Unfair in Uni den einfachsten Weg zu beschreiten?
In diesem Thread Moralisch verwerflich ''einfaches Abitur'' zu wählen? habe ich bereits beschrieben, dass mein Freund über Facebook vor kurzem wieder etwas über einen alten Bekannten erfahren hat, mit dem er früher zur Schule gegangen ist. Mein Freund fand es moralisch sehr verwerflich, dass der Bekannte ein Gymnasium gewählt hat, dem man nachsagte, dass dort einfach gute Note zu schaffen sind. Deswegen sind dort viele Schüler hingewechselt, die an ihrem alten Gymnasium schlechte Noten hatten und keine Aussicht auf ein gutes Abitur hatten.
Zum Leidwesen meines Freundes setzte sich dieses Verhalten des Bekannten aber auch im späteren Leben fort, nämlich an der Universität. Der Bekannte hatte das gleiche studiert, wie mein Freund und mein Freund ist grundsätzlich der Meinung, dass das Examen auf diesem Bereich in NRW ein deutlich höheres Niveau hat, als in anderen Bundesländern. Das zeigt sich auch dadurch, dass die Noten anderer Studenten aus anderen Bundesländern angepasst werden, wenn diese nach NRW kommen. Jemand der im Bundesland X eine gute Examsnote hatte, wird in NRW nach der Anpassung wahrscheinlich eine weniger gute Note haben. Nun hat der Bekannte sich dazu entschieden in NRW zu studieren, sein Examen jedoch in einem anderen Bundesland zu machen.
Mein Freund war davon auch total entgeistert und meinte, dass er damit dann sicherlich auch angeben würde, obwohl er es gar nicht erreicht hat. Eine gute Examsnote in einem anderen Bundesland würde nichts gutes aussagen, aber viele Leute würden das machen, weil sie die gute Note brauchen. Umgekehrt muss ich leider auch sagen, dass es bei mir an der Universität ähnlich ist. Meine Universität A gilt als sehr schwer und die Nachbarsuniversität B (Eliteuniversität in Bereich Geisteswissenschaften) hat auf Naturwissenschaftlicher Eben weniger zu Bieten. Ein großer wissenschaftlicher Bereich der an meiner Universität gelehrt und vertreten wird, fehlt an der anderen Universität ganz. Zufällig handelt es sich dabei um einen Bereich, der sehr schwer ist und in dem viele Studenten sich schwer tun, gute Noten zu erlangen.
Man sagt bei uns daher immer, wenn du durchfällst dann geh nach B, dort schaffst du eine 1. Das stimmt tatsächlich auch, das Niveau unterscheidet sich einfach sehr. Mein Freund findet es dann auch moralisch sehr verwerflich, wenn jemand von A nach B geht und später eine bessere Note hat, als die Studenten aus A. Das bedeutet später, dass man vor seinem Arbeitgeber sitzt und dieser schaut sich die Noten an und sieht, B hat eine bessere Note als A. Man würde dann sicherlich B wählen, denn das Bewerbungsgespräch wird von irgendeinem BWLer geführt, der keine Ahnung davon hat, was sich auf den Universitäten A und B abspielt. A hat also trotz größerer Anstrengungen keinen Arbeitsplatz bekommen, B aber schon.
Ich selbst muss sagen, dass ich das moralisch gar nicht so verwerflich finde und es eigentlich auch in Ordnung ist, wenn jemand einen einfacheren Weg geht. Der Grund ist ganz einfach: jemand der an der Universität gute Noten hat, der muss nicht automatisch deswegen auch im Berufsleben gut sein. Universitäten sind auf wissenschaftliches Arbeiten ausgerichtet. Auf dieser Eben werden zweifelsohne alle Studenten der Universität A den Studenten aus B überlegen sein. Aber ist das im Arbeitsleben wichtig? Wohl kaum! Angenommen es wird der Student B genommen und A nicht, und B ist erfolgreich, wird nicht gefeuert und behält seine Stelle, dann heißt das im Umkehrschluss eigentlich nur, dass A überqualifiziert ist. A hat mehr gemacht, als er eigentlich tun müsste und ist wissenschaftlich begabt und qualifiziert, kann aber im Arbeitsleben vielleicht nicht unbedingt mehr leisten, als B.
