Der Abstieg vom Geisteswissenschaftler zur Büroangestellten
Ich habe neulich eine Bekannte getroffen, die Soziologie studiert hatte. Sie hat ihr Studium vor 5 Jahren beendet und nie einen Job gefunden. Nach 1,5 Jahren sinnlosen Bewerbungs-Schreiben habe sie sich dann entschlossen, eine Ausbildung zu machen und so schult sie momentan zur Bürokauffrau um.
Sie beschrieb das als Abstieg und das ist es auch irgendwie, denn sie ist Akademiker und muss sich dann mit Leuten gleichsetzen lassen, die vielleicht nur einen Hauptschulabschluss haben. Sie tat mir sehr leid, dass sie da keine richtige Stelle als Soziologe gefunden hat. Wobei ich sagen muss, dass ich ähnliche Geschichten auch von anderen Soziologen oder Germanisten gehört habe – die finden keinen Job.
Aber wo will ein Soziologe auch arbeiten? Mir würde kein Lebensbereich einfallen, in dem man nun unbedingt Soziologen braucht. Es gibt zwar Jobmöglichkeiten, wie etwa bei Meinungsforschungsinstituten, an der Uni selbst oder auch bei manchen Behörden, aber so wahnsinnig viele Meinungsforschungsinstitute gibt es ja nicht und die Stellen an der Uni sind rar.
Eigentlich finde ich das Fach Soziologie gar nicht so schlecht. Ich hatte mir da auch mal ein paar Vorlesungen angehört und es war interessant, auch wenn nicht gerade für den praktischen Alltag verwendbar. Aber die meisten Studienfächer sind ja eher theoretisch und nicht gleich praktisch anwendbar.
Rückblickend betrachtet wäre es wohl besser, wenn sie etwas anderes studiert hätte, aber das weiß man ja als junger Mensch, der gerade Abi gemacht hat, nicht. Ich habe früher auch gedacht, dass alle Akademiker einen Job haben und gut verdienen und dann merkt man erst, wenn es zu spät ist, dass das nicht auf jeden zutrifft. Aber das können die Betroffenen dann nicht mehr ändern. Eigentlich sollte man die Studenten gleich zu Beginn darauf hinweisen, dass es später mit der Jobsuche schwer wird, damit die eine Chance haben, das Fach rechtzeitig zu wechseln. Es ist doch schade, wenn man studiert hat, dann keinen Job erhält und dann eine Ausbildung machen muss.
Empfindet ihr es auch als Abstieg, wenn ein Akademiker eine Ausbildung machen muss, weil er keinen Job bekommt? Oder hat sie dann Pech gehabt, wenn sie sich für das falsche Fach entschieden hat?
Egal ob eine Ausbildung oder ein Studium angestrebt wird. Man sollte sich immer vorher damit befassen, wie danach die beruflichen Möglichkeiten sind. Wobei ich nun Bürokauffrau auch nicht als berufliche Zukunft ansehe. Denn der Bereich ist auch schon seit Jahren überlaufen. Da kann man glatt auf den Gedanken kommen, dass deine Bekannte ein wenig an der Realität auf dem Arbeitsmarkt vorbei lebt.
Aber da sie ja ein abgeschlossenes Studium als Soziologin hat, wäre es doch durchaus sinnvoll gewesen, wenn sie mit einer zweiten Ausbildung oder eben Umschulung versucht beide Abschlüsse zu verbinden. Immerhin kann man mit dem Abschluss doch in verschiedene Richtungen gehen, wo auch die Bedarf einfach vorhanden ist.
Es ist ja nun bekannt, dass man als Soziologe kaum Chancen hat später mal in dem Bereich einen Job zu bekommen. Ich finde es nun nicht grundsätzlich schlimm, wenn man etwas hauptsächlich aus Interesse studiert und nicht wegen der Karrierechancen, aber man muss schon ein bisschen realistisch sein.
Wenn ich von vorne herein weiß, dass ich auch mit einem sehr guten Abschluss kaum Berufschancen haben werde, kann ich doch nicht enttäuscht sein, wenn genau dieser Fall dann auch eintritt. Eigentlich muss man sich doch in solchen Fällen schon während des Studiums überlegen, was man später mal machen kann mit dem Abschluss und ob man sich vielleicht parallel noch auf irgendwas anderes spezialisieren kann um bessere Chancen zu haben. Soziologie ist doch eigentlich auch eines der Fächer, die gerne kombiniert werden. Eine Bekannte hat das zum Beispiel zusammen mit Wirtschaftswissenschaften studiert.
Ich würde ihre Situation nun nicht als Abstieg bezeichnen, da ich nicht in solchen Kategorien denke und nicht finde, dass eine Büroangestellte oder ein Handwerker irgendwie weniger wert sind als ich, nur weil ich ein abgeschlossenes Studium habe. Ich denke aber schon, dass sie schlecht geplant hat und naiv an die Sacher heran gegangen ist.
