Gebiete in denen komplett dialektfrei gesprochen wird

vom 02.12.2014, 11:06 Uhr

Ich wohnte früher am Niederrhein und der Dialekt dort ist für mich, weil ich wahrscheinlich da aufgewachsen bin, der schönste Dialekt. Das Rheinische gibt mir ein Stück Heimat. Jetzt wohne ich in Westfalen und auch hier wird Dialekt gesprochen. Das fällt möglicher Weise aber den Leuten hier nicht selber auf. Denn die Westfalen meinen ja von sich das beste Hochdeutsch zu sprechen. Dennoch hört man als "Zuwanderer" den Dialekt gut heraus und ich kann gut hören, ob jemand hier aus diesem Gebiet kommt.

In diesem Thread Sollte man Dialekte an Schulen verbieten? hat eine Userin geschrieben, dass sie aus einem Gebiet kommt, wo dialektfrei gesprochen wird. Das kann ich mir einfach nicht vorstellen und ich denke, dass in jedem Gebiet auch Dialekt gesprochen wird. Bei den einen weniger und bei den anderen mehr.

Kommt ihr aus einem angeblich dialektfreien Gebiet? Denkt ihr, dass ihr vollkommen dialektfrei redet? Ich rede eigentlich hochdeutsch. Aber dennoch kann ich meine rheinischen Wurzeln bei der Aussprache nicht verbergen.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Ich spreche auch Hochdeutsch, aber bei mir hört man keinen Akzent und auch keinen Dialekt raus. In Ostwestfalen aus der Gegend wo ich aufgewachsen bin, gibt es keinen Dialekt. Ich komme aus einer Gegend, die 100km nördlicher liegt als Paderborn und die sehr ländlich gelegen ist. Hier spricht man keine Dialekte.

Es kommt sicherlich darauf an, woher man kommt und wohin man geht. Bei mir ist es genau umgekehrt, ich bin aus Ostwestfalen und lebe jetzt im Rheinland und ich habe hier komischerweise auch nur mit Menschen zu tun, die keinen rheinischen Dialekt sprechen, sondern ganz normales Hochdeutsch. Man hört auch keinen Dialekt raus, daher stellt sich halt die Frage, ob die Menschen alle von extern zugezogen sind oder ob der Dialekt sich gar nicht erst angewöhnt wurde. Soweit ich weiß wird in den Schulen hier auch ausschließlich Hochdeutsch gesprochen und ich kenne sehr viele in meinem Alter, die hier groß geworden sind und die den Dialekt einfach nicht beherrschen, nicht mal im Ansatz.

Obwohl ich von außerhalb bin und erst vor wenigen Jahren hierhin gezogen bin, wurde ich von niemandem angesprochen ob ich von außerhalb sei. Entweder merkt man das echt nicht oder aber es scheint die Menschen nicht zu interessieren, weil der Dialekt zumindest in meiner Gegend zunehmend ausstirbt. Der einzige Moment, in denen ich mit dem einheimischen Dialekt konfrontiert werde ist an Karneval, aber das ist wie gesagt einmal im Jahr und das sind dann nur einige wenige Begriffe. Aber es ist nicht so, dass die Menschen in meiner Umgebung sich die ganze Zeit im Dialekt austauschen.

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@Olly173: Ich glaube, dass manche einfach keinen Dialekt hören. Ich rede für mich ein Hochdeutsch und kann aber auch meinen Dialekt sprechen. Aber dennoch kann man heraus hören, wo meine Wurzeln liegen. Im Rheinland wird oft nur der "richtige" Dialekt gesprochen, wenn man untereinander ist. Aber normal hört man auch immer heraus, wo man her kommt.

Hier in Westfalen finde ich es grausam, wie es sich anhört, wenn die hier glauben Hochdeutsch zu sprechen und eine Kirche als Kierche bezeichnen oder eine Kirsche als Kiersche. Schon das ist ein Dialekt. Wenn die Paderborner meinen, sie kommen aus Padaboarn und finden, dass es Hochdeutsch ist. Oder wenn sie fearnsehen statt fernsehen.

