegt, ob sie das Kind abtreiben soll und hat es vermutlich nur deswegen nicht getan, weil die Familie empört darüber war und es mit ihren religiösen Ansichten nicht vertreten kann, so dass meine Cousine sich daran gehindert gefühlt hat.

Der Grund für ihre Überlegungen war der, dass sie das Baby nicht geliebt hat. Sie hat gedacht, dass sich das nach den ersten Schwangerschaftswochen einstellen würde, doch es kam nicht. Sie hatte nie einen Beschützerinstinkt dem Kind gegenüber gehabt und hatte nie das Bedürfnis die Hände vor den Bauch zu legen, wie das beispielsweise viele Schwangere machen. Sie hat sich auch in den letzten Wochen kein bisschen auf das Kind gefreut und war auch nicht daran beteiligt das Zimmer einzurichten oder Kleidung und Spielzeug zu kaufen.

Die meisten Frauen kennen es aber eben nicht anders und denken, dass Kinder das einzig wahre sind, so dass alle ihr zugeredet haben, dass sie sich sofort in das Kind verlieben wird, sobald es da ist. Das ist aber nicht passiert, meine Cousine fühlt keine Verbindung zu dem ungewollten Kind und bereut nach wie vor, dass sie es nicht abgetrieben hat. Nun arbeitet ihr Freund Teilzeit und sie arbeitet Vollzeit und beschäftigt sich auch am Abend kaum mit dem Kind.

Der Mann hat sich wohl während der Schwangerschaft gefreut, tut es jetzt aber auch nicht mehr, denn er hat natürlich erwartet das die Frau die ganze Arbeit übernimmt, so wie das bei den meisten Familien der Fall war. Jetzt merkt er wie anstrengend so ein Kind ist und hat nun allmählich auch die Freude daran verloren. Es ist nun sogar die Rede davon, dass das Kind möglicherweise an die Großeltern abgeben wird.

Ich habe mich mit anderen Bekannten über den Fall unterhalten und viele haben gesagt, dass es in einem solchen Fall sicherlich in Ordnung gewesen wäre, das Kind abzutreiben. Es gibt Leute die treiben Kinder wegen finanziellen Gründen ab oder weil sie ungewollt sind, aber wenn das Kind nicht nur ungewollt, sondern auch ungeliebt ist, ist das noch eine Stufe höher. Das Kind wird das sicherlich irgendwann ausbaden müssen und wird sich später fragen, warum seine Eltern es nicht haben wollten.

In diesem Fall denke ich auch, dass meine Cousine besser abgetrieben hätte, anstatt sich von allen dazu überreden zu lassen, es nicht zu tun. Die Argumente lauteten sie würde das Kind nach der Geburt lieben oder sich besser fühlen, wenn sie nicht abgetrieben hat, aber nichts davon ist eingetreten. Findet ihr es auch in Ordnung, wenn jemand abtreibt, der keine Verbundenheit zu dem ungeborenen Kind fühlt? Ist es kein guter Grund für euch oder könntet ihr es euch unter diesen Umständen auch nicht vorstellen?

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich verstehe, wie kniffelig die Sache ist. Aber ich muss der Familie Recht geben. Gefühle sind wirklich wandelbar. Es hätte durchaus sein können, dass sich da noch was ändert. Da wäre deine Cousine nicht die erste gewesen. Und die Entscheidung über Leben und Tod sollte nicht von einem Gefühl abhängen.

Stellen wir uns mal vor, sie hätte abgetrieben. Dann wäre es jetzt gut möglich, dass sie sich Vorwürfe macht, weil sie ja doch noch Gefühle für das Kind entwickeln hätte können. Was, wenn alle ihre Verwandten Recht hatten und sie wäre jetzt glücklich mit dem Kind? Sie hätte es aus mangelnden Gefühlen abgetrieben, aber die hätten sich noch geändert? Damit würde es ihr auch ziemlich beschissen gehen.

