Unhöflich wenn man beim Referat nicht zuhört?
Bei uns im Studium werden wir manchmal dazu verdonnert, Referate zu halten und Hausarbeiten zu schreiben. Das machen wir nicht freiwillig als Zusatzleistung um eine Note zu verbessern, sondern das ist verpflichtend. Dementsprechend befasst man sich dann mit dem zugewiesenen Thema, damit man es eben auch vortragen kann.
Gestern war eine Referentin im Seminar, die ein sehr trockenes und extrem langweiliges Thema vorgetragen hat. Dementsprechend war auch ersichtlich, dass nicht alle aus unserem Kurs dieses Thema spannend finden. Ich habe versucht zuzuhören, aber ich muss schon zugeben, dass ich teilweise abgelenkt von den anderen Kommilitonen war. Einer hat offensichtlich in Gedanken abgeschweift und starrte eher verträumt irgendwelche Luftlöcher, ein anderer beschäftigte sich mit seinem Smartphone. Es hat sich niemand unterhalten und die Referentin irgendwie unterbrochen oder aus dem Konzept gebracht oder so. Aber irgendwann meinte die Dozentin dann, sie fände es extrem unhöflich, wenn man bei Referaten nicht zuhören würde.
Ich sehe das Thema irgendwie zwiespaltig. Einerseits finde ich es als unhöflich, wenn man tuschelt und den Referenten unterbricht und aus dem Konzept bringt. Aber wenn man sich still alleine beschäftigt finde ich das nicht so schlimm und auch nicht wirklich unhöflich. Wenn ich ein Referat halten muss, bin ich sogar ganz froh, wenn keiner zuhört. Schließlich mache ich das nicht aus Spaß und die Kommilitonen sitzen auch nicht aus Spaß oder Interesse da und hören zu, sondern weil wir alle dazu verdonnert werden.
Wie seht ihr das? Empfindet ihr es schon als unhöflich, wenn man dem Referanten nicht zuhört? Oder ist es für euch erst unhöflich, wenn man wirklich tuschelt und den Sitznachbarn ablenkt?
Ich halte Referate für eine der schlimmsten Sachen, die einem in Schule oder Universität passieren können. Natürlich hat es einen Lerneffekt für den Referenten, wenn er Themen aufbereiten muss. Auch für den Zuhörer kann es lehrreich sein, das will ich nicht abstreiten - selbst wenn das Thema langweilig ist.
Aber gerade Zuhören empfinde ich über eine gewisse Strecke als sehr mühselig. Ich schweife dabei gedanklich ab und wenn ich versuche etwas mitzubekommen, muss ich mich mit irgendwelche Kritzeleien beschäftigen, was natürlich unkonzentriert wirkt (während es mich eigentlich nur wach hält). Ich habe mich früher nie gefreut, wenn Referate anstanden, die zogen sich meist wie Kaugummi.
Dann ist man am nächsten Problem. Der Referent wurde allzu häufig dazu genötigt, sich vor eine Meute zu stellen und fühlt sich in der Situation oft auch nicht wirklich wohl. Die wenigsten Leute sind eine Rampensau, die sich vor Publikum total wohl fühlen. Wenn man dann Zeitgenossen hat, die sich in sich verkriechen und am liebsten lieber wegrennen will plus ein super trockenes Thema: Prost Mahlzeit.
Ich glaube eigentlich dann auch, dass die wenigsten Leute wirklich unhöflich sein wollen, aber was immer sie auch tun, es ist die pure Verzweiflung.
Ich sehe es auch irgendwie zwiegespalten. Gerade bei einem trockenen Thema ist es unheimlich undankbar, ein Referat darüber halten zu müssen. Dann kommt es auch noch darauf an, wie es rübergebracht wird, weil nicht jeder es gewöhnt ist, vor Menschen zu sprechen. Wenn jemand dann dadurch auch noch sehr leise redet und unsicher ist, dann ist es nicht leicht, dem Referenten zuzuhören und sich wirklich darauf zu konzentrieren. So kann ich es verstehen, dass man dann schnell mit den Gedanken abschweift.
Ich fand es als Referentin dann auch eigentlich gar nicht so unangenehm, wenn einige Klassenkameraden nicht zugehört haben. Aber wenn jemand währenddessen mit dem Smartphone spielt, dann finde ich das schon unhöflich. Sicher unterbricht man den Referenten damit nicht und stört auch nicht, aber es zeigt irgendwie sehr deutlich, dass man gar keine Lust hat, sich auf das Thema zu konzentrieren, bzw. es wenigstens zu versuchen.
