Hat der Westen Russland vernachlässigt?

Beim Besuch des ehemaligen Kremls-Chefs Gorbatschow zu den Feierlichkeiten des Mauerfalls vor 25 Jahren äußerte sich „Gorbi“ erstaunlich kritisch. Er forderte einen Neuanfang der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland und forderte den Westen auf, seine Einstellung gegenüber Putin zu ändern.

Dies ist wirklich erstaunlich, weil ausgerechnet Putin Gorbatschow für den Niedergang der Sowjetunion verantwortlich macht. Die Mehrheit der Russen sieht das genauso. Dass er einst angetreten war, um das marode System Sowjetunion zu reformieren und einen Kollaps des Landes abzuwenden, wird ihm heute in seinem Land übelgenommen. Schließlich beendete ein Putsch seine politische Laufbahn.

Umso erstaunlicher ist es nun, dass er ausgerechnet bei den Feierlichkeiten zum Mauerfall mit seiner Parteinahme für Putin und der Kritik am Westen so etwas wie eine Kehrtwende vollzieht. Damit hatte wohl niemand gerechnet.

Welche Motive könnte Gorbi haben, um bei diesem feierlichen Anlass, der ihm einst die höchste Anerkennung der Deutschen und des Westens erbrachte, für Putin und seine Politik derart Partei zu ergreifen?

Auch Putin hat seine Gründe. Die Lage vieler Russen gerade in den ehemaligen Sowjetrepubliken ist nicht gerade rosig und im Osten der Ukraine liegen lebenswichtige Teile der russischen Rüstungsindustrie. In Syrien gibt es nun mit dem sogenannten Islamischen Staat einen Gegenpol zu Assad, der auch viel Unterstützung aus dem Kaukasus erhält und China spielt einen immer größere Rolle auch für Russland. Die Abspaltung des Kosovo oder der letzte Golfkrieg haben Russland auch nicht gerade glücklich gemacht.

Allerdings will auch ich nicht Putin verteidigen, aber es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass es hier eine einfache Lösung gibt, die alle Seiten richtig zufriedenstellt.