Gerade das rheinländische Gebiet umfasst sehr viel Dialekte. Und wenn man nahe der holländischen Grenze lebt, dann hört sich der Dialekt auch sehr holländisch an, wenn man nicht dort hineingewachsen ist.

Meine Kinder und ich sind am Niederrhein auf die Schule gegangen. Dort gab und gibt es auch noch immer das Unterrichtsfach "Dialekt" in der Grundschule. Dort wird in Mundart aus dem Gebiet gelesen und auch Lesewettbewerbe gemacht. Dort wird die "Sprache" der Großeltern und Urgroßeltern erhalten. Und so passiert es, dass dieser Dialekt auch nicht ausstirbt.

Wenn du 100 km nördlich von Paderborn wohnst, müsste das noch hinter Minden sein und ich kenne Leute aus Minden, wo auch Dialekt gesprochen wird und die Leute meinen auch das reinste Hochdeutsch zu sprechen. Aber sie hören selber nicht, dass sie auch Dialekt sprechen. Die Ostwestfalen sind in ihrer Sprache sehr eigen und glauben als einziger in Deutschland dialektfrei zu reden, was ich schon lustig finde.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Relativ nah an der hochdeutschen Sprache sind von Natur aus viele Menschen in und um Hannover. Weiter im Norden trifft man dann schon wieder schnell so eine gewisse "Schickimicki"-Tönung in der Sprache.

Wobei gerade im Norden und im Westen doch der echte Dialekt der Region sehr auf dem Rückzug ist. Während in anderen Regionen der Dialekt die Alltagssprache bestimmt, sterben die unterschiedlichen Arten des Plattdeutschen immer mehr aus. Das sprechen oft nur noch ganz alte Leute.

Ich selbst kann relativ gut umschalten. Wenn ich hochdeutsch spreche, dann halten mich die meisten für eine Hamburgerin. Also ganz ohne Einfärbung klappt das auch bei mir nicht. :D Dazu kann ich "Pott", auch wenn das als Dialekt nicht so wirklich anerkannt ist und Ostpreußisch. Dafür, finde ich, halte ich mich im hochdeutschen Bereich gar nicht so schlecht. Denn beide Mundarten haben in Sprache und Grammatik doch so ihre Tücken. :wink:

» cooper75 » Beiträge: 13381 » Talkpoints: 510,47 » Auszeichnung für 13000 Beiträge



Diamante hat geschrieben:@Olly173: Ich glaube, dass manche einfach keinen Dialekt hören. Ich rede für mich ein Hochdeutsch und kann aber auch meinen Dialekt sprechen. Aber dennoch kann man heraus hören, wo meine Wurzeln liegen.

Mag sein, dass ich meinen Dialekt nicht heraushören kann, das mag so stimmen und das will ich auch gar nicht abstreiten. Aber merkwürdig finde ich dann schon, dass noch nie jemand zu mir gesagt hat "Du sprichst anders, du bist bestimmt aus Ostwestfalen" so etwas kam wirklich noch nie. Es kommt höchstens so etwas wie "Du sprichst mit Akzent, bist du aus Russland?".
Ich denke, wenn man den Dialekt wirklich raushören würde, dann hätte man mich genauso darauf angesprochen wie bei meinem Akzent.

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


@Olly173: Vielleicht kann man deinen Dialekt nicht so hören, weil du einen ausländischen Akzent hast. Dann ist es gut möglich. Vielleicht hörst du deswegen auch bei anderen den Dialekt nicht heraus. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass es kein Gebiet hier in Deutschland gibt, wo man keinen Dialekt spricht und hören kann. Auch wenn es vielleicht in manchen Gebieten sehr wenig ist. Und gerade hier in Ostwestfalen ist es meines Erachtens wirklich sehr gut zu hören.