Ich glaube, dass es Ansichtssache ist. Ehrlich gesagt bin ich schon ein wenig enttäuscht, wenn mir beim Referat nicht zugehört wird. Das ist genau dasselbe, wie wenn mir keiner zuhört, wenn ich mit den Leuten spreche, so ein Gefühl ist einfach nicht angenehm.
Andererseits kann ich sehr gut Referate halten und habe noch selten Probleme gehabt, dass mir nicht zugehört wird. Oder dass während meines Referates gar gestört wird und untereinander Privatgespräche während meinem Referat geführt werden. So ist es auch gekommen, dass ich schnell ein Vorbild für all jene geworden bin, die diese Sicherheit eben nicht ausgestrahlt haben.
Es hat dann auch Zeiten gegeben, in denen ich selber im Publikum saß, wenn andere referiert haben und ich muss schon sagen, dass es manchmal wirklich anstrengend sein kann. Genau so, wie wenn man einen Lehrer mit einer monotonen Stimme hat.
Oder es gibt ein gewisses Merkmal in der Stimme, welches als sehr anstrengend einzustufen ist. Wie zum Beispiel eine ganz hohe Stimme oder eine lispelnde Stimme oder Leute, die die ganze Zeit ein bestimmtes Wort falsch aussprechen. Bei solchen Menschen kann ich, so gern ich sie habe und so leid sie mir auch tun, nicht richtig zuhören.
Deshalb muss ich leider sagen dass es nicht immer einfach ist, bei jedem Referat zuzuhören. Denn abgesehen davon, dass nicht alle sich für dieselben Themen interessieren, ist es sehr schwer, wenn man dann das Themengebiet vom Interesse her kennt, allerdings eine der oben genannten Mankos aufweist.
Man sieht also, dass es immer zwei Seiten gibt und das "nicht Zuhören" des Publikums sollte immer auch wichtig für die eigene Reflektion sein. Da muss sich der Referent dann einfach überlegen, was er noch tun könnte, damit ihm das Publikum an den Lippen hängt. Sei es, dass er mehr Medien einsetzt oder auf seine Stimme und seine Aussprache achtet.
Die Unhöflichkeit ist nur eine Spiegelung des Interessantheitsgrades von einem Referat. Wie bringe ich den Stoff am besten rüber, dass sich auch die dafür interessieren, die sich sonst niemals mit diesem Thema beschäftigen würden. Das ist der Trick bei der ganzen Sache, so finde ich.
Als bei uns in der 8. Klasse Buchreferate anstanden, ereignete ich beim ersten Referat etwas. Eine Klassenkameradin hielt ein Referat über das Buch "Die Wolke". Zwei Mitschüler passten nicht auf und redeten teilweise leise. Nachdem das Mädchen fertig war, schickte unsere Lehrerin einen der Mitschüler nach draußen. Der andere musste vorkommen. Beide mussten dann das Referat noch mal zusammenfassen und bekamen dafür eine Note.
Der eine stammelte blöd vor sich hin. Der andere sagte nur "Bombe fiel, alle tot". (Dabei ging es in "Die Wolke" nicht mal um eine Bombe, sondern um einen Atomreaktorunfall.) Beide bekamen eine Sechs und die ganze Klasse eine Lektion über Höflichkeit und Aufmerksamkeit beim Referatehalten.
Ich fand das sehr eindrucksvoll. Die Lehrerin war eh klasse. Die beiden Mitschüler hatten zwar auch ein bisschen geflüstert, aber die Lektion besagte, dass man aus Höflichkeit absolut still zu sein und aufzupassen hat. Es ist für die meisten wirklich schwer genug, ein Referat zu halten. Wenn die Zuhörer nicht aufmerksam sind, wird es nur noch schwerer.
Und das muss nicht mal wirklich geräuschmäßig auffällig sein. Auch wenn man nur den Kopf hängen lässt, aus dem Fenster starrt oder seine Fingernägel säubert. Es lenkt ab. Als Referent merkt man gleich, dass das Referat nicht ankommt, dass man etwas falsch macht, dass man sich blamiert, dass das Feedback negativ sein wird, dass die Note nicht gut sein wird. Und dadurch steigt der Wille, einfach aufzuhören und rauszurennen. Dadurch wird das Halten des Referats schlimmer und unangenehmer.
Also die Frage, ob es unhöflich ist, wenn man nicht zuhört, muss ich ganz klar und eindeutig mit Ja beantworten. Das einzig Höfliche und womit man den Referent unterstützt ist volle Aufmerksamkeit. Wobei ich natürlich sehr gut verstehen kann, dass nicht jedes Referat gut ist. Ich habe es immer gehasst, Referate zu halten, aber auch Referate hören zu müssen. Für mich ist es eine der schlimmsten und unsinnigsten Unterrichtsformen. Aber das ändert nichts an der Frage nach der Höflichkeit.
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