Ich muss zugeben das ich mich manchmal auch über die Studenten aus B aufrege, aber ich denke, dass es nicht unbedingt heißen muss, dass diese schlechter sind. Unsere Universität hat einfach andere Schwerpunkte. In bestimmten Bereichen sind unsere Ansprüche höher und die Noten deswegen schlechter, aber die Ansprüche überschreiten womöglich oft das, was im Arbeitsleben verlangt wird. Deswegen ist es für jemanden der nicht in der Wissenschaft bleiben möchte, sondern in die Industrie will doch gut, wenn er an die Universität B geht. Dort bekommt er gute Noten, hat gute Chancen auf einen Arbeitsplatz und alles ist super. Möchte man dann aber in der Wissenschaft bleiben, werden die Arbeitgeber dort wahrscheinlich wissen, dass Leute aus A besser geeignet sind und dann lieber welche von A nehmen.
Wie ist das bei euch, denkt ihr, dass es immer verwerflich sein muss, wenn jemand sich für einen einfacheren Weg im Berufsleben entscheidet? Findet ihr das dann immer direkt gemein, weil der Arbeitgeber schließlich später oft nicht weiß, was A und B jeweils leisten mussten und sich deswegen natürlich für den mit der besseren Note entscheidet? Oder denkt ihr es ist im Grunde auch ganz gut für Leute, die sich etwa wissenschaftlich nicht so sehr spezialisieren wollen. Abgesehen davon sagt auch eine Examsnote nicht unbedingt viel über die Qualifikationen aus, weswegen ich es auch in Ordnung finde, wenn jemand sich woanders eine bessere Note abholt.
Irgendwann in seinem Leben wird jeder einmal lernen, dass sich im echten Leben kein Mensch für Noten oder für den Ruf einer Hochschule interessiert. Im schlimmsten Fall kann das vielleicht mal einen Unterschied kurz nach dem Abschluss machen, wenn sich zwei sonst gleich gute Bewerber auf einen Job bewerben. Spätestens beim zweiten Job nach dem Abschluss schaut aber kaum ein Personalverantwortlicher mehr auf solche Kriterien. Zum großen Teil zählt der persönliche Eindruck und die praktische Erfahrung. Für einen Studenten bedeutet letzteres natürlich, dass er fachlich relevante Praktika nachweisen kann.
Außerdem ist es nicht so, dass man schwer und gut gleich setzen kann. Oftmals sind hohe Durchfallquoten auch einfach nur auf eine schlechte Lehre zurück zu führen. Wenn man ein schweres Thema anschaulicher und verständlicher herüber bringt, dann wird eine gleich schwere Klausur zu besseren Noten führen. Gerade an "Elite-Unis" haben Professoren oftmals kein Interesse an der Lehre, sondern nur an der Forschung.
Die Studenten müssen sich dann im Prinzip alles selbst erarbeiten. Eigenverantwortung ist natürlich wichtig für angehende Akademiker, aber wenn man es übertreibt, könnte man die Lehre gleich ganz weglassen. Und das ist wohl sogar schon Realität in einigen Lehrstühlen. Eine gute Lehre zeichnet sich also nicht durch eine hohe Durchfallquote, sondern durch eine gute Balance zwischen der Stoffvermittlung und der Förderung von Eigenverantwortung aus.
In dieser Hinsicht halte ich es nicht für moralisch verwerflich, wenn sich ein Student für die "leichtere" Uni entscheidet, wenn er der Ansicht ist, dass er an dieser im Endeffekt mehr lernt und deshalb besser auf den Beruf vorbereitet wird.
Ähnliche Themen
Weitere interessante Themen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung 1080mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Triops · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Palmen Pflanzen - brauche Tipp / Empfehlung
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern? 1134mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: ZappHamZ · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Garten & Pflanzen
- Gartenbambus im Treppenhaus überwintern?
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel! 1511mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Wifey · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Intimrasur - Bekomme immer Pickel!
- Anleitung für Star Frisur 1135mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: Osterhasi · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Anleitung für Star Frisur
- Ist Sprühwachs für die Haare schädlich? 2320mal aufgerufen · 1 Antworten · Autor: winny2311 · Letzter Beitrag von Verbena
Forum: Fingernägel, Haut & Haare
- Ist Sprühwachs für die Haare schädlich?