Zunächst finde ich es ganz schön hart davon, wenn du hier schreibst, dass es eine Zeit von 18 Monaten gab, ich welcher die Bekannte "sinnlose" Bewerbungen geschrieben hat. Wenn das ernst gemeint sein sollte, hätte die Bekannte sich das sparen können und die Zeit besser darin investiert, wenigstens eine sinnvolle Bewerbung zu schreiben. Wenn tatsächlich nach 1,5 Jahre praktisch gar nichts raus springt, sollte sie sich aber tatsächlich fragen, ob nicht an der Art und Weise der Bewerbung oder den eigenen Forderungen/Vorstellungen nicht doch was faul ist.
Wäre letztlich die Situation so, dass Soziologen nicht gebraucht werden würden, wären die Hörsäle wohl leerer und das Studienfach würde auch früher oder später nicht mehr angeboten werden. Richtig ist aber, dass es mit solchen Fächern nicht wirklich einfach ist, weil u.U. in den Stellenbeschreibungen nicht explizit von Soziologen gesprochen wird, die gesucht werden. Hier muss die Bekannte geistige Flexibilität zeigen - aber auch eine Vorstellung von dem, was sie machen will! Einfach zu sagen, einen Job als Soziologen zu wollen, reicht hier nicht wirklich aus. Da hätten es Ingenieurwissenschaftler leichter. Aber schon Betriebswirte oder Volkswirte, Mathematiker oder auch Physiker sind gezwungen, sich ihren Platz zu suchen!
Wenn deine Bekannte eher direkt mit Menschen zu tun haben will und beratend arbeiten möchte, sucht sie ja anders, als wenn sie lieber in der Verwaltung oder Forschung ihre Fähigkeiten einsetzen will. Und in beiden Fällen wird in der Stellenbeschreibung nicht stehen, dass eine Soziologin gesucht wird. Jedenfalls nicht ausschließlich.
Was dann die Ausbildung angeht, ist das sicher so ein "letzter Versuch", wobei - ich sehe das nicht als Abstieg - sie sich hier vermutlich schlecht hat beraten lassen. Schön aber, in dem "Alter" noch eine Lehrstelle finden zu können. Wirklich gute Voraussetzungen sind das jedenfalls nicht (Abitur, abgeschlossenes Studium). Jeder Arbeitgeber wird sich wohl denken können, dass die Bewerberin hier bei der ersten Gelegenheit was "besseres" zu finden, weg sein dürfte.
Es ist weder "Abstieg" noch "Pech", was deiner Bekannten widerfährt. Viel mehr scheinen mir andere Dinge schief gelaufen zu sein. Allein die Frage, was Kommilitonen und Kommilitoninnen von ihr aus ihrer Ausbildung gemacht haben, sollte zum Nachdenken anregen.
Ich stimme derpunkt zu, bei vielen Studienfächern ist es so, dass sie dann mehr oder weniger "verschwinden" und man nicht so wirklich merkt, wo derartige Abschlüsse überhaupt benötigt werden. Ich werde später einmal ein ähnliches Problem haben wie die oben genannte Soziologin. Ich bin zwar Naturwissenschaftlerin aber bei uns in der "Zunft" ist das auch so, dass eher selten nach derartigen Berufsgruppen gefragt wird und man bei Berufseinstieg auch durchaus mal eine andere Berufsbezeichnung bekommt, nicht wie beispielsweise Ingenieure oder sowas. Da muss man nun mal geistige Flexibilität zeigen und sich anpassen und ich frage jetzt schon herum und knüpfe mein Netzwerk, um so später einen leichteren Berufseinstieg zu haben.
Ich habe auch schon festgestellt, dass es in vielen Studiengängen auch solche Veranstaltungen gibt wie "Berufsfeld für XY" oder sowas. Ich weiß, dass diverse naturwissenschaftliche Studiengänge derartige Veranstaltungen anbieten aber auch Historiker beispielsweise. In der Regel tauchen dann ehemalige Absolventen auf und erzählen ihre berufliche Laufbahn und da können mitunter auch sehr unterschiedliche und überraschende Laufbahnen dabei sein. Ich habe auch schon Arbeitgeber getroffen, die meinesgleichen beschäftigen, bei denen ich das ehrlich gesagt nie vermutet hätte. Ich gehe mal ganz stark davon aus, dass es derartige Veranstaltungen auch für Soziologen gibt, sodass ich da mal nachgehakt hätte. Man kann ja durchaus mal nach einer solchen Veranstaltung mal einen Redner ansprechen, sodass man berufliche Kontakte knüpfen kann.
Ansonsten hätte ich an ihrer Stelle mal die Bewerbung von einem Experten durchsehen lassen. Es kann ja sein, dass man ganz simple Fehler macht, die dann abschreckend auf den potentiellen Chef wirken, ohne dass man es selbst so wirklich merkt. Für mich persönlich ist eine Ausbildung nach einem Studium kein sozialer "Abstieg", ich finde dass wir Menschen alle gleich sind unabhängig von Hautfarbe, Religion, Kultur oder Ausbildung bzw. Berufsqualifizierung und ich bin echt traurig, wenn manche Menschen wirklich denken, dass sie etwas besseres sind nur weil sie studiert haben.