Leider kann niemand in die Zukunft schauen. Und jede Variante hat für die Mutter und für das Kind Vor- und Nachteile. Jetzt ist es da und man muss mit der Situation umgehen. Ich würde jetzt nicht mehr darüber nachdenken, was hätte sein können. Es haben alle ihre Entscheidungen aus bestem Wissen und Gewissen heraus getroffen.

Am sinnvollsten in einem solchen Fall wäre bestimmt eine Adoption. Aber hier scheint es ziemlich viel Familie zu geben. Daher finde ich die Idee, dass die Großeltern das Kind aufziehen, gar nicht so schlecht. Außerdem sollte sich der Freund mal einkriegen. Das Leben ist kein Wunschkonzert. Er hat das Kind gezeugt und es pupst eben nicht nur rosa Wolken.

Das gleiche gilt aber auch für die Mutter. Auch wenn sie jetzt meint, sie hätte sich zu etwas überreden lassen, das sie nicht wollte. Es war letztlich ihre Entscheidung. Wobei ich nicht finde, dass die Konsequenz daraus sein sollte, dass das Kind bei einer Frau aufwächst, die absolut nichts für es empfindet. Also Unterhaltszahlungen sind das mindeste.

Wobei ich auch eine Therapie vorschlagen würde. Ich weiß, dass es nicht die Erfüllung einer jeden Frau sein muss, Kinder zu gebären und aufzuziehen. Ich will selber keine. Aber wenn es passiert und man bleibt dabei gefühlsmäßig so eiskalt, ist das schon ungewöhnlich.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich denke nicht das man in den ersten 12 Wochen entscheiden kann, ob man ein Baby liebt oder nicht. Beziehungen und Liebe wachsen mit der Zeit, zu mal das Baby auch noch nicht greifbar ist. Es hätte also durchaus sein können, dass sich eine Bindung entwickelt und sie ihr Baby angenommen und geliebt hätte.

Ich habe mein drittes Baby in den ersten Wochen auch nicht übermäßig geliebt, obwohl wir so lange warten mussten und es mehr als erwünscht war. Mir ging es sehr schlecht, ich hatte Kreislaufprobleme und mein Alltag mit den zwei anderen Kindern musste trotzdem weitergehen. Das Baby war da eben eine starke Belastung ohne etwas zurückzugeben. Als ich es zum ersten Mal gespürt habe, hat es mich voll erwischt und ab da war es wirklich Teil meines Lebens. Vorher war es einfach da, ich habe alles getan damit es ihm gut geht, aber wirklich tiefe Gefühle waren das nicht. Jetzt ist er ein paar Wochen und ich liebe ihn so sehr.

Vielleicht hatte sie schon vorher leichte Depressionen, die durch die Schwangerschaft und die Geburt verstärkt wurden, denn es ist schon merkwürdig, dass sich so gar keine Bindung aufgebaut hat. Da ist sie aber nicht alleine. Es geht vielen Frauen so, obwohl es kaum eine zu gibt, da man sein Baby doch lieben muss und es ein Tabuthema ist. Es gibt Therapien die diesen Müttern helfen eine Bindung zu ihrem Kind aufzubauen und es zu lieben. Vielleicht sollte sie das mal in Betracht ziehen, um sich und den Baby eine Chance zu geben, bevor es zu spät ist.

Ich weiß nicht, ob eine Abtreibung besser gewesen wäre. Sie wollte scheinbar nur wegen fehlender Liebe abtreiben. Da hätte sie vielleicht schon in der Schwangerschaft psychologische Hilfe in Anspruch nehmen sollen. Dann wäre es vielleicht anders gelaufen. Ich bin nicht generell gegen Abtreibung, aber es ist ein tiefer Einschnitt, den man sich gut überlegen sollte. Vielleicht hätte sie zur Konfliktberatung gehen sollen, denn da hätten alle Alarmglocken bei der Beraterin angehen müssen, wenn die Cousine erzählt hätte, sie möchte abtreiben, weil sie das Kind nicht liebt. Da wäre ihr wahrscheinlich schon viel eher geholfen worden.