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:@Olly173: Vielleicht kann man deinen Dialekt nicht so hören, weil du einen ausländischen Akzent hast. Dann ist es gut möglich. Vielleicht hörst du deswegen auch bei anderen den Dialekt nicht heraus. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass es kein Gebiet hier in Deutschland gibt, wo man keinen Dialekt spricht und hören kann. Auch wenn es vielleicht in manchen Gebieten sehr wenig ist. Und gerade hier in Ostwestfalen ist es meines Erachtens wirklich sehr gut zu hören.

Das kann durchaus sein. Ich bin eher geprägt, dass ich "meinen" Akzent und "meine" Landsleute sofort raushöre, selbst wenn Einheimische diesen Akzent gar nicht mehr wahrnehmen und er wirklich sehr minimal ist. Das muss nicht unbedingt dann an der Betonung liegen, dass ich das höre, sondern auch bestimmte Wortwahlen und Sätze sind dann total typisch und ich registriere sie sofort. Darunter fallen auch typische "Übersetzungsfehler", weil dann die Sachen 1:1 ins Deutsche übersetzt werden und im Deutschen total schief klingen. Ich meine, wenn man überwiegend mit "seinesgleichen" zu tun hat, besonders im Alltag, dann behält man auch den eigenen Akzent und übernimmt nicht automatisch den Dialekt der Einheimischen und man hört den Dialekt der Einheimischen auch nicht immer unbedingt, da hast du Recht.

Ich höre beispielsweise heraus, wenn jemand eben einen bayrischen Dialekt hat, auch wenn er Deutsch spricht, oder eben den aus Berlin. Aber das sind eben auch Extrembeispiele, ich glaube feinere Unterschiede würde ich nicht wirklich registrieren, aber ich achte da ehrlich gesagt auch nicht so gezielt darauf wie bei dem Akzent von "meinesgleichen".

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Auch ich bin der Meinung das es keine dialektfreien Orte gibt. Wie oben schon erwähnt kann es sein das die Leute Ihren eigenen Dialekt gar nicht bewusst wahrnehmen.

In meiner Heimat kann man seinen Dialekt meistens kaum verbergen. Ich komme nämlich aus Bayern, und da spricht man selbst dann mit einen Dialekt wenn man eigentlich ohne erzogen wurde. Das macht einfach das Umfeld aus. Ich selbst muss arbeitsbedingt Hochdeutsch reden. Merke aber selber während eines Gesprächs das sich immer wieder bayerische Wörter durchmogeln und ich meinen Dialekt nie ganz ablegen kann. Und das möchte ich auch gar nicht. Dialekte sind doch was schönes.

» Anijenije » Beiträge: 2730 » Talkpoints: 53,02 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Ich spreche ein sehr gutes Hochdeutsch und bin auch problemlos in der Lage, dort keine plattdeutschen Wörter mit reinzumischen. Wie man mir in Bayern aber versichert hat, spreche ich ein sehr hartes Deutsch und man würde sehr deutlich hören, dass ich aus Norddeutschland kommen müsse.

Man hat nun einmal regionalbedingt eine Sprachfärbung. Meine ist hart, in vielen Regionen ist sie eher weich, gerade in den östlichen Gebieten ist sie etwas oder auch sehr verwaschen. Als Dialekt würde ich das aber nicht bezeichnen.

Daher sehe ich mich durchaus in der Lage, ein dialektfreies Hochdeutsch zu sprechen. Allerdings mischen sich bei mir plattdeutsche Wörter mit in mein Hochdeutsch hinein, wenn ich im Alltag mit mir bekannten Personen spreche, von denen ich auch weiß, dass sie diese Wörter verstehen und mit denen ich theoretisch auch Plattdeutsch sprechen könnte, wenn ich es wollen würde. Eine andere Sache ist, ob es erstrebenswert wäre, wirklich komplett dialektfrei zu sprechen. Und zwar immer und überall. Und das wäre in meinen Augen richtig langweilig.

Benutzeravatar

» olisykes91 » Beiträge: 5367 » Talkpoints: 24,16 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^