Aktion zum Mauerfall: gestohlene Gedenkkreuze für Maueropfer

vom 08.11.2014, 11:34 Uhr

Im Rahmen der Gedenkfeier zum Mauerfall haben Unbekannte jetzt 13 Gedenkkreuze die an die Maueropfer erinnern sollen gestohlen. In einem "Bekennerbrief" haben die Täter angekündigt, diese Kreuze an den Grenzen der EU aufzusetellen, um daran zu erinnern, dass es nicht allein darum gehen kann, an die Toten an der Berliner Mauer zu denken, während heute an den Außengrenzen der EU Menschen bein Versuch sterben, die EU zu erreichen. Und - unabhängig wie man zu der Aktion steht - ist es schon richtig, hier die Verlogenheit der Politiker (aber auch der Gesellschaft) ans Licht zu bringen.

So gibt es in der Erinnerungskultur hier zu Helden stilisierte Fluchthelfer, welche Menschen zur Flucht aus der DDR in die BRD geholfen haben. Auf der anderen Seite werden Menschen welche anderen Menschen helfen, "illegal" in die EU zu kommen, als "Menschenhändler" diffarmiert und als kriminelle bezeichnet. Dass diese hier auch nur Flüchtlingen bei ihrer Flucht helfen, kommt wenigen in den Sinn.

Ist es nicht richtig, gerade bei solchen Anlässen, auch Parallelen zur aktuellen Lage zu ziehen und Missstände anzuprangern? Wenn es die Aktion mit den gestohlenen Kreuzen nicht gegeben hätte, wäre das Thema wohl nicht in dem Zusammenhang auf die Tagesordnung gelangt. So aber gewinnt es wenigstens für einen kurzen Augeblick wieder an Aufmerksamkeit.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Den Vergleich zwischen den beiden Sorten Flüchtlingen herzustellen, finde ich gut. Die einen wollten aus der DDR flüchten, was jeder im Westen gut nachvollziehen konnte, weil man in der DDR nicht wirklich frei war. Die anderen wollen heute aus afrikanischen Ländern oder beispielsweise Syrien fliehen, weil dort Krieg, Armut und Hunger herrscht. Das ist doch auch nur verständlich.

Das Problem ist nur, dass es sich um ganz verschiedene Zahlen handelt. Die DDR war nur ein Land mit einer begrenzten Bevölkerung. Die Bevölkerung aller armen Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika ist ungleich größer. Daher kann man die beiden Probleme politisch nicht auf die gleiche Weise angehen. Aber vom Menschlichen her, finde ich es gut, mal auf die Gemeinsamkeiten aufmerksam zu machen.

Was allerdings den Vergleich zwischen den Fluchthelfern und den Menschenhändlern angeht, den kann ich nicht gutheißen. Ich weiß nicht, ob es zu DDR-Zeiten auch Fluchthelfer gegeben hat, die damit wirklich Geld verdient haben. Ich kenne nur die Geschichten, in denen beispielsweise Verwandte aus dem Westen geholfen haben oder DDR-Bürger haben für ihre eigene Flucht Tunnel gegraben und andere durften ihn mitbenutzen. Solche Dinge.

Was Menschenhändler in den letzten Jahrzehnten mit den Menschen aus afrikanischen und all den anderen Ländern gemacht haben, ist etwas ganz anderes. Erst vor kurzem gab es doch den Fall, dass die Schmuggler ein Boot mit knapp 500 Flüchtlingen darauf während der Flucht versenkt haben. Das waren keine mitfühlenden Menschen, die den Flüchtlingen zu einem besseren Leben verhelfen wollten. Die verdienen damit einfach ihr Geld und nichts anderes interessiert sie. Die gehen oft dermaßen brutal vor, dass man sich fragt, warum sie sich überhaupt die Mühe machen, die Flucht zu organisieren und die Flüchtlinge nicht etwa gleich am Strand hinrichten.

Ich bezweifel nicht, dass es auch dort mitfühlende Fluchthelfer gibt. Menschen, die den Lebensbedingungen selber entflohen sind und nun wirklich helfen wollen. Die schmuggeln aber bestimmt keine 500 Flüchtlinge auf einem kleinen Schrottkahn über das Mittelmeer. Das sind einfach geldgeile Arschlöcher. Die braucht man nicht mit den Fluchthelfern zu DDR-Zeiten auf eine Stufe stellen.

Also grundsätzlich finde ich die Aktion gut. Auch wenn ich es nicht so schön finde, dass das Gedenken an die Maueropfer damit gestört wurde. Aber die schönste Gedenkfeier und Aufarbeitung der Geschichte ist sinnlos, wenn keine Parallelen zur aktuellen Situation gezogen werden. Was soll man aus der Geschichte lernen, wenn man das Heute nicht betrachtet? Von daher ist die Aktion klasse. Aber der Vergleich zwischen den DDR-Fluchthelfern und den Menschenhändlern finde ich absolut falsch.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Über den wahren Hintergrund kann man nur spekulieren und ich bezweifle, dass sich jemand tatsächlich solche Mühen macht. Ich finde so etwas einfach nur geschmacklos. Man gedenkt nicht irgendwelcher Opfer, indem man anderen die Kreuze stiehlt.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Gio am 23.11.2014, 18:42, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Juri1877 hat geschrieben:Man gedenkt nicht irgendwelcher Opfer, indem man anderen die Kreuze stiehlt.

Das sehe ich wie du aber es ist den Initiatoren der Aktion nicht darum gegangen, den Opfern an der EU Außengrenzen zu gedenken, sondern an den Missstand zu erinnern, dass Berlin sich hier auf der einen Seite für ein Gedenken an jene Tote einsetzt, die versucht haben, in den "goldenen Westen" zu fliehen und auf der anderen Seite die Grenzen der EU so hoch ziehen, dass eben hier Menschen sterben müssen.

Wenn die Aktion, Kreuze zu stehlen als "geschmacklos" bezeichnet wird, kann die Aktion der Maueropfer zu gedenken nicht anders als "verlogen" genannt werden. Und dieser Widerspruch bzw. dieses unterschiedliche Verhalten sollte letztlich thematisiert werden.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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