Der Vater ist vermutlich einfach nur überfordert, wie viele junge Eltern, da würde ich nichts negatives hineininterpretieren. Dazu kommt noch die schwierige Beziehung seiner Partnerin zu dem Baby, was ihn sicherlich auch belastet. Er sollte sich Hilfe von der Familie suchen und die Großeltern sollten ihn unterstützen und nicht überlegen, das Enkelkind aufzunehmen.

» JadeC » Beiträge: 677 » Talkpoints: 1,71 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde es albern sich da von anderen hereinreden zu lassen. Selbst eine Religion sollte dies meiner Meinung nach nicht vorschreiben, weil es der eigene Körper und die eigenen Konsequenzen sind. Es kann ja aber auch durchaus sein, dass sich so ein Verhalten nach ein paar Wochen gibt. Sicherlich ist es nämlich schon erst mal ein großer Schock, wenn das Kind nicht geplant war.

Dennoch, sollte es dann immer noch so sein, dass man keine Liebe empfinden kann, muss man sich eben psychologische Hilfe geben lassen und sich damit auseinandersetzen. Man muss sich auch nun noch Hilfe holen, das kann ja auch vom Jugendamt sein, je nachdem, aber man muss sich nun Schritte überlegen und kann das nicht weiter so laufen lassen, weil das schlecht für das Kind ist und es das nicht verdient hat und nichts dafür kann.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich denke auch, dass wohl die Mutter am besten weiß, ob sie nun das Baby behalten möchte, oder nicht. Immerhin ist es ihr Körper, und warum dann die ganzen Strapazen auf sich nehmen, wenn man überhaupt nicht für ein Kind bereit ist? Da hat ja das Kleine dann nachher auch nicht viel davon.

Ich selber würde auch jeder Mutter tunlichst raten, sich nichts von irgend jemandem vorschreiben zu lassen oder sich gar ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen. Wahrscheinlich würde ich sogar dazu raten, die Schwangerschaft geheim zu halten, so lange, bis man sich für oder gegen das Kind entschieden hat.

Denn wenn niemand über die bestehende Situation Bescheid weiß, dann kann auch niemand der werdenden Mutter hinein sprechen. Außerdem muss die Mutter dann selber mit dem Gewissen fertig werden. Lieber kein Kind als ein ungewolltes Kind, das nicht geliebt wird, denn die Kinder merken dass, ob sie geliebt werden, oder eben nicht.

Es würde höchstens noch die Option geben, das Baby gleich bei der Geburt zur Adoption frei zu geben, denn es gibt ja immer wieder Paare, die froh um ein Baby sind, wenn sie keines bekommen können. Jedoch würde ich auch verstehen, dass das dann ein noch schwererer Schritt ist, denn immerhin hat man das Baby ja neun Monate unter seinem Herzen getragen.

Wenn man dann aber immer noch nichts empfindet, dann wäre es wahrscheinlich der beste Schritt, wenn sich jemand anderer darum kümmern würde, der dem Kind auch wirklich die Liebe geben kann, die es braucht und auch verdient. Auch bei diesem Schritt würde ich niemals akzeptieren, dass man da einer Mutter drein redet. Immerhin ist sie ja, wenn sie sich für das Baby entscheidet, ein Leben lang die Hauptverantwortliche, so ist es doch immer noch in unserer Gesellschaft.

» nordseekrabbe » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Wer liebt schon einen Embryo? Das ist eine ziemlich abstrakte Sache im Bauch, die das Leben auf den Kopf stellt und oft schon lange vor der Geburt für körperliches Unbehagen sorgt. Auch nach der Geburt benötigen viele Frauen Zeit, bis eine echte Bindung zu dem neuen Menschlein entsteht. Das ist völlig normal und kommt viel öfter vor, als in der Regel offen zugegeben wird. :wink:

Das heißt jetzt aber nicht, dass "frau" unter allen Umständen irgendwann automatisch ihr Kind lieben wird. Wer sich das Zusammenleben mit so einem kleinen Wurm und die damit einhergehenden Veränderungen so gar nicht vorstellen kann, der sollte sich nicht gezwungen fühlen, ein Kind auszutragen. Das tut keinem der Beteiligten gut.

