Referate ein Grund, um nicht aufpassen zu müssen?

Bei uns im Studium müssen in den ganzen Seminaren normalerweise immer Referate gehalten werden. Referate sind also nichts Besonderes mehr, da man eigentlich ständig irgendwelche Referate zu hören bekommt. Meistens sind die Referate dann auch noch richtig schlecht, weil sie bei uns an der Uni keine Note geben. Man muss lediglich ein Referat halten. Von daher sind die meisten Studenten nicht unbedingt gut vorbereitet, sondern sie lesen monoton einen Text ab.

Bei Referaten kann ich mich einfach nicht konzentrieren und immer dann, wenn ein Referat gehalten wird, schweife ich mit den Gedanken ab. Das finde ich aber auch nicht schlimm, da die Referate ohnehin nicht relevant für mich sind, da ich nur zum Thema meines eigenen Referats eine Hausarbeit schreiben muss.

Außerdem werden ohnehin immer Handouts ausgeteilt und oftmals wird das ganze Referat als PowerPoint Präsentation auch noch ins Internet geladen. Von daher passe ich da meistens nicht besonders auf und auch wenn man sich so im Raum umschaut, sind die meisten Leute dann mit irgendetwas anderem beschäftigt, wenn ein Referat vorgetragen wird.

Sind Referate für euch ein Grund, um nicht aufpassen zu müssen? Oder konzentriert ihr euch dann trotzdem?

Ich muss Dir das fast Recht geben. Nun bin ich nicht mehr in der Schule und wir sind im Zeitalter des Internets. Die Schüler können viel mehr forschen und auch sehr anregend über Beamer mit PowerPoint präsentieren. Zu meiner Zeit gab es vielleicht ein Lexikon daheim, meistens schon uralt und die Referate bestanden aus sinnlosen Datenansammlungen, die weder wichtig oder spannend waren noch einen echten Sinn ergaben.

Früher, als ich noch in der Schule war, gab es leider einen solchen Luxus noch nicht und man musste alles mitschreiben. Wenn man Glück hatte, wurde hinterher sogar noch ein Test dazu geschrieben. Wenn man die Informationen aber sowieso frei Haus geliefert bekommt, würde ich mit meinen Gedanken aber wahrscheinlich auch abdriften, vor allem, wenn die Referate nicht so wichtig sind.

Mag ja sein, dass ihr nicht aufpassen müsst. Aber ich hatte letztes Semester ein Seminar, da war das anders geregelt. Man musste zwar eine Hausarbeit schreiben und eine Woche später ein Referat vor dem ganzen Kurs halten, aber aufpassen mussten wir Zuhörer trotzdem.

Das lag daran, weil jeder ein Referat halten musste und am Ende des Seminars wurde eine Klausur über sämtliche Referatsinhalte geschrieben, die thematisiert wurden. Daher hatte man gar keine andere Wahl als aufzupassen, sonst schafft man die Klausur nicht.

Als ich meine Ausbildung zur Kindergartenpädagogin gemacht habe, mussten wir auch in jedem Fach, sei es auch nur Bewegung und Sport oder Bildnerische Erziehung, ein Referat halten. Und wenn dann dreißig Schülerinnen in einer Klasse sind und jede in jedem Fach nur noch Referate machen muss, dann bestehen die Stunden ausschließlich nur noch aus Referaten.

Wir haben das damals natürlich extrem gemacht, da wir einfach lernen mussten, vor einer Masse zu sprechen, ohne nervös zu sein. Deshalb ließen uns die Pädagogen dort einfach so viele Referate machen, dass es für uns schon gar nichts mehr besonderes war, vor Leuten zu sprechen.

Und die Lehrer von uns hatten damit Erfolg. Die Personen, die zu Beginn immer gezittert hatten und gestottert und Rot geworden sind und den Faden verloren haben, haben dann auch mit der Zeit ihre Nervosität verloren. Ich finde das wirklich eine pädagogisch wertvolle Art, Selbstbewusstsein zu erlangen und vor Menschen sprechen zu lernen.

Dass es natürlich für die anderen langweilig war, das kann man sich denken. Es gab aber durchaus auch Leute, die es total drauf hatten, die Masse mit ihrem Referat zu faszinieren. Und da es bei uns- im Gegensatz zu euch- auch Noten für das Referat gab, war es in jedem Interesse, dass er das Referat so interessant wie möglich für seine Zuhörer gestaltete.

Bei mir an der Universität werden Referate oftmals bewertet, einige allerdings auch nur als Vorleistungen für Prüfungen gesehen. Und genau darin liegt auch der Knackpunkt und das macht die Qualität der Referate aus. Aber ist das nicht ganz natürlich? Wenn ein Mensch keine Bewertung für eine erbrachte Leistung bekommt, dann bemüht er sich natürlich auch nicht so.

Auf der anderen Seite sind dann auch die Zuhörer. Wenn es zum Bestehen des Moduls notwendig ist, dass man das Thema verstanden hat, dann passt man auch besser auf und bringt sich mehr in Diskussionen ein, als wenn es völlig irrelevant erscheint zu dem Zeitpunkt. Der Student vergisst dabei oftmals, dass die angesprochenen Themen eigentlich auch ein Überblickswissen für den späteren bringen sollen und interessiert sich deshalb während des Seminars nur für sein eigenes Thema.

Bei uns merkt man wirklich deutlich, wenn es Noten auf die Referate gibt. Die Referenten sind wesentlich besser vorbereitet, wissen mehr über ihr Thema und bringen es auch wirklich anschaulich rüber. Meistens findet dann auch nicht nur die obligatorische Diskussionsrunde am Ende statt, sondern es gibt kleine Gruppenarbeiten und Rollenspiele, die die verdeutlichten Inhalte wirklich noch einmal besser herüberbringen.

Wenn es natürlich nur um einer Vorleistung geht, dann wird die Sache, wie du bereits sagtest, herunter gerattert und so gut wie niemand hört zu und beschäftigt sich mit anderen Dingen.

Wir haben seit dem letzten Semester ein Modul laufen, bei dem am Ende eine Prüfung über zwei Seminare ansteht, welche nur aus Referaten aufgebaut sind, die dann die Grundlage für die Prüfung bilden. Diese Seminare sind unglaublich gut besucht und auch wenn es sich bei dem Referat nur um eine Vorleistung handelt, werden diese super vorbereitet und durchgeführt, weil man ja auch von den anderen erwartet, dass sie das Thema gut verdeutlichen.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass sich je nach Relevanz des Themas und ob es bewertet wird, die Aufmerksamkeit und die Vorbereitung für das Referat erheblich unterscheiden.