Zunächst finde ich es ganz schön hart davon, wenn du hier schreibst, dass es eine Zeit von 18 Monaten gab, ich welcher die Bekannte "sinnlose" Bewerbungen geschrieben hat. Wenn das ernst gemeint sein sollte, hätte die Bekannte sich das sparen können und die Zeit besser darin investiert, wenigstens eine sinnvolle Bewerbung zu schreiben.
Wie meinst du das? Mit sinnlosen Bewerbungen wollte ich ausdrücken, dass die Bewerbungen nichts gebracht haben und dass sie daraufhin keine Stelle bekam. Aber das weiß man ja vorher nicht, ob eine Bewerbung Erfolg haben wird oder nicht, das erfährt man ja erst hinterher.
Wäre letztlich die Situation so, dass Soziologen nicht gebraucht werden würden, wären die Hörsäle wohl leerer und das Studienfach würde auch früher oder später nicht mehr angeboten werden.
Vielleicht wäre es auch besser so, aber ich glaube, die Unis gehen nicht danach, welche Fächer wirklich benötigt werden, sondern haben eben ihre traditionelle Fächerkomposition und viele Abiturienten kennen die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht und studieren etwas, was ihnen interessant erscheint,ohne die Jobchancen zu bedenken. Woher soll man denn als junger Mensch auch wissen, welches Studium sich lohnt und welches nicht?
Hier muss die Bekannte geistige Flexibilität zeigen. Wenn deine Bekannte eher direkt mit Menschen zu tun haben will und beratend arbeiten möchte, sucht sie ja anders, als wenn sie lieber in der Verwaltung oder Forschung ihre Fähigkeiten einsetzen will.
Geistige Flexibilität – was meinst du damit? Sie hat sich auf alle möglichen Stellen beworben, die halbwegs zu ihrem Studium gepasst haben und nicht nur in einem spezifischen Bereich. Sie hat sich da nicht eingeschränkt und alles, was passen könnte, in Erwägung gezogen. So habe ich das nach meinem Studium auch gemacht, nur dass ich eben Glück hatte und sie hat ein blödes Fach studiert, bei dem es nichts wird.
Was dann die Ausbildung angeht, ist das sicher so ein "letzter Versuch", wobei - ich sehe das nicht als Abstieg - sie sich hier vermutlich schlecht hat beraten lassen. Schön aber, in dem "Alter" noch eine Lehrstelle finden zu können. Wirklich gute Voraussetzungen sind das jedenfalls nicht (Abitur, abgeschlossenes Studium). Jeder Arbeitgeber wird sich wohl denken können, dass die Bewerberin hier bei der ersten Gelegenheit was "besseres" zu finden, weg sein dürfte.
Das ist eine Umschulung, die vom Arbeitsamt bezahlt wird. Sie lebt ja nun von Alg II und das Arbeitsamt oder Jobcenter oder was auch immer bezahlt diese Umschulung, die sie mit vielen anderen in ähnlichen Situationen macht. Ich denke mal, dass die Lehrstellen da irgendwie auch vom Arbeitsamt akquiriert werden und man die sich bei so einer Umschulung nicht selbst suchen muss.
Allein die Frage, was Kommilitonen und Kommilitoninnen von ihr aus ihrer Ausbildung gemacht haben, sollte zum Nachdenken anregen.
Ich glaube, bei den anderen sieht es nicht viel besser aus. Ich kenne noch einen Soziologen, der hat erst eine Weile nichts gemacht, dann hat er in der Firma seines Freundes mitgearbeitet und was er jetzt macht, weiß ich nicht. Aber sie meinte auch zu mir, dass es vielen nicht besonders gut geht nach dem Studium. Ich finde echt, das sollte man den Studenten vorher sagen, damit sie sich noch umentscheiden können.
Ansonsten hätte ich an ihrer Stelle mal die Bewerbung von einem Experten durchsehen lassen. Es kann ja sein, dass man ganz simple Fehler macht, die dann abschreckend auf den potentiellen Chef wirken, ohne dass man es selbst so wirklich merkt.
Hat sie, das Arbeitsamt hat sie zwangsweise in so ein Bewerbungstraining gesteckt, bei dem man ihr aber nur gesagt hatte, dass man an ihren Bewerbungsunterlagen gar nichts verbessern kann und dass es an denen nicht liegen kann. Da kommt man gar nicht drum herum, wenn man sich nach einer Ausbildung arbeitslos meldet, man landet immer im Bewerbungstraining.
Berufsqualifizierung und ich bin echt traurig, wenn manche Menschen wirklich denken, dass sie etwas besseres sind nur weil sie studiert haben.
Na ja, ein Studium ist anspruchsvoller als eine Ausbildung, dauert länger, setzt Abitur voraus, die Fähigkeit zur Selbstorganisation und ist für mich dahingehend schon etwas Besseres als eine Ausbildung. Das soll nicht heißen, dass Menschen ohne Studium weniger wert wären, aber rein von der Qualifikation gesehen ist es etwas Besseres und ich finde es schade, wenn dann ein Akademiker zusammen mit Leuten eine Umschulung macht, die vielleicht nur auf der Hauptschule waren. Das ist für mich schon ein sozialer Abstieg.
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