Wenn man bedenkt, wie viele Schwangerschaften gar nicht bemerkt werden, weil die Entwicklung sehr früh gestört ist. Immerhin gehen 50 % der befruchteten Eizellen unbemerkt wieder ab, bei älteren Frauen sind es noch mehr. Und danach schaffen es weitere rund 15 % nicht bis zur 12. Woche. Daher ist ein früher Abbruch, wenn man so gar kein Kind möchte, sicher keine Schande und kein riesiges Drama.

Ob oder ob nicht ist eine sehr persönliche Entscheidung. Die sollte jede Frau mit sich allein ausmachen dürfen. Der Rat Unbeteiligter ist dann meist angemessener als durch Familienmitglieder, die doch eigene Interessen einfließen lassen.

Wobei hier in diesem Beispiel der Vater gefälligst den Popo hochbekommen sollte. Nicht nur zum Kindermachen gehören zwei Parteien, auch bei der Versorgung sind beide Elternteile gefragt. Er wollte das Kind, dann soll er auch seine Verantwortung tragen. Entlastet und ohne Vorwürfe findet vielleicht auch die Mutter noch einen Draht zum Kind. In der jetzigen Atmosphäre sieht das eher schlecht aus.

Ich bin ehrlich: Ich liebe meine Kinder. Aber die Schwangerschaften fand ich nun nicht weiter toll. Da war wenig mit dem Aufbau einer Bindung, ich war eher genervt. Bei der Geburt hat mich nur interessiert, dass das Kind gesund auf die Welt gekommen ist. Danach wollte ich meine Ruhe und habe die drei Tage im Krankenhaus immer sehr bewusst für mich genutzt. Es waren schließlich die letzten freien Tage.

Erst danach haben wir uns wirklich beschnuppert und langsam eine Bindung wachsen lassen. Den Erwartungen an eine glückliche Mutter nach der Geburt bin ich nie gerecht geworden. Ich musste schon auf das Schild im Kinderzimmer gucken, damit ich mein Kind erkenne. Auch Mutterliebe darf Zeit brauchen und ist individuell. Mit Druck von außen kommt sie bestimmt nicht.

» cooper75 » Beiträge: 13423 » Talkpoints: 517,99 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Ich finde eine Frau sollte selber entscheiden, ob sie ein Baby bekommen möchte oder eben nicht. Die Familie hätte sie eher unterstützen sollen als sie zu einer Entscheidung zu drängen. Ob es besser gewesen wäre, das Baby nicht zu bekommen, kann man im Nachhinein gar nicht mehr sagen. Vielleicht hätte sie es dann doch sehr bereut. Das kann man nicht wissen.

Aber sie sollte jetzt an der Situation arbeiten und versuchen das Beste daraus zu machen. Das Kind ist jetzt da und hat eine Familie verdient, die es liebt und gut behandelt. Wenn sie das nicht können, wäre es unter den Umständen vielleicht wirklich das Beste, wenn sie das Baby abgeben und es so die Chance bekommt, in einer liebevollen Umgebung aufzuwachsen.

Sie sollte sich an das Jugendamt wenden um die nötige Hilfe zu bekommen die sie zur Zeit braucht. Und der Mann sollt sich mal zusammenreißen. Was hat er erwartet? Das ein Baby wie eine Puppe mit Aus Schalter geboren wird und man sich nur drum kümmern muss, wenn man Lust hat.

Ich finde das er sich das viel zu einfach macht, in dem das Kind einfach abschoben werden soll. Das hätte er sich früher überlegen sollen. Jetzt muss er die Verantwortung übernehmen und sollte zu dem Baby stehen. Die Mutter hat vermutlich ein psychisches Problem, wenn sie immer noch keine Bindung zu dem Baby aufgebaut hat. Aber auch da kann man sich Hilfe holen und nicht das Baby unter der Situation leiden lassen.

» drago » Beiträge: 169 » Talkpoints: 1,56 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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